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BGH - Entscheidung vom 19.05.2009

VI ZB 2/09

Normen:
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 19.05.2009 - Aktenzeichen VI ZB 2/09

DRsp Nr. 2009/15029

Anforderungen an die Einhaltung einer Berufungsbegründungsfrist im Falle eines Eingangs des Schriftsatzes am letzten Tag der Frist bei der gemeinsamen Posteingangsstelle ohne Weiterleitung an die zuständige Geschäftsstelle

Aufhebung der Verwerfung der Berufung als unzulässig wegen Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist)

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 321.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

ZPO § 574 Abs. 2 ; ZPO § 520 Abs. 2 ;

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines behaupteten ärztlichen Behandlungsfehlers. Das Landgericht hat die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage durch Teilurteil vom 18. September 2008 abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23. September 2008 zugestellt worden. Mit am 23. Oktober 2008 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen dieses Teilurteil Berufung eingelegt. Auf den am 21. November 2008 eingegangenen Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts die Berufungsbegründungsfrist bis 19. Dezember 2008 verlängert. Am 19. Dezember 2008 ging die Berufungsbegründung per Telefax ordnungsgemäß in der gemeinsamen Posteingangsstelle des Justizzentrums Jena ein. Durch ein justizinternes Versehen gelangte sie nicht zur Geschäftsstelle des Berufungsgerichts, sondern wurde an das Amtsgericht weitergeleitet und dort in einer Akte abgelegt. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Landgerichts Erfurt als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht beantragt.

II.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 , 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1004 ).

2.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte die Berufung nicht mit der Begründung als unzulässig verwerfen, das Rechtsmittel sei nicht rechtzeitig begründet worden. Der Kläger hat die Begründungsfrist gewahrt. Seine Berufungsbegründung ging am 19. Dezember 2008 und damit am letzten Tag der vom Vorsitzenden des Berufungsgerichts wirksam verlängerten Berufungsbegründungsfrist bei der gemeinsamen Posteingangsstelle und damit beim Berufungsgericht ein. Der Umstand, dass sie zunächst nicht zur zuständigen Geschäftsstelle gelangte, kann sich nicht zu Lasten des Klägers auswirken.

Vorinstanz: OLG Jena, vom 22.12.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 850/08
Vorinstanz: LG Erfurt, vom 18.09.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 178/07