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BGH - Entscheidung vom 01.07.2009

XII ZR 50/09

Normen:
ZPO § 707
ZPO § 712
ZPO § 714
ZPO § 719 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 01.07.2009 - Aktenzeichen XII ZR 50/09

DRsp Nr. 2009/15959

Vollstreckungsschutz im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde

1. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt im Revisionsverfahren nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre. 2. Der Antrag, den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im erstinstanzlichen Urteil dahin abzuändern, dass die Zwangsvollstreckung (hier: hinsichtlich eines Räumungs- und Herausgabeanspruchs) ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird, ersetzt nicht den erforderlichen Antrag gem. §§ 712 , 714 ZPO dahin, dass das Berufungsgericht dem Beklagten auch bei seiner Entscheidung Vollstreckungsschutz gewähren sollte.

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 12. Februar 2009 ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO , einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 707 ; ZPO § 712 ; ZPO § 714 ; ZPO § 719 Abs. 2 ;

Gründe:

I.

Der Beklagte ist durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juni 2008 zur Räumung und Herausgabe u.a. der gewerblich gemieteten Räume nebst Garten mit einer Fläche von insgesamt ca. 1.036 m² in B. verurteilt worden. Das Landgericht hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und dem Beklagten eingeräumt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 EUR abzuwenden, wenn nicht das klagende Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Während des Berufungsverfahrens hat das Kammergericht den Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vorläufig, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung, einzustellen, zurückgewiesen.

Mit vorläufig vollstreckbarem Versäumnisurteil vom 20. November 2008 hat das Kammergericht die gegen den Räumungs- und Herausgabeanspruch gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auf den Einspruch des Beklagten hat es das Versäumnisurteil mit Urteil vom 12. Februar 2009 insoweit aufrechterhalten. Die Bewilligung einer Räumungsfrist hat es im Hinblick auf ein vorliegendes Gewerberaummietverhältnis abgelehnt. Einen erneuten Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vorläufig, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung, einzustellen, hat es als durch die Entscheidung zur Hauptsache überholt behandelt. Das Kammergericht hat sein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und dem Beklagen nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 14.000 EUR abzuwenden, wenn nicht das klagende Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

Nach Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt die Beklagte, die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten und die sich daran ggf. anschließende Revision ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO , einstweilen einzustellen. Zur Begründung trägt er vor, eine Zwangsvollstreckung aus den noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen führe für ihn zu einem nicht zu ersetzenden Nachteil, zumal sie dann ihre Tätigkeit einstellen müsse. Eine Anmietung von Ersatzräumen sei bislang nicht gelungen und komme wirtschaftlich auch nicht in Betracht.

II.

Der Einstellungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.

Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und wenn nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht ( § 719 Abs. 2 ZPO ). Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde gilt dies entsprechend ( § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine solche Einstellung nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 - FamRZ 2003, 598 ).

An diesen Voraussetzungen für die Einstellung der Zwangsvollstreckung fehlt es hier. Der Beklagte hat im Berufungsrechtszug lediglich beantragt, den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird. Diesen Antrag nach den §§ 719 , 707 ZPO hatte das Berufungsgericht zunächst zurückgewiesen. Nach der abschließenden Entscheidung über die Berufung hat es den weiteren Antrag zu Recht als überholt angesehen. Die Anträge nach den §§ 719 , 707 ZPO , die nur den Vollstreckungsschutz für die Dauer des Berufungsverfahrens betreffen und nicht über den Erlass des Berufungsurteils hinaus wirken, ersetzen jedoch nicht den erforderlichen Antrag nach §§ 712 , 714 ZPO dahin, dass das Berufungsgericht dem Beklagten auch bei seiner Entscheidung Vollstreckungsschutz gewähren sollte (Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 , vom 21. September 2005 - XII ZR 126/05 - Grundeigentum 2005, 1347 , vom 22. April 2004 - XII ZR 16/04 - GuT 2004, 129 f. und vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 - FamRZ 2003, 598 ).

Den Anträgen des Beklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil ist nicht zugleich ein Antrag nach §§ 712 , 714 ZPO zu entnehmen. Das folgt schon aus dem Wortlaut und der Begründung der Einstellungsanträge vom 26. August 2008 und vom 3. Februar 2009. Denn danach begehrte der Beklagte lediglich die Einstellung der Zwangsvollstreckung während des Berufungsverfahrens. Bei dem Schutzantrag nach § 712 ZPO handelt es sich um einen Sachantrag, der in der mündlichen Verhandlung gestellt werden muss ( Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2002 - XII ZR 173/02 -FamRZ 2003, 598 ). Der Beklagte hat einen solchen Antrag auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht gestellt.

Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass es ihm im Berufungsrechtszug aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei, einen entsprechenden Schutzantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergangen ist ( § 714 Abs. 1 ZPO ), zu stellen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, 1088 und vom 3. Juli 1991 - XII ZR 262/90 - FamRZ 1991, 1176, 1177) .

Vorinstanz: KG Berlin, vom 12.02.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 131/08
Vorinstanz: LG Berlin, vom 30.06.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 692/07