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BGH - Entscheidung vom 26.05.2009

X ZR 185/04

Normen:
EPÜ Art. 56

Fundstellen:
BGHReport 2009, 1058
GRUR 2009, 929
GRURInt 2009, 1034

BGH, Urteil vom 26.05.2009 - Aktenzeichen X ZR 185/04

DRsp Nr. 2009/15446

Stand der Technik eines mit einer hygroskopischen Substanz beschichteten Schleifkorns; Stand der Technik eines gemäß einer technischen Lehre während eines mehrstufigen Herstellungsprozesses vorübergehend und abschnittsweise in einer bestimmten Beschaffenheit bestehenden Zwischenprodukts; Umformung in einen Zustand mit anderer Beschaffenheit als Hindernis der Zugehörigkeit zum Stand der Technik

Ein Zwischenprodukt, das gemäß einer technischen Lehre während eines mehrstufigen Herstellungsprozesses nur vorübergehend und abschnittsweise in einer bestimmten Beschaffenheit besteht (hier: ein mit einer hygroskopischen Substanz beschichtetes Schleifkorn), gehört als solches zum Stand der Technik, sofern der Herstellungsvorgang nicht derart vonstatten geht, dass das Erzeugnis übergangslos und unabgrenzbar in einen Zustand mit anderer Beschaffenheit umgeformt wird.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Juli 2004 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das europäische Patent 304 616 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es im Umfang der erteilten Patentansprüche 1 bis 4 und 6 bis 10 über folgende Fassung hinausgeht:

4.

Schleifkorn auf Basis von Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, dass es mit einer hygroskopischen Substanz beschichtet ist und die Substanzmenge 0,1 bis 0,5 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt und als hygroskopische Substanz ein Carbonat, Hydrogencarbonat, Sulfat, Nitrat, Phosphat, Fluorid oder Chlorid der Metalle der 1., 2. oder 3. Hauptgruppe oder der 1. oder 2. Reihe der Übergangsmetalle des Periodensystems eingesetzt wird.

6.

Verwendung eines Schleifkorns auf Basis von Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, dass es mit einer hygroskopischen Substanz beschichtet ist, wobei die Substanzmenge 0,03 bis 5,0 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt, in durch elektrostatische Beschichtung hergestellten Schleifmitteln auf Unterlagen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

EPÜ Art. 56;

Tatbestand:

Die Beklagte war Inhaberin des während des Berufungsverfahrens infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschenen europäischen Patents 304 616 (Streitpatents), das zehn Patentansprüche umfasst, von denen Anspruch 1 in der Verfahrenssprache lautet:

"1.

Schleifkorn auf Basis von Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, dass es mit einer hygroskopischen und/oder einer hydrophilen Substanz oberflächlich behandelt ist, wobei die Substanzmenge 0,001 bis 5,0 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt."

Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Die Klägerin, die aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat Nichtigkeitsklage zunächst im Umfang der erteilten Ansprüche 1 bis 4 und 6 bis 10 erhoben und geltend gemacht, insoweit sei die patentierte Lehre nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne; außerdem sei der Gegenstand dieser Ansprüche weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie hat sich dafür unter anderem auf folgende Schriften berufen:

US-Patentschrift 3 029 160 (E 1) italienische Patentschrift 61 24 01 (E 2) US-Patentschrift 2 301 123 (E 3) US-Patentschrift 2 527 044 (E 4) US-Patentschrift 2 314 340 (E 6) US-Patentschrift 3 770 401 (E 14)

Die Beklagte hat das Streitpatent in folgender Fassung hauptsächlich und hilfsweise dahingehend, dass in Patentanspruch 1 die Worte "oberflächlich behandelt" durch "beschichtet" ersetzt sind, beschränkt verteidigt:

"1.

Schleifkorn auf Basis von Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, dass es mit einer hygroskopischen Substanz oberflächlich behandelt (gemäß Hilfsantrag: beschichtet) ist, wobei die Substanzmenge 0,01 bis 5,0 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt.

2.

Schleifkorn nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Substanzmenge 0,1 bis 0,5 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt.

3.

Schleifkorn nach Patentansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass der spezielle Widerstand des behandelten Schleifkorns, gemessen in Kornschüttungen, kleiner als 3,5 x 10Ohm x cm, vorzugsweise zwischen 0,05 x 10und 2,5 x 10Ohm x cm, beträgt.

4.

Schleifkorn nach Patentansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass als hygroskopische Substanz ein Carbonat, Hydrogencarbonat, Sulfat, Nitrat, Phosphat, Fluorid oder Chlorid der Metalle der 1., 2. oder 3. Hauptgruppe oder der 1. oder 2. Reihe der Übergangsmetalle des Periodensystems eingesetzt wird.

5.

Schleifkorn nach Patentansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass als hygroskopische Substanz Natriumcarbonat, Natriumhydrogencarbonat, Magnesiumchlorid, Kalziumnitrat oder Eisenchlorid eingesetzt wird.

6.

Verwendung des Schleifkorns nach Patentanspruch 1 in durch elektrostatische Beschichtung hergestellten Schleifmitteln auf Unterlagen.

7.

Schleifkorn auf Basis von Aluminiumoxid, dadurch gekennzeichnet, dass es mit einer hygroskopischen und/oder hydrophilen Substanz oberflächlich behandelt ist, wobei die Substanzmenge 0,001 bis 5,0 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt, und dass als hygroskopische Substanz Natriumcarbonat, Natriumhydrogencarbonat, Magnesiumchlorid, Kalziumnitrat oder Eisenchlorid eingesetzt wird."

Die Klägerin hat vor dem Patentgericht zuletzt beantragt, das Streitpatent im Umfang der verteidigten Ansprüche 1 bis 4 und 6 für nichtig zu erklären. Die Beklagte hat insoweit Klageabweisung begehrt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent "im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4 und 6 teilweise für nichtig erklärt".

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verteidigt die Beklagte das Streitpatent beschränkt dahin, dass die Patentansprüche 1 bis 4 und 6 gemäß ihrem erstinstanzlichen Hilfsantrag aufrechterhalten bleiben und hilfsweise dahin, dass die untere Substanzmenge 0,03 Gewichtsprozent beträgt. In diesem Umfang begehrt sie die Abweisung der Nichtigkeitsklage.

Im Auftrag des Senats hat Professor Dr. R. C. , Universität des Saarlandes, Saarbrücken, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:

I.

Soweit das Streitpatent im Umfang der mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen erteilten Ansprüche 1 bis 4 und 6 bis 10 nicht mehr verteidigt wird, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 170, 215 - Carvedilol II).

Soweit das Streitpatent in diesem Rahmen noch verteidigt wird, hat die Berufung zum Teil Erfolg und führt bezüglich des auf Anspruch 2 rückbezogenen Anspruchs 4 in der nunmehr hauptsächlich verteidigten Fassung sowie des Anspruchs 6 nach Maßgabe des jetzigen Hilfsantrags der Beklagten zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (unten IV). Darüber hinaus (Ansprüche 1, 2, 3 und 6 sowie 4 in Rückbezug auf Ansprüche 1 und 3 nach Maßgabe des Haupt- sowie Ansprüche 1, 2 und 3 sowie 4 in Rückbezug auf Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag) ist das Rechtsmittel zurückzuweisen (unten V). Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent insoweit im Ergebnis zu Recht für nichtig erklärt, weil es die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Anspruch 3) bzw. weil es nicht patentfähig ist (Art. 138 Abs. 1 lit. a und b EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 IntPatÜG).

II.

Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents zulässig, weil die Klägerin daraus wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird und deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr., vgl. etwa Sen. Urt. v. 24.4.2007 - X ZR 201/02, GRUR 2008, 90 - Verpackungsmaschine).

III.

Das Streitpatent betrifft in der nunmehr verteidigten Fassung ein beschichtetes Schleifkorn auf Basis von Aluminiumoxid sowie ein daraus hergestelltes, insbesondere auf eine Unterlage aufgebrachtes Schleifmittel.

Bei bekanntem Schleifpapier wird, wie in der Streitpatentschrift ausgeführt ist, Kunstharz oder Leim auf eine (erste) Unterschicht aufgetragen und alsdann werden Schleifkörner entgegen der Schwerkraft auf elektrostatischem Wege aufgerichtet und in diese Leimschicht eingesetzt. Bemängelt wird, dass die Schleifkörner in diesem Beschichtungsverfahren im elektrischen Feld ein schlechtes Spring- und Aufrichtverhalten gezeigt hätten und dass die relative Luftfeuchtigkeit im Verarbeitungsbereich habe angehoben bzw. die Spannung dabei habe stark erhöht werden müssen, was unerwünschte elektrische Entladungen zur Folge haben könne. Gleichwohl nicht zu verhindern sei, dass die Unterlagen meistens nur unregelmäßig mit Schleifkörnern beschichtet würden und hohe Ausschussraten entstünden, da auch innerhalb der Produktionschargen eines Schleifmittels wesentliche Unterschiede im Springverhalten festgestellt worden seien. Überdies müssten der Streitpatentschrift zufolge Einbußen in der Schleifleistung solcher Schleifmittel in Kauf genommen werden, die aus einer ungenügend festen Einbindung der Schleifkörner in der Unterlage resultierten.

Zur Vermeidung dieser Nachteile schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 gemäß der noch verteidigten Fassung (im Folgenden nur: Patentanspruch 1) ein Schleifkorn vor

1.

auf Basis von Aluminiumoxid,

2.

das mit einer hygroskopischen Substanz beschichtet ist,

3.

wobei die Substanzmenge 0,01 (gemäß Hilfsantrag: 0,03) bis 5,0 Gew.%, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt.

IV.

1.

Patentanspruch 4 hat in Rückbezug auf Patentanspruch 2 entgegen der Entscheidung des Bundespatentgerichts Bestand.

a)

Der Gegenstand dieses Anspruchs ist neu (Art. 54 Abs. 1 EPÜ).

aa)

Er ist nicht von der US-Patentschrift 3 029 160 (E 1) vorweggenommen. Diese Schrift offenbart zwar die streitpatentgemäße Beschichtung eines Schleifkorns mit dem Sulfat eines Metalls der 1. Hauptgruppe des Periodensystems (Natrium), jedoch keine Beschichtung mit dieser Substanz in einem Mengenverhältnis zum Korn, das in die von Patentanspruch 2 beanspruchte Spanne fiele, sondern nur bis maximal 0,025 Gewichtsprozent bezogen auf die Menge des Schleifkorns (unten V 1 a).

bb)

In der US-Patentschrift 3 770 401 (E 14) werden zwar Schleifkörner beschrieben, die mit einer hygroskopischen Substanz (Natriumsilikat) in einem Gewichtsverhältnis zum Schleifkorn beschichtet sind, das in die von Anspruch 2 beanspruchte Spanne fallen würde (unten V 2 a). In der Schrift ist jedoch für die Beschichtung kein Carbonat, Hydrogencarbonat, Sulfat, Nitrat, Phosphat, Fluorid oder Chlorid der Metalle der 1., 2. oder 3. Hauptgruppe oder der 1. oder

2.

Reihe der Übergangsmetalle des Periodensystems als hygroskopische Substanz offenbart.

cc)

In der US-Patentschrift 2 314 340 (E 6), die die Verbesserung der Haftfähigkeit von Schleifkörnern auf dem Träger durch deren Beschichtung zum Gegenstand hat, wird mit Magnesiumchlorid als möglichem Bestandteil der Beschichtung zwar eine mit Anspruch 4 beanspruchte hygroskopische Substanz vorgeschlagen (Sp. 4 Z. 60 ff.), jedoch kein Schleifkorn mit einem Anteil dieser Substanz zwischen 0,1 und 0,5 Gewichtsprozent offenbart. Um die Zwecke jener Erfindung zu erreichen, soll nach den Vorgaben der Schrift ein Ton mit Wasser in Gewichtsanteilen gemischt werden, die innerhalb des Bereichs von fünf bis zehn Teilen Ton zu einem bis fünf Teilen Wasser je hundert Teile Schleifkorn einer bestimmten Beschaffenheit ("Sorte 24") variieren (Sp. 4 Z. 24 ff.). Alternativ wird eine hälftige Mischung von Magnesiumchlorid und Ton oder eine solche im Verhältnis von sechzig zu vierzig vorgeschlagen.

Mit dieser Formel werden hygroskopische Anteile an der gesamten Substanzmenge von gut über 2 % und mehr offenbart. Das gilt insbesondere auch dann, wenn als Ton etwa Bentonit verwendet wird und die amerikanische Schrift in diesem Zusammenhang dahin ausgelegt wird, dass die Gewichtsangabe für Ton sich nicht auf dessen Trockensubstanz bezieht, sondern auf die feuchte Masse und der Feuchtigkeitsanteil wegen der anschließenden Trocknung der Mischung herauszurechnen ist. Bentonit weist nach einer von der Klägerin zu den Akten gereichten Produktinformation (Anlage D 18, Bl. 133 der Akten des Bundespatentgerichts) einen Wassergehalt von 50-60 % bezogen auf die Masse an getrocknetem Bentonit auf.

Dass Bentonit - ebenso wie das in der US-Patentschrift 2 314 340 außerdem vorgeschlagene Kaolin - selbst hygroskopisch wäre, wie die Klägerin vorbringt, hat sich nicht erhärten lassen. Der Sachverständige hat dies verneint und in Bezug auf Bentonit überzeugend darauf hingewiesen, dass dessen Eigenschaft, Wasser zu speichern, eher kapillarischen Wirkungen zuzuschreiben ist. Im Übrigen würde sich mit Blick auf den Offenbarungsgehalt der amerikanischen Schrift der Anteil an hygroskopischen Substanzen noch weiter erhöhen und damit noch mehr von der mit Patentanspruch 4 in Rückbezug auf Anspruch 2 beanspruchten Spanne entfernen, wenn auch Bentonit als hygroskopisch zu berücksichtigen wäre.

b)

Das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme gestattet nicht die Wertung, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 4 in Rückbezug auf Anspruch 2 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte (Art. 56 EPÜ).

aa)

Die Entwicklung auf dem Gebiet der Schleifkörnerherstellung wurde zur Prioritätszeit in den Unternehmen der Anbieter geleistet und lag dort in den Händen von Ingenieuren mit Fachhochschulabschluss oder berufserfahrenen Technikern, gegebenenfalls mit Zusatzausbildung, die ihre Aufgabe als technologische Problemstellung auffassten und ohne grundlagenorientierte Forschung und Modellrechnungen, sondern auf empirischem Wege bewältigten und die geschult waren, naturgesetzlich ausgelöste Phänomene in ihrem Betätigungsfeld anzuwenden und zu nutzen, ohne sie erklären zu können.

bb)

Der zur Prioritätszeit mit der Verbesserung des in der Streitpatentschrift beschriebenen unzulänglichen Spring- und Ausrichtverhaltens der Schleifkörner und der Beseitigung der damit einhergehenden Produktionsmängel befasste Fachmann suchte zunächst nach Wegen, die erkannten Defizite bei grundsätzlicher Beibehaltung des elektrostatischen Verfahrens zu beseitigen. Aus Kostengründen und im Interesse einer Minimierung des sonstigen Aufwands sowie zur Vermeidung von Produktionsausfällen bemüht sich der Fachmann prinzipiell zuerst darum, ein bestehendes System zu verbessern, anstatt die gesamte Produktion völlig neu auszurichten.

cc)

Anregungen dafür, das Spring- und Ausrichtverhalten der Schleifkörner durch Beschichtung mit einer hygroskopischen Substanz zu verbessern, fand der Fachmann im Stand der Technik nicht. Die amerikanische Patentschrift 3 029 160 (E 1) schlug zwar vor, die Schleifkörner mit einer getrockneten Ablagerung zu beschichten. Dafür war jedoch ein elektrisch gerade nicht leitfähiges Material (Silizium oder Zirkonium) vorgesehen und die verbesserte Projektierbarkeit der Schleifkörner wurde in dieser Schrift mit dem Aufbringen kolloidaler, am Besten kugelförmiger Partikel auf den Schleifkörnern, die sich bildeten, nachdem das Wasser aus dem Gemisch von Schleifkörnern und angefeuchteter Beschichtungssubstanz entfernt worden war, in Verbindung gebracht (Sp. 6 Z. 60 ff.).

Die vom Streitpatent vorgeschlagene Lösung nutzt demgegenüber, wie der Sachverständige in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat, aus, dass die Leitfähigkeit der Schleifkörner durch einen dünnen Wasserfilm im Oberflächenbereich verbessert werden und dass die Verwendung einer hygroskopischen Substanz als Beschichtungsmaterial hierfür sehr hilfreich sein kann. In dieser Richtung eine Lösung des technischen Problems zu suchen, gab die amerikanische Patentschrift 3 029 160 nicht etwa deshalb einen Hinweis, weil darin die Verwendung von Siliziumsolen mit einem gewissen Anteil an Natriumsulfat vorgeschlagen wird. Denn die Entgegenhaltung lässt nicht erkennen, dass diese Substanz um ihrer Hygroskopizität willen eingesetzt wird. Ihr Vorhandensein versteht der Fachmann als Verunreinigung des Siliziums, dessen Einsatz die technische Lehre der amerikanischen Schrift eigentlich gilt und die er bis zu dem erwähnten Grenzwert toleriert. Das ändert nichts an der - der Lehre des Streitpatents grundsätzlich entgegengesetzten - Ausrichtung auf die Herstellung einer nichtleitenden Kornoberfläche nach Entfernung des nur für deren Herstellung vorübergehend benötigten Wassers.

dd)

Ob ein nicht nur in der Anwendung, sondern auch in der Grundlagenforschung bewanderter und zur Herleitung und Erklärung der hier nutzbar gemachten naturgesetzlichen Phänomene befähigter Fachmann hätte erkennen können, dass die Herstellung einer Oberfläche aus einem nichtleitenden Material auch dann nicht für die verfolgte Zielsetzung förderlich sein konnte, wenn sie kugelförmig ausgebildet wurde, kann dahinstehen. Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht konnte dies vom hier zur Prioritätszeit tätigen Fachmann nicht erwartet werden, weil er die Entwicklung von Schleifkörnern, wie ausgeführt, nicht im Rahmen einer solchen wissenschaftlichanalytischen Herangehensweise vorantrieb und eine Schrift wie die US-Patenschrift 3 029 160 nicht tief genug durchdrang um erkennen zu können, dass der dort bezweckte Erfolg gar nicht Folge der für seine Herbeiführung vorgeschlagenen Lehre sein konnte, sondern auf anderen Effekten, namentlich auf Hygroskopizität beruhen musste. Hinzu kommt, dass Hygroskopizität eine für Schleifprodukte - etwa in Gestalt von Schleifscheiben - durchaus kontraproduktive Eigenschaft sein kann, weil diese Körper eine harte und feste und nicht durch Bindung von Wasser aufgeweichte Oberfläche aufweisen sollen. Diese Wirkung hygroskopischer Substanzen war deshalb eher geeignet den Fachmann davon abzuhalten, damit Schleifkörner zu beschichten, zumal das unerwünschte Folgen wie die Durchfeuchtung bei Aufbewahrung etwa in Papiersäcken oder Korrosion bei Lagerung in Stahlcontainern nach sich ziehen konnte. Schließlich deutet auch der Umstand, dass zwischen der Veröffentlichung der US-Patenschrift und dem für das Streitpatent maßgeblichen Prioritätstag rund 25 Jahre verstrichen waren, darauf hin, dass die Nützlichkeit solcher Substanzen für die Verbesserung der Springfähigkeit von Schleifkörnern nicht im Blickfeld des Fachmanns lag.

2.

Patentanspruch 6 in der Fassung des Hilfsantrags hat ebenfalls Bestand.

a)

Das hilfsweise Begehren versteht der Senat dahin, dass es auch zur Entscheidung gestellt wird, soweit die hauptsächlich verteidigte Fassung sich - wie hier - nur teilweise als nicht gewährbar erweist und dass die von der Beklagten hilfsweise erklärte Beschränkung von Patentanspruch 1 auf den unteren Wert für die hygroskopische Substanz auf 0,03 Gewichtsprozent auch im Rückbezug für Anspruch 6 gelten soll.

b)

Patentanspruch 6 nach Maßgabe des Hilfsantrags ist neu.

aa)

Mit dem unteren Grenzwert von 0,03 Gewichtsprozent für die hygroskopische Substanz ist sein Gegenstand, wie ausgeführt, nicht von der amerikanischen Patentschrift 3 029 160 neuheitsschädlich getroffen (vgl. oben IV 1 a aa).

bb)

Nicht vorweggenommen ist die Lehre von Patentanspruch 6 nach Maßgabe des Hilfsantrags durch die amerikanische Patentschrift 2 527 044 (E 4). Danach sollen Schleifkörner mit einer extrem haftenden, ihre Härte erhöhenden Beschichtung versehen werden, wobei - ähnlich wie bei der Herstellung von Schleifkörpern nach der Lehre der US-Patentschrift 3 770 401 (oben IV 1 a bb) - in einem Zwischenschritt Natriumsilicat mit Schleifkörnern vermischt und bei etwa 80°C getrocknet wird. Ob das in der US-Patentschrift 2 527 044 zur Benutzung vorgeschlagene Natriumsilikat aufgrund seines dortigen Gewichts- bzw. Molverhältnisses überhaupt noch hygroskopisch ist, was nach den Angaben in Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 21, S. 410 (D 21, E 16) zu verneinen wäre, nach einem von der Beklagten im Verletzungsprozess eingereichten Privatgutachten (Anlage D 23 zur Berufungserwiderung) aber der Fall sein soll, kann dahinstehen, weil die amerikanische Patentschrift 2 527 044 jedenfalls nicht zugleich die Aufbringung der mit Natriumsilikat behandelten Schleifkörner auf Unterlagen im elektrostatischen Verfahren lehrt. Entsprechendes gilt für die Lehre der amerikanischen Patentschrift 2 314 340 (E 6).

c)

Die Wertung, dass Patentanspruch 6 in der Fassung des Hilfsantrags dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war, kann der Senat aufgrund der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht treffen. Im Einzelnen gilt dazu das oben unter IV 1 b Ausgeführte entsprechend.

Ergänzend ist lediglich zu bemerken: Dass Patentanspruch 6 nach Maßgabe des Hauptantrags von der amerikanischen Patentschrift 3 029 160 vorweggenommen worden ist, ist ohne indiziellen Wert für die Beantwortung der Frage, ob für die Auffindung der Lehre von Patentanspruch 6 nach dem Hilfsantrag erfinderische Tätigkeit entfaltet werden musste. Die Vorwegnahme des Gegenstands der Patentansprüche 1 und 6 nach dem Hauptantrag ist allein durch die objektive Beschaffenheit des nach Maßgabe der amerikanischen Schrift behandelten Schleifkorns und unabhängig davon begründet, dass die hygroskopische Substanz nach jener Lehre nicht bewusst oder gar zielgerichtet zur Erhöhung der Leitfähigkeit eingesetzt wird (vgl. unten V 1 c).

V.

Im Übrigen hat das verteidigte Streitpatent, soweit es Gegenstand der Nichtigkeitsklage ist, weder in der Fassung des Hauptantrags (nachstehend 1 bis 6), noch nach dem Hilfsantrag (7 bis 9) Bestand.

1.

Patentanspruch 1 ist nicht neu (Art. 54 Abs. 1, 2, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG). Sein Gegenstand ist von der amerikanischen Patentschrift 3 029 160 vorweggenommen.

a)

Diese Schrift schlägt zur Verbesserung der Übertragung von Schleifkörnern ("projectability of abrasive grain") auf die mit einer Klebeschicht bedeckte Oberfläche eines Trägers im elektrostatischen Feld vor, die einzelnen Schleifkörner mit einer verdünnten, wässrigen Kiesel- oder Zirkoniumsole oder dergleichen zu benetzen und anschließend das Wasser (durch Trocknung) zu entfernen, so dass sich kolloidale Partikel auf der Oberfläche der einzelnen Körner ablagern. Als für diese Behandlung bevorzugt geeignet erwähnt die Schrift - handelsüblich vorkonfektionierte - wässrige Silizium-Sole, von denen diejenigen mit einem Anteil von 30 % SiO2 maximal etwa 0,15 Gewichtsprozent Natriumsulfat (Na2SO4) - eine hygroskopische Substanz - enthalten. Nach der Behandlung mit einer entsprechend zusammengesetzten Sole weisen Schleifkörner, bezogen auf die Obergrenze von etwa 5 Gewichtsprozent Trockenmenge Siliziumdioxid, wie das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, einen mit bis zu 0,025 Gewichtsprozent in die von Patentanspruch 1 beanspruchte Substanzmenge fallenden Anteil an einer hygroskopischen Substanz (Natriumsulfat) an der Oberfläche auf, womit die einheitlich beanspruchte Spanne insgesamt neuheitsschädlich getroffen ist.

b)

Dass die amerikanische Schrift offenbart, die Oberfläche fallweise auch so zu beschichten, dass sich eine Menge hygroskopischer Substanz im patentierten Umfang ergibt, bekämpft die Berufung vergeblich. Wie die Erörterung mit dem Sachverständigen zur Überzeugung des Senats ergeben hat, versteht der Fachmann den Hinweis "0,15 Gew.% Natriumsulfat maximal" in der Schrift dahin, dass die erfolgreiche Nacharbeitung der Erfindung bei Zugabe von Solen, in denen diese Substanz bis zu dem genannten Grenzwert enthalten ist, nicht gefährdet ist. Er wird deshalb bis an diesen Grenzwert herangehen, wenn es hierfür Gründe gibt. Maßgeblich dafür, welcher Sole der Fachmann im Einzelfall den Vorzug gibt, werden auch wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Gesichtspunkte sein, auf die üblicherweise geachtet wird. Deshalb ist die von den Parteien kontrovers erörterte Frage gegenstandslos, ob sich der Fachmann aus Gründen der Zusammensetzung nur für bestimmte Erzeugnisse aus den in der amerikanischen Patentschrift erwähnten "Ludox"- bzw. "Syton"-Produktreihen entscheiden könnte, deren Gehalt an Natriumsulfat zu gering ist, um den untersten Eckwert der von Patentanspruch 1 beanspruchten Bandbreite zu erreichen.

c)

Unerheblich ist, dass die Lehre der amerikanischen Schrift nicht auf denselben technischphysikalischen Effekt zielt, den sich das Streitpatent mit der Verwendung hygroskopischer Substanzen zunutze macht und Natriumsulfat in den vorgeschlagenen Solen im Verhältnis zum eigentlich patentgemäß eingesetzten Silizium lediglich als Verunreinigung verstanden wird, die bei der Produktion von kolloidaler Kieselsäure entsteht und vollständig allenfalls unter Aufwendung wirtschaftlich unvertretbarer Ressourcen entfernt werden kann. Mit Patentanspruch 1 als Sachanspruch wird das gegenständliche Schleifkorn unter Schutz gestellt. Dementsprechend ist für die Neuheitsprüfung allein darauf abzustellen, ob eine Sache mit derselben Beschaffenheit zum Stand der Technik gehört, während eine eventuelle abweichende erfinderische Zwecksetzung einer Vorveröffentlichung dafür ohne Bedeutung ist (Busse/Keukenschrijver, PatG , 6. Aufl., § 3 , Rdn. 126; vgl. auch Benkard/Scharen, 10. Aufl., § 10 PatG , Rdn. 41 m.w.N).

2.

Patentanspruch 2 ist von der amerikanischen Patentschrift 3 770 401 (E 14) neuheitsschädlich getroffen.

a)

Diese Schrift betrifft im Wesentlichen die verbesserte Zusammensetzung der Formmasse für einen Schleifkörper zur Steigerung von dessen Festigkeit. Dazu soll der Formmasse eine kleine Menge mindestens eines Mittels zur Steigerung der Festigkeit beigegeben werden, welches aus feinsten Aluminiumpartikeln bzw. Natriumsilicat mit mittlerem bis hohem Gewichtsverhältnis von SiO2 zu Na2O, höher als 1,0 und geringer als 3,8 und bevorzugt zwischen 2,0 und 3,3 (Sp. 4 Z. 9 ff.), besteht. Natriumsilicate mit einem Verhältnis von 2 sind, wie die Klägerin unter Bezugnahme auf Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 21, S. 410 (D 21, E 16) unwidersprochen und zur Überzeugung des Senats geltend gemacht hat, hygroskopisch. Die Schrift gibt - neben einer Reihe konkreter Vorschläge in Tabelle I - für eine signifikante Verbesserung der Festigkeit des Schleifgegenstands eine allgemeine Formel an, nach der zwischen 0,3 (vgl. Sp. 4 Z. 25 ff.) und 12 Gewichtsanteile des Mittels, welches allein aus Natriumsilikat bestehen kann, beizugeben sind. Der nach dieser allgemeinen Formel auf die Schleifkörner entfallende Gewichtsanteil kann zwischen 30 und 90 liegen (Tabelle "Improved Molding Composition Formulation" Sp. 3 Z. 16 ff.), so dass die auf die Körner bezogene Substanzmenge der hygroskopischen Substanz jedenfalls auch in der mit Patentanspruch 2 beanspruchten Spanne liegt (etwa bei einer Zusammensetzung von 0,4 Teilen Natriumsilikat und 85 Teilen Schleifgrieß).

b)

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die neuheitsschädliche Vorwegnahme des Gegenstands von Patentanspruch 2 durch die amerikanische Patentschrift 3 770 401 nicht deshalb verneint werden, weil mit einer hygroskopischen Substanz beschichtete Schleifkörner im Rahmen dieser technischen Lehre nur vorübergehend bestehen. Richtig ist, dass die Schleifpartikel nach der Lehre dieser Schrift, von einem wasserunlöslichen Phosphatbindemittel zu einem Produkt zusammengehalten, in einem Ofen durch Erhitzung auf etwa 600 bis 650°F endgehärtet werden und in diesem Endzustand nicht mehr hygroskopisch sind. Die Körner weisen eine von Patentanspruch 2 des Streitpatents beanspruchte Beschaffenheit aber während einer abgrenzbaren Phase des Herstellungsvorgangs auf. Dieser beginnt damit, dass einer Menge gerührter Schleifkörner Natriumsilikat beigegeben wird, und zwar in hydratisierter Form, um eine gründliche Durchfeuchtung der Schleifpartikel zu bewirken. Durch fortgesetztes Rühren und Erhitzen auf 50 bis 260°F wird die Mischung getrocknet, wobei darauf geachtet wird, dass die Grießpartikel nicht zu Clustern agglomerieren. Als Ergebnis dieses Trocknungsvorgangs, in dessen Verlauf die Schleifgrießpartikel, wie der Sachverständige bestätigt hat, durchgehend mischfähig gehalten werden, entstehen mit einer hygroskopischen Substanz beschichtete Schleifkörner, die die Merkmale von Patentanspruch 2 erfüllen.

Ein solches Zwischenprodukt, das gemäß einer technischen Lehre während eines mehrstufigen Herstellungsprozesses vorübergehend und abschnittsweise in einer bestimmten Beschaffenheit besteht, gehört mit den diese Beschaffenheit bestimmenden Eigenschaften zum Stand der Technik, sofern der Herstellungsvorgang nicht derart vonstatten geht, dass das Erzeugnis übergangslos und unabgrenzbar in einen Zustand mit anderer Beschaffenheit umgeformt wird. So verhält es sich hier nicht. Die einzelnen Abschnitte des Herstellungsprozesses folgen hier nicht zwangsläufig unmittelbar aufeinander, sondern sind voneinander abgrenzbar und können, je nach Produktionsbedarf, kürzere oder längere Zeit auseinanderfallen (vgl. dazu auch EPA, Entscheidung der Beschwerdekammer v. 22.4.1997 - T 327/92).

3.

Patentanspruch 3 kann nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gelten (Art. 56 EPÜ). Auf die selbst nicht rechtsbeständigen Ansprüche 1 und 2 rückbezogen, müsste diesem Anspruch aufgrund des einzigen zusätzlichen Merkmals eines in Kornschüttungen gemessenen speziellen Widerstands des behandelten Schleifkorns (kleiner als 3,5 x 10Ohm x cm und vorzugsweise zwischen 0,05 x 10und 2,5 x 10Ohm x cm) ein eigenständiger erfinderischer Gehalt beizumessen sein. Das ist jedoch nicht der Fall, weil es sich bei diesem Parameter um kein die Hygroskopizität besonders kennzeichnendes Merkmal handelt. Seine Bedeutung erschöpft sich, wie schon das fachkundig besetzte Bundespatentgericht ausgeführt hat, darin, die Eignung des patentgemäßen Schleifkorns zur Vermeidung der Nachteile der im Stand der Technik vorzufindenden Lösungen und damit das zugrunde liegende technische Problem zu umschreiben, zumal, wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, bei einer Messung zur Bestimmung der Oberflächenleitfähigkeit in Kornschüttungen mit großen Messfehlern zu rechnen ist. Fehlt es dem Anspruch demnach an der Patentfähigkeit, kann dahinstehen, ob die Erfindung hinsichtlich des zusätzlichen Merkmals eines speziellen, in Kornschüttungen gemessenen Widerstands des behandelten Schleifkorns überdies nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ; Art. 2 § 6 Nr. 2 IntPatÜG).

4.

Patentanspruch 4 in der Fassung des jetzigen Hauptantrags in Rückbezug auf Patentanspruch 1 ist durch die amerikanische Patentschrift 3 029 160 vorweggenommen. Mit dem Anspruch wird mit Natriumsulfat als hygroskopischer Beschichtungssubstanz (oben IV 1 a aa; V 1) das Sulfat eines Metalls der ersten Hauptgruppe des Periodensystems in einer Substanzmenge beansprucht, die, wie ausgeführt, in der amerikanischen Schrift vorbeschrieben ist. Mit Anspruch 4 wird zwar neben diesem Sulfat eine Bandbreite anderer Verbindungen von Metallen der 1., 2. oder 3. Hauptgruppe oder der 1. oder 2. Reihe der Übergangsmetalle des Periodensystems beansprucht. Da der Anspruch aber nicht erkennen lässt, dass jede einzelne dieser Verbindungen selbstständig benannt sein soll, kann er nur dahin ausgelegt werden, dass die genannten Verbindungen gebündelt beansprucht werden, und ist deshalb insgesamt durch die US-Patentschrift 3 029 160 neuheitsschädlich getroffen.

5.

In Rückbezug auf Anspruch 3 hat Patentanspruch 4 keinen Bestand, weil Ersterer aus den oben (V 3) ausgeführten Gründen selbst für nichtig zu erklären war.

6.

Patentanspruch 6 ist durch die US-Patentschrift 3 029 160 vorweggenommen. In der Schrift ist nicht nur das Schleifkorn nach Patentanspruch 1 offenbart, sondern auch die Beschichtung von Unterlagen mit Schleifkörnern im elektrostatischen Verfahren (Sp. 1 Z. 17 ff.).

7.

Patentanspruch 1 hat auch in der Fassung des Hilfsantrags, also mit der Beschränkung auf eine Menge hygroskopischer Substanz von 0,03 bis 5,0 Gewichtsprozent, keinen Bestand. Der Anspruch wird insoweit von der US-Patentschrift 3 770 401 (E 14) für die Formzusammensetzung eines Schleifkörpers vorweggenommen. Von der darin offenbarten allgemeinen Formel (oben V 2 a) werden auch Beschichtungen mit einer hygroskopischen Substanz in einem Bereich ab 0,03 und bis 5,0 Gewichtsprozent erfasst (beispielsweise bei einer Zusammensetzung von 2 Teilen Natriumsilikat und 80 Teilen Schleifgrieß).

8.

Die Patentansprüche 2 und 3 haben in der Fassung des Hilfsantrags keinen vom Hauptantrag abweichenden Gehalt; für sie gelten deshalb die dazu gemachten Ausführungen (oben V 2 und 3) gleichermaßen.

9.

Patentanspruch 4 in Rückbezug auf Anspruch 1 nach Maßgabe des Hilfsantrags ist neuheitsschädlich durch die amerikanische Patentschrift 2 314 340 getroffen (oben IV 1 a cc).

VI.

Nach allem gilt für den Bestand des Streitpatents: Es steht unverändert in der erteilten Fassung in Kraft, soweit es den mit der Nichtigkeitsklage von vornherein nicht angegriffenen Anspruch 5 betrifft. Der zunächst in die beschränkte Verteidigung einbezogene, ebenfalls aus dem Tatbestand ersichtliche Anspruch 7 verbindet, wie das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, die Merkmale des nicht angegriffenen Anspruchs 5 und des erteilten Hauptanspruchs und ist deshalb ebenfalls nicht Gegenstand der Nichtigkeitsklage. Darüber hinaus haben noch der verteidigte Anspruch 4 in Rückbezug auf Anspruch 2 in der Fassung des jetzigen Hauptantrags sowie der verteidigte Anspruch 6 nach Maßgabe des Hilfsantrags Bestand; geschützt ist nach Letzterem die Verwendung eines mit einer hygroskopischen Substanz beschichteten Schleifkorns, wobei die Substanzmenge zwischen 0,03 und 5,0 Gew. %, bezogen auf die Menge des Schleifkorns, beträgt. Im Interesse der Klarheit erschien es angezeigt, den Rückbezug durch Einbeziehung des Wortlauts der Ansprüche 1 und 2 in den Tenor kenntlich zu machen, nachdem diese selbst keinen Bestand mehr haben.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 Satz 1 PatG .

Hinweise:

Verkündet am: 26. Mai 2009

Vorinstanz: BPatG, 3 Ni 48/02 vom 20.07.2004,
Fundstellen
BGHReport 2009, 1058
GRUR 2009, 929
GRURInt 2009, 1034