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BGH - Entscheidung vom 06.05.2008

1 StR 176/08

Normen:
StGB § 52 Abs. 1 § 78 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 06.05.2008 - Aktenzeichen 1 StR 176/08

DRsp Nr. 2008/11493

Verjährung bei Tateinheit

Die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert.

Normenkette:

StGB § 52 Abs. 1 § 78 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Fälle II. 2. - 4. der Urteilsgründe; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

I. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen in den vorgenannten Fällen jeweils tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen Bestand hat, da insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Er hat dazu ausgeführt:

"Das Landgericht hat in den genannten Fällen als Tatzeiten einen Zeitraum 'vom 06.04.1998 bis Oktober/November 1999' festgestellt (UA S. 10). Die erste zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung im vorliegenden Strafverfahren sowie im Ermittlungsverfahren 459 Js ..... der Staatsanwaltschaft München I, das wegen der nämlichen prozessualen Taten gegen den Angeklagten geführt, jedoch bereits am 08.02.2001 eingestellt worden war, war der Haftbefehl vom 23.05.2006 (I 87). Zu diesem Zeitpunkt war die für § 174 Abs. 1 StGB und § 223 Abs. 1 StGB geltende fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB ) bereits abgelaufen. Dass diese Vorwürfe jeweils mit dem nicht verjährten sexuellen Missbrauch eines Kindes in den unter II. 2. festgestellten zwei Fällen oder dem schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in den unter II. 3. und 4. festgestellten sieben Fällen in Tateinheit stehen, ist insoweit ohne Bedeutung; denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 78a Rdn. 5 m.w.N.).

Die Anwendung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist, dass nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 01.04.2004 bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 12; BGH, Beschl. vom 28.06.2005 - 3 StR 178/05).

Danach ist der Angeklagte in den beiden Fällen II. 2. der Urteilsgründe jeweils allein des sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB a. F. und in den sieben Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe jeweils allein des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig."

II. Der Senat hat dementsprechend den Schuldspruch geändert und neu gefasst.

Die Korrektur des Schuldspruchs nötigt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Sowohl die Einzelstrafen wie auch die Gesamtstrafe können bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO ). Zwar hat das Landgericht bei den Einzelstrafaussprüchen strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte tateinheitlich mehrere Delikte verwirklicht hat, also strafschärfend auch auf die verjährten Taten abgestellt. Angesichts der jeweiligen Tatbilder, welche in mindestens drei Fällen zusätzlich noch die Begehung einer Vergewaltigung nahe legen, schließt der Senat jedoch aus, dass das Landgericht ohne die tateinheitlich begangenen, verjährten Straftaten des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen auf niedrigere Einzel- oder auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

Vorinstanz: LG München I, vom 10.08.2007