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BGH - Entscheidung vom 04.05.2011

AnwZ (B) 12/10

Normen:
BRAO a.F. § 40 Abs. 3 S. 1
BRAO a.F. § 42 Abs. 6 S. 1

BGH, Beschluss vom 04.05.2011 - Aktenzeichen AnwZ (B) 12/10

DRsp Nr. 2011/9687

Ablehnungsgesuch der Richter i.R.e. Verfahrens um die Aufhebung des Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Es rechtfertigt keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter, wenn über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der erst eine Woche vor dem Termin beim Gericht eingegangen ist, nicht mehr vor der mündlichen Verhandlung entschieden wurde. Das gleiche gilt für den Umstand, dass die Öffentlichkeit der Verhandlung im Vorfeld des Termins nicht zugesichert werden konnte.

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers zu 10 gegen die Richterinnen Lohmann und Dr. Fetzer, den Rechtsanwalt Dr. Frey und die Rechtsanwältin Dr. Hauger wird für unbegründet erklärt.

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Ernemann wird als unzulässig verworfen.

Normenkette:

BRAO a.F. § 40 Abs. 3 S. 1; BRAO a.F. § 42 Abs. 6 S. 1;

Gründe

I.

Der Antragsteller zu 10 hat erstmals mit am 14. November 2010 eingegangenem Schriftsatz vom 10. November 2010 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Nebenintervention in dem Zulassungsverfahren des Antragstellers zu 1 beantragt. Diesen Antrag hat der Senat in dem schon zuvor auf den 22. November 2010 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgewiesen. Mit per Fax versehentlich an das Bundesverfassungsgericht übermitteltem Schriftsatz vom 19. November 2010, der, vom Bundesverfassungsgericht weitergeleitet, am 1. Dezember 2010 beim Bundesgerichtshof eingegangen ist, hat der Antragsteller zu 10 "die Senatsmitglieder" wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er beanstandet, dass sein Antrag nicht vor dem Termin beschieden wurde; es sei unvertretbar und unzumutbar, dass erst unmittelbar vor dem Termin bekannt gegeben werde, ob die Verhandlung öffentlich sei und ob die Nebenintervention zugelassen werde.

II.

Dem Ablehnungsgesuch bleibt der Erfolg versagt. Soweit es sich gegen die Richterinnen Lohmann und Dr. Fetzer, den Rechtsanwalt Dr. Frey und die Rechtsanwältin Dr. Hauger richtet, ist es - jedenfalls - unbegründet, da ein Ablehnungsgrund nicht gegeben ist. Im Übrigen ist es unzulässig.

1.

Nach der hier entsprechend anwendbaren (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 1966 - AnwZ (B) 3/66, BGHZ 46, 195, 198) Vorschrift des § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht der den Richter ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an dessen Unvoreingenommenheit und objektiver Einstellung zu zweifeln (st. Rspr. BGH, Urteil vom 18. April 1980 - RiZ (R) 1/80, BGHZ 77, 70, 72; Beschluss vom 2. Oktober 2003 - V ZB 22/03, BGHZ 156, 269 ).

Nach diesen Maßstäben liegt ein Ablehnungsgrund gegen die beteiligten Senatsmitglieder nicht vor.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Nebenintervention ist erst eine Woche vor dem Termin beim Bundesgerichtshof eingegangen. Im Hinblick auf die zur Vorbereitung der Entscheidung und Beratung erforderliche Zeit rechtfertigt es aus Sicht einer vernünftigen Partei daher keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Richter, dass hierüber nicht mehr vor der mündlichen Verhandlung entschieden wurde.

Dass die Öffentlichkeit der Verhandlung im Vorfeld des Termins nicht zugesichert werden konnte, rechtfertigt ebenfalls keine Ablehnung der Richter. Dies ist Folge der zu dieser Zeit maßgeblichen gesetzlichen Regelung über die Öffentlichkeit in Zulassungssachen nach der Bundesrechtsanwaltsordnung . Nach der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 42 Abs. 6 Satz 1 BRAO a.F. i.V.m. § 40 Abs. 3 Satz 1 BRAO a.F. war die mündliche Verhandlung grundsätzlich nicht öffentlich; die Herstellung der Öffentlichkeit kam hier nur aufgrund eines entsprechenden Antrags des betroffenen Rechtsanwalts in Betracht. Die Entscheidung hierüber konnte erst nach Aufruf der Sache getroffen werden, weil der Antragsteller zu 1 erst im Verhandlungstermin einen für ihn verbindlichen Antrag auf Herstellung der Öffentlichkeit stellen konnte.

Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. März 2011 ferner geltend macht, das Verfahren zur Wahl der Bundesrichter sei verfassungswidrig, ist damit ein in persönlichen Beziehungen der abgelehnten Richter zu den Parteien oder zur Streitsache liegender Ablehnungsgrund nicht aufgezeigt; mit dieser Begründung hat das Ablehnungsgesuch daher ebenfalls keinen Erfolg (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2008 - AnwZ (B) 102/05, [...] Rn. 4).

2.

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter Dr. Ernemann ist unzulässig. Nach gesicherter Rechtsauffassung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis zur Ablehnung eines Richters, wenn dieser mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befasst werden kann (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2003 - IX ZR 137/00, WM 2003, 847 ). Dies ist hier der Fall, weil der Vorsitzende Richter Dr. Ernemann mit Wirkung zum 2. Februar 2011 endgültig aus dem Senat für Anwaltssachen ausgeschieden ist.

Vorinstanz: AnwGH Nordrhein-Westfalen, vom 26.10.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 1 AGH 12/08