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BGH - Entscheidung vom 23.10.2008

II ZR 211/08

Normen:
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1

BGH, Beschluß vom 23.10.2008 - Aktenzeichen II ZR 211/08

DRsp Nr. 2008/21779

Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter

Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Gerichtskosten. Dies ist der Fall, wenn ein Insolvenzgläubiger im Falle des Erfolges der zu erhebenden Klage ein Mehrfaches der von ihm voraussichtlich zu bestreitenden Kosten aus der Insolvenzmasse erhalten würde.

Normenkette:

ZPO § 116 S. 1 Nr. 1 ;

Gründe:

Das Gesuch des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bleibt ohne Erfolg, weil die besonderen Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.

Ein Insolvenzverwalter kann nur dann Prozesskostenhilfe erhalten, wenn den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Prozesskosten aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz ZPO ). Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Gerichtskosten (Sen.Beschl. v. 6. Dezember 2007 - II ZA 12/07, juris, Tz. 2; Beschl. v. 5. November 2007 - II ZR 188/07, DStR 2007, 2338 Tz. 2; Beschl. v. 6. März 2006 - II ZB 11/05, ZIP 2006, 682 , 683 Tz. 9; BGH, Beschl. v. 27. September 1990 - IX ZR 250/89, ZIP 1990, 1490 ; BAG, ZIP 2003, 1947 , 1948).

Bei einer wertenden Abwägung aller Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. Sen.Beschl. v. 6. März 2006 aaO. S. 684 Tz. 15) ist der H. GmbH zuzumuten, die Kosten aufzubringen. Bei einem Erfolg der Klage erhielte sie als Insolvenzgläubigerin rund 110.000,00 EUR und damit mehr als das Fünffache der in der Revisionsinstanz voraussichtlich entstehenden Kosten von rund 20.650,14 EUR. Der Erfolg der Klage vergrößerte die Insolvenzmasse um 290.684,34 EUR auf rund 300.000,00 EUR. Abzüglich der Gerichtskosten, der Vergütung des Insolvenzverwalters und seiner Auslagen, die sich gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber der Berechnung des Klägers wegen der Vergrößerung der Insolvenzmasse auf zusammen rund 100.000,00 EUR erhöhten, und den Verbindlichkeiten nach § 55 InsO von knapp 20.000,00 EUR verblieben rund 180.000,00 EUR. Die Gläubiger könnten bei festgestellten Forderungen von rund 1.800.000,00 EUR eine Quote von 10 % erwarten, die H. GmbH rund 110.000,00 EUR. Selbst bei Annahme eines Prozess- und Vollstreckungsrisikos von 50 % erhielte sie mit rund 42.000,00 EUR noch mehr als das Doppelte der Kosten. Bei einer Insolvenzmasse von rund 157.000,00 EUR wären abzüglich 88.000,00 EUR für Kosten und Verbindlichkeiten nach §§ 54 , 55 InsO 69.000,00 EUR zu verteilen, von denen auf die H. GmbH rund 42.000,00 EUR entfielen. Der Koordinierungsaufwand des Klägers ist gering, weil er die Leistung eines Kostenvorschusses nur mit ihr abstimmen muss. Sie ist die einzige Insolvenzgläubigerin, die aus der Fortsetzung des Verfahrens einen so hohen Nutzen ziehen kann, dass das Aufbringen der Kosten zumutbar ist.

Vorinstanz: OLG Dresden, vom 07.08.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 1317/07
Vorinstanz: LG Dresden, vom 13.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 44 O 93/04