Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 02.04.2008

5 StR 529/07

Normen:
StPO § 260 Abs. 3

BGH, Beschluß vom 02.04.2008 - Aktenzeichen 5 StR 529/07

DRsp Nr. 2008/10221

Verhältnis Freispruch - Einstellung bei Tateinheit

Es ist auf Freispruch und nicht auf Einstellung des Verfahrens zu erkennen, wenn bei rechtlichem Zusammentreffen eines schwereren und eines leichteren Vorwurfs der schwerere nicht nachweisbar, der leichtere aber wegen eines Prozesshindernisses nicht verfolgbar ist.

Normenkette:

StPO § 260 Abs. 3 ;

Gründe:

1. Das Landgericht hat den mit der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss erhobenen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern (Tatzeit bis zum 2. Oktober 1990) nach § 148 Abs. 2 StGB -DDR für nicht erwiesen gehalten und die Verfolgung der Taten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 148 Abs. 1 StGB -DDR zutreffend als verjährt angesehen. Das Verfahren hat es insoweit nach § 260 Abs. 3 StPO eingestellt. Für vier weitere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 StGB a.F. (Tatzeit zwischen 4. Oktober 1990 und 17. Januar 1991) hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren (Einzelfreiheitsstrafen jeweils drei Jahre) verhängt.

2. Im Blick darauf, dass die schweren psychischen Folgeschäden der Nebenklägerin erst viele Jahre nach Beendigung der nach DDR-Recht begangenen Taten diagnostiziert wurden, nimmt der Senat hin, dass die Strafkammer die Voraussetzungen des § 148 Abs. 2 StGB -DDR nicht bejaht hat (vgl. hierzu die Zuschrift des Generalbundesanwalts). In der Einstellung des Verfahrens liegt jedoch ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auf Freispruch und nicht auf Einstellung des Verfahrens zu erkennen ist, wenn bei rechtlichem Zusammentreffen eines schwereren und eines leichteren Vorwurfs der schwerere nicht nachweisbar, der leichtere aber wegen eines Prozesshindernisses nicht verfolgbar ist (vgl. BGHSt 36, 340).

3. Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe hat keinen Bestand. Bei ihrer Bemessung sind zum einen in gewissem Widerspruch zur Verneinung des § 148 Abs. 2 StGB -DDR die schweren psychischen Folgeschäden berücksichtigt worden. Auch ist zu besorgen, dass der ganz erhebliche zeitliche Abstand zu den Taten, bei denen erst zehn Tage vor Eintritt der absoluten Verjährung der Ablauf der Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 1 StGB unterbrochen wurde, nicht ausreichend berücksichtigt worden ist.

Hingegen haben angesichts der sonst rechtsfehlerfrei angenommenen Strafschärfungsgründe die verhängten Einzelfreiheitsstrafen Bestand. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung hieraus eine niedrigere Gesamtstrafe als fünf Jahre Freiheitsstrafe gebildet hätte und setzt diese angesichts der bislang verstrichenen erheblichen Zeit seit Tatbegehung, um das Verfahren nunmehr zum Abschluss zu bringen, selbst fest (§ 354 Abs. 1 StPO analog).

Vorinstanz: LG Berlin, vom 10.05.2007