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BGH - Entscheidung vom 23.02.2011

5 StR 23/11

Normen:
StPO § 265 Abs. 1
StPO § 354 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 23.02.2011 - Aktenzeichen 5 StR 23/11

DRsp Nr. 2011/4982

Abänderung eines Urteils aufgrund der fälschlichen Annahme des Nichtvorliegens einer Tateinheit zwischen einer räuberischen Erpressung und einer Körperverletzung

In engem räumlichen und örtlichen Zusammenhang stehende Handlungen, die der Vollendung des Erpressungstatbestandes - Herausgabe des Lösegeldes - dienen, sind regelmäßig als eine Tat im Rechtssinne zu bewerten.

1. Auf die Revisionen der Angeklagten P. und K. wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 13. August 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO

a) dahingehend abgeändert, dass die Angeklagten der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig sind und

b) in den Strafaussprüchen aufgehoben.

2. Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten und diejenigen der Angeklagten Kr. und D. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Angeklagten Kr. und D. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung (1b) zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StPO § 265 Abs. 1 ; StPO § 354 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten P. - unter Teilfreispruch im Übrigen - wegen versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat gegen dessen Mittäterin, die Angeklagte K. , wegen des identischen Schuldspruchs und zusätzlich wegen einer weiteren versuchten räuberischen Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Die Angeklagten Kr. und D. hat es jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten, bzw. zu einer solchen von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafen zur Bewährung ausgesetzt. Die Rechtsmittel der Angeklagten P. und K. erzielen in den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie, wie auch die Rechtsmittel der übrigen Angeklagten, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1.

Das Landgericht hat sich fehlerfrei davon überzeugt, dass die Angeklagten P. und K. sowie der Nebenkläger den Zeugen De. entführt und eine Woche festgehalten hatten. Dem Zeugen war aufgegeben worden, 175.000 € dem Nebenkläger zu bringen. Der Zeuge erfüllte diese Forderung nicht. Die Angeklagten begehrten vom Nebenkläger mit den abgeurteilten Erpressungshandlungen die Übergabe des Lösegeldes an sie.

a)

Hierzu passten die Angeklagten P. und K. am 9. Oktober 2009 den Nebenkläger am Eingang von dessen Haus ab und verlangten drohend und unter Einsatz einer Pistole und eines Schmerz zufügend betätigten Elektroschockers die 175.000 €. Sie setzten ihm hierfür eine Frist von zwei Tagen.

b)

Am 12. Oktober 2009 verschafften sich alle vier Angeklagten mittels einer List Zugang zu dem Haus des Nebenklägers und verlangten unter Zufügung von Schlägen, Tritten und einer erheblichen - später operativ zu versorgenden - Ellenbogenluxation erneut und vergeblich das Lösegeld. Eine von den Angeklagten vorgenommene Durchsuchung des Hauses nach Geld blieb ebenfalls erfolglos.

c)

Die Angeklagte K. drohte dem im Krankenhaus befindlichen Nebenkläger am 15. Oktober 2009 mit weiteren Gewalttätigkeiten, um die Herausgabe des Lösegeldes zu erlangen.

2.

Das Landgericht hat bei seiner Subsumtion nicht bedacht, dass die im engen räumlichen und örtlichen Zusammenhang stehenden Handlungen der Vollendung des Erpressungstatbestandes - Herausgabe des Lösegeldes - dienende Teilakte darstellten und dieserhalb eine Tat im Rechtssinne vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368 , 369). Der Senat stellt die Schuldsprüche hinsichtlich der Angeklagten P. und K. entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst um. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen. Die Angeklagten hätten sich nicht anders als geschehen verteidigen können.

3.

Das neu berufene Tatgericht wird hinsichtlich der Angeklagten P. und K. für das nunmehr eine Tat bildende Erpressungsund Verletzungsgeschehen eine jeweils neue einheitliche Strafe festzusetzen haben. Dies kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen geschehen. Dabei wird allerdings der bisher nicht gewürdigte Umstand in Betracht zu ziehen sein, dass dem Vermögensdelikt eine Auseinandersetzung zwischen Verbrechern zugrunde liegt, die der Nebenkläger durch seine Mitwirkung an der Entführungstat im Sinne eines schuldhaften Vorverhaltens selbst mit verursacht hatte (vgl. Fischer, StGB , 58. Aufl., § 46 Rn. 59).

4.

Der Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten P. vom 21. Februar 2011 hat vorgelegen.

Vorinstanz: LG Bremen, vom 13.08.2010