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BGH - Entscheidung vom 26.08.2009

XII ZB 169/07

Normen:
Brüssel I-VO (EGVVO) Artt. 34 Nr. 1, 45
HUVÜ 73 Artt. 5 Nr. 1, 12
ZPO § 329 Abs. 1
Brüssel I-VO Art. 34 Nr. 1 (EGVVO)
Brüssel I-VO Art. 45 (EGVVO)
HUVÜ 73 Art. 5 Nr. 1
HUVÜ 73 Art. 12
AVAG § 4 Abs. 1
AVAG § 4 Abs. 2
ZPO § 184
ZPO § 329 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2
GG Art. 103 Abs. 1
VO Nr. 44/2001/EG Art. 36

Fundstellen:
BGHZ 182, 188
FamRBInt 2010, 4
FamRZ 2009, 1816
MDR 2009, 1278
NJW 2009, 3306

BGH, Beschluss vom 26.08.2009 - Aktenzeichen XII ZB 169/07

DRsp Nr. 2009/21917

Anerkennung einer durch ein ausländisches Gericht in einem Statusverfahren ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens festgestellten Vaterschaft; Vollstreckbarkeit einer Entscheidung über die neben einer Vaterschaftsfeststellung zugleich ausgesprochene Unterhaltspflicht trotz Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public; Notwendigkeit der Einlegung von Rechtsmitteln für die Zulässigkeit des Einwands eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public; Einschränkung des rechtlichen Gehörs durch die Möglichkeit späterer Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung des Zustellungsbevollmächtigten einer ausländischen Prozesspartei

a) Hat ein ausländisches Gericht in einem Statusverfahren die Vaterschaft ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens und nur gestützt auf die Aussage einer Zeugin vom Hörensagen festgestellt, obwohl der Antragsgegner jeden geschlechtlichen Verkehr mit der Mutter geleugnet und angeboten hatte, an der Erstellung eines von ihm angeregten Vaterschaftsgutachtens mit-zuwirken, kann diese Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen den ver-fahrensrechtlichen ordre public nicht in der Bundesrepublik Deutschland an-erkannt werden (Abgrenzung zu den Senatsurteilen vom 9. April 1986 - IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665 , 667 und vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490 , 491 f.). b) Hat das ausländische Gericht neben der Vaterschaftsfeststellung zugleich eine Unterhaltspflicht ausgesprochen, ist die Entscheidung wegen dieses Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht in der Bundes-republik Deutschland für vollstreckbar zu erklären (im Anschluss an BGHZ 64, 19 , 22 = FamRZ 1975, 273 , 274 und das Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717 ).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss der Vorsitzenden Richterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16. Januar 2007 im Ausspruch zur Vollstreckbarkeit des Urteils des Amtsgerichts M. (Ziff. 1 des Tenors) und der Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. September 2007 aufgehoben.

Der Antrag, das Urteil des Amtsgerichts M. hinsichtlich der laufenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners in Höhe von monatlich 500 PLN ab dem 21. April 2004 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären, wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Streitwert: 1.821 EUR.

Normenkette:

Brüssel I-VO Art. 34 Nr. 1 (EGVVO); Brüssel I-VO Art. 45 (EGVVO); HUVÜ 73 Art. 5 Nr. 1; HUVÜ 73 Art. 12; AVAG § 4 Abs. 1 ; AVAG § 4 Abs. 2 ; ZPO § 184 ; ZPO § 329 Abs. 1 ; ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2 ; GG Art. 103 Abs. 1 ; VO Nr. 44/2001/EG Art. 36;

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit der Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem Urteil des polnischen Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005.

Der am 1. August 1999 nichtehelich geborene Antragsteller lebt in Polen bei seiner Großmutter mütterlicherseits, die mit Beschluss des polnischen Amtsgerichts M. vom 16. April 2004 zu seiner rechtlichen Pflegerin bestellt worden ist. Die Mutter des Antragstellers ist seit dem Jahre 2003 unbekannten Aufenthalts. Ein Antrag auf Namenswechsel des minderjährigen Kindes wurde abgewiesen.

Die Klage des Antragstellers auf Feststellung der Vaterschaft und auf Zahlung von Kindesunterhalt wurde dem in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Antragsgegner am 16. Juli 2004 im Wege der Rechtshilfe zugestellt. Zur Zustellung im Ausland sieht das polnische Zivilverfahrensgesetzbuch vom 17. November 1964 (im Folgenden: ZVGB) in Art. 1135 folgende Regelung vor (zitiert nach Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 89):

"Art. 1135

§ 1

Eine im Ausland wohnhafte Person ist verpflichtet, wenn sie nicht einen in Polen wohnhaften Bevollmächtigten zur Führung einer Rechtssache bestellt hat, einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen.

§ 2

Wird ein Zustellungsbevollmächtigter nicht benannt, so verbleiben die für die Partei bestimmten gerichtlichen Schriftstücke in den Akten der Sache mit der Wirkung der Zustellung. Die Partei ist hierüber bei der ersten Zusendung zu belehren. Die Partei muss auch über die Möglichkeit zur Einreichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und schriftliche Erklärungen belehrt werden sowie darüber, wer zum Bevollmächtigten bestellt werden kann."

Mit der Zustellung der Klageschrift wurde dem Antragsgegner folgende Belehrung übersandt:

"Belehrung Betreffend Ladungen lt. Mustern 8, 9, 10 und 11

1.

Falls die im Ausland wohnhaften Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens keinen in Polen wohnhaften Verfahrensbevollmächtigten bestellen, sollen sie innerhalb eines Monats ab Zustellung der vorliegenden Ladung dem Gericht den Vor-, Zunamen und die Adresse des Zustellungsbevollmächtigten mitteilen. Jede in Polen wohnhafte, volljährige und geschäftsfähige Person kann zustellungsbevollmächtigt werden. Nach erfolglosem Ablauf der vorgegebenen Frist werden die an die Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens gerichteten Schriftstücke gem. Art. 1135 der Zivilverfahrensordnung den Akten der Sache mit Zustellungswirkung beigefügt ..."

Der Antragsgegner hat keinen Verfahrensbevollmächtigten und auch keinen Zustellungsbevollmächtigten in Polen benannt. In der Folgezeit sind ihm deswegen weder weitere Mitteilungen oder Ladungen, noch die Entscheidung des Amtsgerichts zugestellt noch sonst übersandt worden.

Auf Antrag des polnischen Amtsgerichts wurde der Antragsgegner am 20. Dezember 2004 durch das Amtsgericht G. im Wege der Rechtshilfe vernommen. Er räumte ein, die Mutter des Klägers vor vielen Jahren in K. kennen gelernt und ihr eine Übernachtungsmöglichkeit in seiner Wohnung eingeräumt zu haben. Er habe mit der Mutter des Klägers allerdings nie geschlechtlich verkehrt. Sie selbst habe ihm gegenüber eingeräumt, in einem Bordell gearbeitet zu haben, wobei es möglicherweise zu der Empfängnis gekommen sei. Als die Mutter des Antragstellers später in hochschwangerem Zustand bei ihm erschienen sei, habe er diese ins Krankenhaus gebracht, wo sie entbunden habe. Um zu vermeiden, dass aufgrund irgendwelcher Angaben, möglicherweise falscher Aussagen der Kindesmutter, in Polen seine Vaterschaft festgestellt werde, regte er ausdrücklich an, nicht ohne Einholung eines Gutachtens in der Sache zu entscheiden. Er sei bereit, sich hier in Deutschland entsprechenden Untersuchungen zu unterziehen.

Nach Rückkehr der Akten wurde die Großmutter des Antragstellers im Verhandlungstermin vom 3. Februar 2005 vom polnischen Amtsgericht angehört. Danach sei die Mutter des Antragstellers seit mehreren Jahren nach Deutschland gereist, um dort zu arbeiten. Von dort habe sie geschrieben, dass sie schwanger sei und bei dem Antragsgegner wohne. Als der Antragsteller 16 Monate alt gewesen sei, sei sie mit ihm nach Polen zurückgekehrt und habe ihr gegenüber den Antragsgegner "entschlossen" als Vater des Kindes benannt. Sie wisse allerdings nicht, ob der Vorwurf des Antragsgegners, die Mutter des Antragstellers sei der Prostitution nachgegangen, richtig sei.

Im Anschluss an die Vernehmung der Großmutter des Antragstellers wurde die Sache "für klar erklärt", ein Urteil verkündet und mündlich begründet. In dem Urteil vom 3. Februar 2005 wurde festgestellt, dass der Antragsgegner Vater des Antragstellers sei. Er wurde unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Antragsteller monatlichen Unterhalt in Höhe von 500 PLN, beginnend ab dem 21. April 2004, zu zahlen. Eine schriftliche Begründung des Urteils liegt nicht vor. Das Urteil ist seit dem 25. Februar 2005 rechtskräftig und vollstreckbar.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 in Deutschland beantragt. Den zugleich begründeten Vollstreckbarkeitsantrag hat er lediglich für den Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erhoben und dazu in den Gründen ausgeführt:

"Da alle Ansprüche ausschließlich nur im Rahmen gewährter Prozesskostenhilfe geltend gemacht werden, wird gebeten, diesen Antrag auf Vollstreckbarerklärung so lange als Entwurf zu behandeln, bis die beantragte Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt worden ist."

Mit Beschluss vom 16. Januar 2007 erklärte das Landgericht K. die Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 für in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar. Zugleich bewilligte es dem Antragsteller für das Verfahren ratenlose Prozesskostenhilfe. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er seinen Abweisungsantrag weiter verfolgt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 c und Nr. 2 b , 15 Abs. 1 AVAG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch zulässig, weil sie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung.

1.

Im Ansatzpunkt zu Recht ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anerkennung und Vollstreckung des polnischen Urteils über Kindesunterhalt hier ausnahmsweise von der Anerkennungsfähigkeit der zugleich getroffenen Vaterschaftsfeststellung abhängt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hängt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels allerdings nur dann von einer Statusentscheidung ab, wenn der Unterhaltstitel auf dieser Statusentscheidung beruht. Das ist zwar hinsichtlich eines Scheidungsurteils nicht der Fall, weil die Unterhaltspflicht für ein Kind unabhängig von der Ehescheidung der Eltern besteht (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717 Tz. 17 f.). Schafft die Statusentscheidung aber erst das Eltern-Kind-Verhältnis als Grundlage der Unterhaltspflicht, kann der Unterhaltstitel nur dann vollstreckt werden, wenn auch die Statusentscheidung nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstößt. Insoweit ist über die Vaterschaft dann als Vorfrage in dem Vollstreckbarkeitsverfahren hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs mit zu entscheiden (BGHZ 64, 19 , 22 = FamRZ 1975, 273 , 274).

Allerdings darf die zu vollstreckende ausländische Entscheidung sowohl nach Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO = Brüssel I-VO), als auch nach Art. 12 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) nicht in der Sache selbst nachgeprüft werden. Während Art. 27 Nr. 4 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 10. September 1988 (LugÜ) noch ausdrücklich einen Verstoß gegen Vorschriften des internationalen Privatrechts im Rahmen einer Vorfrage als Anerkennungshindernis bezeichnet, werden diese Entscheidungen jetzt unmittelbar durch Art. 33 Brüssel I-VO bzw. Art. 4 HUVÜ 73 anerkannt (Martiny FamRZ 2008, 1681 , 1686). Im Hinblick auf das Verbot der révision au fond darf die Vorfrage der Abstammung nur noch bei besonders gravierenden Verstößen gegen den ordre public überprüft werden (vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2006, 968 ; 2004, 719und IPRspr 2004, 403 sowie Geimer IPRax 2004, 419 , 420) . Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch vor.

a)

Die Vollstreckbarkeit des polnischen Titels auf Kindesunterhalt richtet sich nach den Vorschriften der Brüssel I-VO. Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Brüssel I-VO ist diese seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 auch im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen anwendbar (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 18 und 21).

Zwar ist eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Unterhaltspflichten im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen auch nach dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) möglich. Dieses Übereinkommen bleibt von der Brüssel I-VO nach dessen Art. 71 Abs. 1 auch unberührt. In jedem Fall können daneben aber die Bestimmungen der Brüssel I-VO über das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt werden (Art. 23 HUVÜ 73; vgl. auch Heiderhoff IPRax 2004, 99 , 100 f. und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 9 Rdn. 226 f.).

Die weiteren Einzelheiten des Anerkennungsverfahrens richten sich nach den Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz; im Folgenden: AVAG ).

b)

Auf die hier als Vorfrage zu klärende Anerkennungsfähigkeit des Vaterschaftsfeststellungsurteils sind allerdings weder die Brüssel I-VO noch das HUVÜ 73 anwendbar. Nach Art. 1 Abs. 2 a der Brüssel I-VO ist diese ausdrücklich nicht auf Entscheidungen über den Personenstand anwendbar. Auch das HUVÜ 73 ist nach dessen Art. 1 Abs. 1 lediglich auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten anwendbar. Die Anerkennung der polnischen Vaterschaftsfeststellung richtet sich somit nach dem autonomen innerstaatlichen Recht in § 328 ZPO (vgl. Geimer IPRax 2004, 419 ). Im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens kann die Anerkennung eines als Vorfrage erheblichen Statusurteils aber nur bei besonders gravierenden Verstößen im Sinne der Versagungsgründe des § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO abgelehnt werden. Auf die verbürgte Gegenseitigkeit i.S. des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kommt es hier allerdings nicht an, weil die Anerkennung eines ausländischen Urteils zur Feststellung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses betroffen ist (§ 328 Abs. 2 i.V.m. § 640 Abs. 1 ZPO ).

2.

Das Landgericht hatte zwar verfahrenswidrig über einen bedingten und daher unzulässigen Antrag entschieden, dies ist aber im Beschwerdeverfahren geheilt worden.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hatte der Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein Vollstreckbarkeitsverfahren begehrt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zugleich beantragte und begründete Vollstreckbarerklärung des polnischen Unterhaltstitels bis zur Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe als Entwurf behandelt werden solle. Damit lag zunächst lediglich eine bedingte Klage vor. Nach Art. 40 Abs. 1 der Brüssel I-VO ist für den Vollstreckbarkeitsantrag das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend. Gleiches gilt für die Vollstreckung nach dem HUVÜ 73 und die Anerkennung nach § 328 ZPO . Danach ist der Antrag als eine ein beschränktes Erkenntnisverfahren einleitende Prozesshandlung allerdings bedingungsfeindlich (vgl. BGH Urteil vom 10. Juli 2003 - IX ZR 113/01 - NJW-RR 2003, 1558 f. Tz. 10 m.w.N.). Der hier unter der Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt erhobene Vollstreckbarkeitsantrag war somit zunächst unzulässig.

Gleichwohl ist die Beschwerdeentscheidung nicht schon deswegen aufzuheben. Denn der Antragsteller hat jedenfalls durch seinen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auslegungsfähig ist, nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe einen unbedingten Antrag auf Vollstreckbarerklärung (vgl. Artt. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 Brüssel I-VO; Art. 13 HUVÜ; § 4 Abs. 1 , 2 AVAG ) gestellt, über den das Beschwerdegericht in der Sache entscheiden durfte. Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller durch diese Sachentscheidung des Beschwerdegerichts eine Instanz verloren gegangen ist. Nachdem der Antragsgegner bereits beteiligt wurde, ist dem Antragsteller an einer schnellstmöglichen Entscheidung über den Vollstreckbarkeitsantrag gelegen. Weil in Verfahren nach der Brüssel I-VO oder dem HUVÜ 73 erstinstanzlich über den Vollstreckbarkeitsantrag ohne Anhörung des Antragsgegners entschieden wird (Art. 41 Brüssel I-VO und § 6 AVAG ) und dieser eventuelle Einwendungen erst im Beschwerdeverfahren vorbringen kann, ist auch er durch den Verlust der ersten Instanz nicht beschwert.

3.

Die Rechtsbeschwerde hat gleichwohl Erfolg und die Sache ist aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 ZPO ). Denn die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das dem polnischen Urteil zugrunde liegende Verfahren gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nach Art. 34 Nr. 1 der Brüssel I-VO und Art. 5 Nr. 1 HUVÜ sowie nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verstößt.

a)

Zwar dürfen die Behörden und Gerichte des Vollstreckungsstaates nach Art. 31 Abs. 3 der Brüssel I-VO und nach Art. 12 HUVÜ 73 die zu vollstreckende Entscheidung grundsätzlich nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit nachprüfen. Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf lediglich versagt werden, wenn einer der in den Artt. 22 bis 24 der Brüssel I-VO bzw. in Art. 5 HUVÜ 73 genannten und besonders gravierenden Verfahrensverstöße vorliegt. Dabei führt selbst eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs noch nicht stets zu einem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public im Sinne dieser Vorschriften.

aa)

Wie im Rahmen des früheren Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29. November 1996 (EuGVÜ; BGBl. II 1998 S. 1412 ; vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 -FamRZ 1990, 868 , 869) und der Brüssel I-VO ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch im Rahmen der Vollstreckbarkeit nach dem HUVÜ 73 insoweit gewährleistet, als das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden sein muss, dass der Beklagte sich hinreichend verteidigen konnte. Dem Beklagten muss ausreichend Zeit verbleiben, um seine Verteidigung vorzubereiten und die zur Vermeidung einer Versäumnisentscheidung erforderlichen Schritte einzuleiten (vgl. EuGHE 1981, 1573 , 1608 f.).

Darüber hinaus greift der Vorbehalt des ordre public aber nur in Ausnahmefällen ein. Die Vollstreckbarerklärung kann insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 11. Mai 2000 - C-38/98 - veröffentlicht bei [...]; Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868 , 869 Tz. 12).

Der Schutz des rechtlichen Gehörs erstreckt sich also nicht auf eine bestimmte verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Bei der Anwendung jener Verfahrensbestimmung zur Konkretisierung des gemäß Art. 23 Ziff. a Brüssel I-VO bzw. Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 73 maßgeblichen verfahrensrechtlichen ordre public ist vielmehr auf die Grundsätze abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ferner verlangt das Gebot der Achtung der Menschenwürde, dass ein Beteiligter in der Lage sein muss, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluss zu nehmen (BVerfGE 63, 332 , 337 und BGHZ 118, 312 , 321 jeweils m.w.N.; Rauscher/Leible Europäisches Zivilprozessrecht Bd. 1 Art. 34 Brüssel I-VO Rdn. 13 ff.; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 13 ff.).

Darüber hinaus hat in erster Linie jede Partei selbst nach besten Kräften für ihre eigene ordnungsgemäße Vertretung in einem ihr bekannten Gerichtsverfahren zu sorgen (BGHZ 141, 286 , 297 f.). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt also nicht unabhängig von der Verfahrensart und nicht ohne Einschränkung in jedem Fall. Vielmehr tritt der Grundsatz, dass rechtliches Gehör vor der Entscheidung zu gewähren ist, zurück, wenn sich aus dem Zweck und der Besonderheit einzelner Verfahren zwingend Beschränkungen ergeben, wie z.B. bei der Zwangsvollstreckung von Forderungen (§ 834 ZPO ), im Arrestverfahren (§ 921 ZPO ) oder bei Erlass eines Haftbefehls (§ 114 a StPO ). Ferner kann auch nach deutschem Prozessrecht eine Partei durch eigenes schuldhaftes Verhalten den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlieren, etwa nach §§ 296 , 530 f. ZPO , wenn sie Angriffs- oder Verteidigungsmittel später als möglich vorbringt. Ihr Vorbringen kann dann unter bestimmten Voraussetzungen zurückgewiesen werden. Art. 103 Abs. 1 GG ist ferner nicht verletzt, wenn der Beteiligte gemäß § 177 GVG wegen eines die Ordnung störenden Verhaltens aus dem Sitzungszimmer entfernt werden muss und deshalb kein rechtliches Gehör mehr finden konnte; er hat dann die an sich gegebene Gelegenheit zur Äußerung durch sein eigenes Verhalten verloren (BGHZ 48, 327 , 332). Entsprechend sehen auch das HUVÜ 73 und die Brüssel I-VO nach dem zu ihrer Ausführung erlassenen § 6 AVAG in erster Instanz des Vollstreckbarkeitsverfahrens keine vorherige Anhörung des Schuldners vor. Dieser kann Einwände erst mit seinem Rechtsmittel vorbringen.

bb)

Hinzu kommt, dass der Ablauf des ausländischen Verfahrens im Rahmen des - hier relevanten - ordre public nur unter Berücksichtigung des Systems und der Struktur des ausländischen Rechts gemessen werden kann. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Feststellung der Vaterschaft auch nach polnischem Recht lediglich durch Anerkennung der Vaterschaft oder durch Gerichtsurteil erfolgen kann (Art. 72 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches vom 25. Februar 1964, im Folgenden: FVGB). Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft setzt voraus, dass diese im Wege der Beweisaufnahme geklärt wird, wobei eine Vaterschaftsvermutung gegen den Mann besteht, der der Mutter des Kindes nicht früher als 300 Tage und nicht später als 180 Tage vor der Geburt des Kindes beigewohnt hat (Artt. 84 ff., 85 § 1 FVGB). Ein einheitlicher Maßstab, wie ein Gericht seine Überzeugung von der Vaterschaft gewinnen muss, lässt sich dafür nicht aufstellen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Art und Weise, wie der ausländische Richter im Einzelfall verfahren ist, den Prinzipien zuwiderläuft, auf denen Art. 103 Abs. 1 GG beruht. Auch insoweit ist also auf die Grundwerte abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will (BGHZ 48, 327 , 332 f.).

Das Gebot der Achtung der Menschenwürde ist allerdings auch im Verfahren der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung verletzt, wenn einem Verfahrensbeteiligten nicht die Rolle eines Verfahrenssubjekts eingeräumt würde, das aktiv die Gestaltung des Verfahrens beeinflussen kann, sondern nur die Rolle eines - passiven - Verfahrensobjekts, mit dem im gerichtlichen Verfahren etwas geschieht (BGHZ 118, 312 , 321 und 48, 327, 333). Schließlich schützt der ordre public auch vor willkürlichen Entscheidungen, die in dem Vortrag der Beteiligten und den weiteren Feststellungen keine Grundlage finden.

cc)

Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass ein die Anerkennung eines ausländischen Urteils ausschließender Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht vorliegt, wenn das ausländische Gericht allein aufgrund der Aussage der Mutter eine Vaterschaft festgestellt hat, weil eine Begutachtung des mutmaßlichen Vaters nicht möglich war (Senatsurteile vom 9. April 1986 - IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665 , 667 und vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490 , 491 f.). Zwar wird sich eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter, sie habe in der gesetzlichen Empfängniszeit mit keinem anderen Mann Geschlechtsverkehr gehabt, nach deutschem Recht in der Regel verbieten. Andererseits ist aber auch im deutschen Statusverfahren die Aussage der Kindesmutter unbeschadet der verfeinerten Methoden naturwissenschaftlicher Begutachtung als Beweismittel weiterhin von Bedeutung. Wenn eine ausländische Entscheidung der Aussage der Kindesmutter mangels abweichender Anhaltspunkte sogar so viel Gewicht beimisst, dass es sie als Grundlage einer Vaterschaftsfeststellung ausreichen lässt, gerät allein dies noch nicht in unerträglichen Gegensatz zu den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts. Auch nach deutschem Recht ist eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter jedenfalls dann denkbar, wenn der als Vater in Anspruch genommene Mann die medizinische Begutachtung vereitelt (Senatsurteil vom 9. April 1986 - IVb ZR 27/85 - FamRZ 1986, 663 , 664 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Vater eingeräumt hatte, mit der Mutter während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (Senatsurteil vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490 Tz. 29; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 694 ).

b)

Auch auf dieser rechtlichen Grundlage ist vorliegend allerdings von einem so gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in seiner Ausprägung als Willkürverbot auszugehen, dass eine Vollstreckung des polnischen Unterhaltstitels gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen würde. Denn das polnische Gericht hat seine Statusentscheidung auf eine Aussage vom Hörensagen gestützt, statt das angebotene unmittelbare Beweismittel des Sachverständigengutachtens einzuholen und die Aussage des Antragsgegners zur Kenntnis zu nehmen. Der Entscheidung ist deswegen die Vollstreckbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu versagen.

aa)

Umstände, die auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung eine Vaterschaft des Antragsgegners mit der im Statusverfahren gebotenen Sicherheit begründen könnten, sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu den genannten früheren Fällen hat die Mutter des Antragstellers hier keine eigene Aussage abgegeben. Sie ist vielmehr unbekannten Aufenthalts. Die Großmutter des Antragstellers, die vom polnischen Amtsgericht vernommen worden ist, konnte zur Empfängnis und zur Abstammung des Antragstellers keine eigenen unmittelbaren Tatsachen bekunden. Auch zur Vaterschaftsvermutung des Art. 85 § 1 FVGB ist ihre Aussage unerheblich, zumal sie keine konkreten Fälle der Beiwohnung schildern konnte. Ihre Aussage beschränkt sich allein auf die Wiedergabe einer pauschalen Äußerung der nicht erreichbaren Kindesmutter zur Vaterschaft des Antragsgegners, mithin auf eine Aussage vom Hörensagen.

Dem steht die Aussage des Antragsgegners im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung vor dem Amtsgericht Gummersbach am 20. Dezember 2004 entgegen. Der Antragsgegner hat darin nicht bestritten, dass er die Kindesmutter in Deutschland kennen gelernt hatte und in seiner Wohnung übernachten ließ. Einen Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter hat er allerdings entschieden bestritten. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner eine weitere plausible Möglichkeit der Abstammung behauptet hat, zumal die Kindesmutter nach seiner Aussage der Prostitution nachgegangen ist und ihm gegenüber eine mögliche Empfängnis in diesem Zusammenhang offenbart habe. Diesem Vortrag zum Mehrverkehr durch Prostitutionsausübung hat auch die Großmutter mütterlicherseits nicht widersprechen können.

Schließlich hat der Antragsgegner im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung ausdrücklich angeregt, über den Antrag des Kindes nicht ohne Einholung eines Gutachtens zu entscheiden. Auch hat er sich eindeutig zur Mitwirkung an der Erstellung eines solchen Gutachtens einverstanden erklärt.

bb)

Wenn das polnische Amtsgericht lediglich aufgrund der Aussage der Großmutter, einer Zeugin vom Hörensagen, und ohne weitere Ermittlungen zu einer Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners gelangt ist, obwohl die Einholung eines Gutachtens möglich gewesen wäre, liegt darin ein Verstoß, der den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße widerspricht, dass die Entscheidung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann.

Die Entscheidung verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, weil sie die Aussage des Antragsgegners in seiner Rechtshilfevernehmung nicht zur Kenntnis nimmt und sich damit als willkürlich darstellt. Nach den vom polnischen Amtsgericht im Rahmen seiner Ermittlungen erhobenen Beweisen konnte es nicht von einem Beweis der Abstammung des Antragstellers vom Antragsgegner ausgehen. Die Großmutter des Antragstellers hat lediglich eine pauschale Aussage vom Hörensagen abgegeben, die für sich genommen kaum Beweiswert hat. Entscheidend ist aber, dass es im Statusverfahren die substantiierte Aussage des Antragsgegners und insbesondere seine als Antrag aufzunehmende Anregung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht berücksichtigt hat (zum Ermittlungsgrundsatz im polnischen Verfahrensrecht vgl. Gralla in: Gralla/Leonhardt Das Unterhaltsrecht in Osteuropa S. 137 f.; zum "obersten Grundsatz der objektiven Wahrheit" vgl. Gralla JOR 1969 1. Halbjahr S. 213). Dieser Fehler im Erkenntnisverfahren erschöpft sich auch nicht in einer fehlerhaften Beweisaufnahme. Im Hinblick auf den eingeschränkten Beweiswert der Aussage der Großmutter des Antragstellers und die widersprechende substantiierte Aussage des Antragsgegners sind dessen Vortrag und Beweisangebot offensichtlich unberücksichtigt geblieben. Das kann auch unter Beachtung des hohen Maßstabs des verfahrensrechtlichen ordre public nicht hingenommen werden.

Das polnische Urteil ist auch nicht in zulässiger Weise allein auf den Vortrag des Antragstellers gestützt. Der besonderen Bedeutung des Ermittlungsgrundsatzes im Statusverfahren mit Rechtsfolgen für und gegen jedermann ist das Amtsgericht zwar dadurch nachgekommen, dass es den Antragsgegner im Wege der Rechtshilfe in Deutschland angehört hat. Nach der Rechtshilfevernehmung des Antragsgegners durfte es dessen Aussage aber nicht unbeachtet lassen. Entsprechend ist das Urteil vom 3. Februar 2005 im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Statusverfahrens auch nicht als Versäumnisurteil ergangen. Es ist mit Gründen versehen, wenngleich diese - ausweislich des Protokolls vom 3. Februar 2005 - lediglich mündlich verkündet worden sind. Dies entspricht trotz der Säumnis des Antragsgegners der besonderen Bedeutung des Statusverfahrens mit der interomnes-Wirkung des Feststellungsurteils.

cc)

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung ohne schriftliche Gründe ergangen ist. Allein darin liegt zwar noch kein Verstoß gegen den ordre public. Die Prüfung des ausländischen Urteils auf seine Vereinbarkeit mit dem ordre public wird dadurch allerdings erschwert, so dass eine Unsicherheit zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers geht (Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 257 m.w.N.). Der Antragsteller hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens gemäß Art. 1144 ZVGB eine nachträgliche Begründung zu beantragen.

dd)

Der Umstand, dass der Antragsgegner kein Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegt hat, steht seinem Einwand eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public hier ausnahmsweise nicht entgegen.

Grundsätzlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zwar dann ausgeschlossen, wenn der Antragsgegner des Vollstreckbarkeitsverfahrens im Erkenntnisverfahren nicht alle nach dem Recht des Erststaates statthaften, zulässigen und zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hat (vgl. Geimer in: Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 57; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 42; Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 237; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Artt. 34 - 36 EuGVVO Rdn. 4; Geimer IPRax 2004, 419 , 420). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Schuldner im Vollstreckbarkeitsverfahren keine Verfahrensrüge zustehen soll, die er mit einem Rechtsmittel im Erkenntnisverfahren hätte vorbringen können und auf die er in Kenntnis des ausländischen Titels verzichtet hatte.

Hier hatte der Antragsgegner allerdings keine Kenntnis von der mit der Appelation anfechtbaren (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 32 a) amtsgerichtlichen Entscheidung. Denn weil er weder einen Prozessbevollmächtigten noch einen Zustellungsbevollmächtigten benannt hatte, wurde er an dem weiteren Verfahren - bis auf seine Rechtshilfevernehmung - nicht mehr beteiligt. Weil er hier auf eine Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vertrauen durfte, hat er durch seine Untätigkeit nicht auf die Rüge eines ihm bekannten Verfahrensverstoßes verzichtet. Zwar sieht Art. 1135 § 2 ZVGB für eine im Ausland wohnende Person die Verpflichtung vor, in Ermangelung eines Prozessbevollmächtigten einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen. Kommt er dem nicht nach, verbleiben die für ihn bestimmten gerichtlichen Schriftstücke mit der Wirkung der Zustellung in den Gerichtsakten, worüber die Partei bei der ersten Zustellung zu belehren ist. Zugleich ist die Prozesspartei aber auch über die Möglichkeit zur Einreichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und zu weiteren schriftlichen Erklärungen zu belehren.

Art. 1135 § 2 ZVGB beschneidet das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete rechtliche Gehör nicht unerheblich. Zwar sieht auch die deutsche Verfahrensvorschrift des § 184 ZPO die Verpflichtung einer ausländischen Prozesspartei vor, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Wird ein Zustellungsbevollmächtigter entgegen dieser Verpflichtung nicht benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung allerdings nur dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird (§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO ). Das Schriftstück gilt dann zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO ), wenn das Gericht keine längere Frist bestimmt. Auch nach deutschem Recht ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Allerdings enthält die Vorschrift damit lediglich eine Zustellungsfiktion, zumal die Schriftsätze weiterhin der Prozesspartei übersandt werden. Die nach polnischem Recht bewirkte Zustellung durch Verbleib der Schriftstücke in der Prozessakte geht weit darüber hinaus.

Entscheidend ist in dem hier vorliegenden Einzelfall aber, dass der Antragsgegner auf der Grundlage seiner Aussage und des Angebots zur Mitwirkung an einer Begutachtung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Amtsermittlung noch nicht mit einer abschließenden Entscheidung des polnischen Gerichts rechnen musste. Selbst wenn ihm die unterlassene Übersendung der Schriftstücke im Anschluss an seine Rechtshilfevernehmung wegen der fehlenden Angabe eines Zustellungsbevollmächtigten in Polen zuzurechnen wäre, durfte er zunächst auf eine Begutachtung im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Beweisaufnahme und auf eine spätere Möglichkeit der Teilnahme am Verfahren auf der Grundlage des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens vertrauen. Auch das Unterbleiben eines rechtzeitigen Rechtsmittels durch den Antragsgegner ist deswegen auf die vorzeitige Entscheidung und somit auf den Verstoß des polnischen Amtsgerichts gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zurückzuführen und steht der Ablehnung der Vollstreckbarkeit somit nicht entgegen.

ee)

Der Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist schließlich auch für die zu vollstreckende Entscheidung kausal geworden. Denn wenn das polnische Amtsgericht den Vortrag des Antragsgegners in seinem Statusverfahren zur Kenntnis genommen hätte, hätte es nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot abschließend entscheiden dürfen, sondern ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Ob dieses Gutachten schließlich für oder gegen eine Vaterschaft des Antragsgegners spricht, kann vorab nicht beurteilt werden; die Unsicherheit steht dem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public deswegen nicht entgegen.

Vorinstanz: OLG Köln, vom 17.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 16 W 8/07
Vorinstanz: LG Köln, vom 16.01.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 11/07
Fundstellen
BGHZ 182, 188
FamRBInt 2010, 4
FamRZ 2009, 1816
MDR 2009, 1278
NJW 2009, 3306