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BGH - Entscheidung vom 21.04.2008

AnwZ (B) 82/05

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluß vom 21.04.2008 - Aktenzeichen AnwZ (B) 82/05

DRsp Nr. 2008/11749

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall

1. Von Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist auszugehen, wenn dem zuständigen Gerichtsvollzieher 17 Vollstreckungsaufträge vorliegen.2. Von einer Konsolidierung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse kann nicht ausgegangen werden, wenn die diesen Vollstreckungsaufträgen zugrunde liegenden Forderungen zwar auf etwa die Hälfte zurückgeführt worden sind, es aber an einer umfassenden Darlegung der Vermögensverhältnisse fehlt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe:

I. Der 1949 geborene Antragsteller ist seit 1985 zur Rechtsanwaltschaft und seit 1997 als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht H., den Landgerichten H. und M. sowie bei dem Oberlandesgericht K. zugelassen. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BRAO ). Es hat keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschl. v. 25. März 1991, AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. v. 21. November 1994, AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. v. 26. November 2002, AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577 ).

2. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids am 28. Dezember 2004 vor. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin lagen zu diesem Zeitpunkt der zuständigen Gerichtsvollzieherin 17 Vollstreckungsaufträge gegen den Antragsteller vor. Das stellt der Antragsteller nicht in Abrede. Er räumt vielmehr ein, dass er im Jahre 2004 in finanzielle Bedrängnis geraten sei. Es war seinerzeit auch nicht abzusehen, wann die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wieder geordnet werden könnten. Der Antragsteller hatte zwar nach den Feststellungen der Antragsgegnerin die den Vollstreckungsaufträgen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten von insgesamt 12.000 EUR seinerzeit auf 6.700 EUR zurückgeführt. Er hat der Antragstellerin aber keine umfassende Übersicht über seine Vermögensverhältnisse vorgelegt und auch nicht dargelegt, mit welchen Mitteln er die noch ausstehenden Forderungen würde begleichen können oder dass er sich mit den Gläubigern über eine vollstreckungslose Erfüllung geeinigt hätte. Daran änderte auch der zudem nicht belegte Hinweis des Antragstellers nichts, die Rückstände hätten seinerzeit nur 3.000 EUR betragen. Die noch offenen Forderungen waren zum Teil sehr gering und hätten sich bei geordneten Verhältnissen ohne Weiteres begleichen lassen.

3. Der Widerrufsbescheid der Antragsgegner ist auch nicht wegen nachträglichen Fortfalls des Widerrufsgrunds aufzuheben.

a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Rechtsanwaltskammern kommt es zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihres Erlasses an. Das gilt aber nicht für die Entscheidung über den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Im gerichtlichen Verfahren gegen solche Entscheidungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch zu berücksichtigen, ob der Grund für den Widerruf der Zulassung nachträglich weggefallen ist (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150). Dieser Rechtsprechung des Senats liegt die Überlegung zugrunde, dass der Rechtsanwalt anderenfalls nach der Bestätigung des Widerrufs gleich wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden müsste. Erfolgt der Widerruf wegen Vermögensverfalls, besteht ein Anspruch auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft aber nur, wenn geordnete Vermögensverhältnisse zweifelsfrei wiederhergestellt sind. Deshalb kann ein nachträglicher Wegfall des Vermögensverfalls auch bei der gerichtlichen Überprüfung eines Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur berücksichtigt werden, wenn er zweifelsfrei nachgewiesen wird (Senat, Beschl. v. 25. März 1991, AnwZ (B) 80/90, NJW 1991, 2083 , 2084). Diesen Nachweis hat der Antragsteller nicht geführt.

b) Zwar hat die zuständige Gerichtsvollzieherin am 13. Oktober 2005 und am 1. März 2007 bestätigt, dass zu diesem Zeitpunkt kein Vollstreckungsauftrag (mehr) vorlag. Das allerdings genügt nicht, um den Fortfall des Vermögensverfalls zu belegen. Es muss vielmehr zweifelsfrei feststehen, dass sich die Vermögensverhältnisse nachhaltig gebessert haben (Senat, Beschl. v. 25. März 1991, aaO.). Dies ist nicht der Fall. Im Jahre 2006 ist eine Forderung von 3.649,47 EUR tituliert worden. Diese hat er nicht begleichen können. Nach Mitteilung des zuständigen Gerichtsvollziehers N. vom 19. November 2007 werden derzeit wieder sechs Vollstreckungsaufträge wegen Forderungen von zusammen 11.718,06 EUR gegen den Antragsteller betrieben. Außerdem sind gegen den Antragsteller am 26. und 28. Juni 2007 wegen zweier Forderungen Haftanordnungen ergangen, derentwegen er jetzt in dem Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen ist. Vermögensverfall wird deshalb jetzt auch gesetzlich vermutet.

4. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids nicht vor. Der Vermögensverfall begründet regelmäßig eine solche Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den möglichen Zugriff seiner Gläubiger auf solche Gelder. Angesichts der prekärer gewordenen Lage des Antragstellers ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gefährdet wären.

5. Der Senat konnte ohne den Antragsteller mündlich verhandeln, da der Antragsteller sein neuerliches Ausbleiben trotz entsprechenden Hinweises nicht hinreichend entschuldigt hat.

Vorinstanz: AnwGH Baden-Württemberg, vom 02.08.2005 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 7/05 (I)