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BGH - Entscheidung vom 19.03.2008

2 StR 57/08

Normen:
StGB § 55 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 19.03.2008 - Aktenzeichen 2 StR 57/08

DRsp Nr. 2008/9549

Zäsurwirkung bei mehreren Vorverurteilungen

Ein früheres Urteil hat keine Zäsurwirkung, wenn es mit einer noch früheren Entscheidung gesamtstrafenfähig ist, die infolge der Tatzeit in das jetzige Urteil nicht einbezogen werden kann.

Normenkette:

StGB § 55 Abs. 1 ;

Gründe:

Nachdem das Landgericht Gera den Angeklagten in einem ersten Urteil vom 12. Februar 2007 wegen sieben Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt hatte, hat der Senat jenes Urteil im Ausspruch über eine Einzelstrafe von drei Monaten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben und die Revision des Angeklagten im Übrigen verworfen. Das Landgericht hat nunmehr im Fall II. 3 auf die Mindeststrafe von einem Monat erkannt und erneut eine Gesamtstrafe von vier Jahren verhängt. Soweit sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen die Festsetzung der Einzelstrafe wendet, ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO . Dagegen hält der Gesamtstrafenausspruch erneut rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat von einer Einbeziehung von Einzelstrafen, die durch das Berufungsurteil des Landgerichts Gera vom 4. April 2007 verhängt worden sind, mit der Begründung abgesehen, die dort abgeurteilten Taten seien vor der zeitlich früheren Verurteilung durch das (Berufungs-)Urteil des Landgerichts Gera vom 15. August 2006 begangen worden, denn wenn die neu abzuurteilenden Taten zwischen zwei Vorverurteilungen begangen wurden, scheide eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den in der zweiten Vorverurteilung verhängten Strafen dann aus, wenn die diesen Strafen zugrunde liegenden Taten sämtlich vor der ersten Vorverurteilung begangen wurden (vgl. BGHSt 32, 190 f.; BGH NStZ 2003, 200 f.).

Diese Überlegung des Landgerichts ist zwar grundsätzlich zutreffend. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat zutreffend ausgeführt hat, hat der Tatrichter aber übersehen, dass die der Verurteilung vom 15. August 2006 zugrunde liegende Tat am 28. Juli 2005, mithin ihrerseits vor der noch früheren Verurteilung durch das Landgericht Leipzig vom 10. März 2006 begangen wurde. Das Berufungsurteil vom 15. August 2006 entfaltete aus diesem Grund keine Zäsurwirkung mehr; es hatte bei der Gesamtstrafenbildung außer Betracht zu bleiben. Da von den durch das Urteil vom 4. April 2007 abgeurteilten Taten die ersten drei zeitlich ebenfalls vor dem Urteil vom 10. März 2006 begangen wurden, fielen die nach dem 10. März 2006 begangenen zwei Taten vom 3. Juni und 7. Juli 2006 sowie sämtliche jetzt neu abgeurteilten Taten in den Zeitraum zwischen das eine Zäsur bildende Urteil vom 10. März 2006 und das Urteil vom 4. April 2007. Das Landgericht hätte daher diese zwei Einzelstrafen von jeweils fünf Monaten in die nachträgliche Gesamtstrafenbildung einbeziehen müssen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte durch diesen Rechtsfehler beschwert ist.

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht, da der Rechtsfehler allein die nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe betrifft. Der gemäß §§ 460 , 462 StPO zuständige Beschlussrichter wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden haben. Da das weitere Berufungsurteil des Landgerichts Gera vom 13. April 2007, durch welches erneut eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet wurde, noch nicht rechtskräftig ist, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, wie die Zuordnung der einzubeziehenden Einzelstrafen zu erfolgen und wie der Erfolg der Revision letztlich zu beurteilen sein wird.

Vorinstanz: LG Gera, vom 25.10.2007