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BGH - Entscheidung vom 28.09.2009

II ZR 12/09

Normen:
BetrAVG § 3 i.d.F. des AltEinkG v. 5.7.2004, gültig ab 1.1.2005
BetrAVG § 3

Fundstellen:
DStR 2010, 178
FamRZ 2010, 209
MDR 2010, 218
VersR 2010, 276
WM 2010, 120
ZIP 2010, 45

BGH, Beschluss vom 28.09.2009 - Aktenzeichen II ZR 12/09

DRsp Nr. 2009/28086

Anspruch eines Versorgungsberechtigten auf Kapitalzahlung entgegen dem Abfindungsverbot aus § 3 Betriebsrentengesetz ( BetrAVG )

Das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG ist nicht berührt, wenn der Versorgungsberechtigte das ihm in der Pensionszusage eingeräumte Recht, anstelle der nach dem Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden monatlichen Altersrente eine einmalige Kapitalzahlung zu verlangen, nach Beendigung des Dienstverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalles ausübt.

Tenor

1.

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

2.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 687.925,63 EUR festgesetzt.

Normenkette:

BetrAVG § 3 ;

Gründe

Das Berufungsgericht hat die Revision zu Unrecht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1.

Zulassungsgründe liegen nicht vor.

a)

Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich nicht. Die Beantwortung der vom Berufungsgericht möglicherweise für zulassungsrelevant erachteten Frage, ob das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung dem Anspruch des Versorgungsberechtigten auf Kapitalzahlung entgegensteht, wenn er ein ihm in der Pensionszusage, somit während des Bestehens des Anstellungsverhältnisses eingeräumtes Recht, anstelle einer versprochenen Rente eine Kapitalleistung zu verlangen (Kapitaloptionsrecht), nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls ausübt, ist - wie das Berufungsgericht selbst gesehen hat - nicht klärungsbedürftig. Die vom Berufungsgericht angeführte instanzgerichtliche Rechtsprechung (LAG Niedersachsen - 11 Sa 1580/07, [...] Tz. 28 f.; ArbG Solingen - 5 Ca 2051/07, [...] Tz. 39 f.; vgl. auch LAG Hessen, NZA-RR 1999, 497 zu § 3 BetrAVG a.F.) geht ebenso wie die ganz h.M. in der Literatur (Schipp in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht 3. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; ErfurterKomm/Steinmeyer 9. Aufl. § 3 BetrAVG Rdn. 4; Höfer, BetrAVG § 3 Rdn. 3571; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz 4. Aufl. § 3 Rdn. 35; Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung 4. Aufl. Rdn. 465; Kisters-Kölkes in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Bode/Pühler, BetrAVG 2. Aufl. § 3 Rdn. 29; Förster/Rühmann/Cisch, Betriebsrentengesetz 11. Aufl. § 3 Rdn. 12; Förster/Cisch, BB 2004, 2126 , 2132; Langohr-Plato/Teslau, NZA 2004, 1297 , 1300; nicht eindeutig Matthießen, AuR 2005, 81 , 85; ebenso Schnitker/Grau, NJW 2005, 10 , 14) davon aus, dass das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG in einem solchen Fall nicht eingreift.

b)

Auch sonstige Zulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht das Berufungsgericht, das mit seiner Beurteilung der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der h.M. in der Literatur gefolgt ist, nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urt. v. 14. Juni 2005 - 3 AZR 185/04, AP Nr. 14 zu § 3 BetrAVG ; v. 14. August 1990 - 3 AZR 301/89, BAGE 65, 341 , 344 f.) ab, das die Abfindung gesetzlich unverfallbarer Rentenanwartschaften im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich als gegen § 3 BetrAVG verstoßend und deshalb gemäß § 134 BGB für nichtig erachtet. Es handelt sich hier nicht um eine Abfindung im Sinn von § 3 BetrAVG . Die Abfindung einer Anwartschaft im Sinne dieser Vorschrift setzt einen Vertrag voraus, durch den der Versorgungsberechtigte auf seine Anwartschaft verzichtet und durch den sich der Dienstherr verpflichtet, hierfür eine Entschädigung zu zahlen (BGH, Urt. v. 15. Juli 2002 - II ZR 192/00, ZIP 2002, 1701 , 1702). Die Ausübung eines - wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich einwandfreier Auslegung der Pensionszusage angenommen hat - dort eingeräumten einseitigen Gestaltungsrechts nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, aber noch vor Eintritt des Versorgungsfalls genügt hierfür nicht. Der Anspruch des Klägers stand nach dem Inhalt der Versorgungszusage von vornherein unter dem Vorbehalt, dass weder die Gesellschaft noch der Versorgungsberechtigte die Abfindung des Rentenanspruchs verlangen würde. Nur in diesem Umfang hat der Kläger eine Versorgungsanwartschaft erlangt (BGH, Urt. v. 21. Mai 2003 - VIII ZR 57/02, WM 2003, 2110 , 2111). Wird die Kapitaloption vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeübt, wird der Anspruch aus der Pensionszusage durch die Kapitalleistung nicht abgefunden, sondern erfüllt (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto a.a.O.).

2.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg.

Sonstige Rechtsfehler des Berufungsurteils werden von der Revision nicht gerügt und sind auch nicht ersichtlich.

Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 17.12.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 14 U 34/08
Vorinstanz: LG Ulm, vom 15.05.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 29/08
Fundstellen
DStR 2010, 178
FamRZ 2010, 209
MDR 2010, 218
VersR 2010, 276
WM 2010, 120
ZIP 2010, 45