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BGH - Entscheidung vom 20.11.2008

IX ZB 87/07

Normen:
InsVV § 11 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 20.11.2008 - Aktenzeichen IX ZB 87/07

DRsp Nr. 2008/24044

Vergütung des Insolvenzverwalters in Übergangsfällen

Aus § 19 Abs. 2 InsVV ergibt sich keine Rückwirkung für die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 InsVV . Jedenfalls auf Vergütungen aus vorläufigen Insolvenzverwaltungen, die vor dem 29.12.2006 begannen und geendet haben, ist die zuvor geltende Fassung des § 11 Abs. 1 InsVV weiter anzuwenden (BGH - IX ZB 35/05 - 23.10. 2008).

Normenkette:

InsVV § 11 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Der weitere Beteiligte wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 28. Januar 1999 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt; zugleich wurde ein Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO angeordnet. Am 1. März 1999 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Am 6. Dezember 2004 beantragte der weitere Beteiligte, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 33.267,45 EUR zuzüglich 511,29 EUR Auslagen und 16 % Umsatzsteuer festzusetzen, zusammen 39.183,34 EUR.

Das Insolvenzgericht hat mit Beschluss vom 2. Februar 2005 die Vergütung auf 11.089,15 EUR und die Auslagen auf 511,29 EUR festgesetzt, jeweils zuzüglich 16 % Umsatzsteuer, zusammen 13.456,51 EUR.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 3. April 2007 zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der vorläufige Insolvenzverwalter seinen Vergütungsfestsetzungsantrag in vollem Umfang weiter.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der kraft Gesetzes - hier gemäß §§ 6, 7 , 64 Abs. 3 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO - statthaften Rechtsbeschwerde beurteilen sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über dieses Rechtsmittel (BGH, Beschl. v. 23. September 2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781 , 3782 unter 3. a. E.; v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 35/05 z.V.b.). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist geklärt, ohne dass die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Blick auf die Beschwerdeentscheidung zum Nachteil des Beschwerdeführers berührt wäre. Er ist auch nicht in einem Verfahrensgrundrecht verletzt.

1. Die Frage, in welchem Umfang sich aus der Übergangsregelung des § 19 Abs. 2 InsVV eine Rückwirkung ergibt, ist geklärt. Jedenfalls auf Vergütungen aus vorläufigen Insolvenzverwaltungen, die vor dem 29. Dezember 2006 begonnen und geendet haben, ist die zuvor geltende Fassung des § 11 Abs. 1 InsVV weiter anzuwenden. § 19 Abs. 2 InsVV bezieht sich lediglich auf § 11 Abs. 2 InsVV , die Nachbewertung des Schuldnervermögens, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters erstreckte (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 35/05 aaO.). Erst recht gilt dies in den Fällen, in denen - wie hier - schon die Erste Verordnung zur Änderung der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2569) gemäß § 19 Abs. 1 InsVV keine Anwendung findet (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 55/05).

Im Beschwerdefall bleibt es demgemäß bei den Grundsätzen der Senatsbeschlüsse vom 14. Dezember 2005 (BGHZ 165, 266 ) und 13. Juli 2006 (BGHZ 168, 321 ). Wie die Rechtsbeschwerde selbst ausführt, steht die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Einklang mit diesen Grundsätzen.

2. Da § 11 Abs. 1 InsVV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung nicht anwendbar ist, kommt die Zulässigkeit entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Einheitlichkeitssicherung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Altern. 2 ZPO ) in Betracht; das Beschwerdegericht hat die Vorschrift zutreffend nicht angewandt.

3. Die vorsorglich geltend gemachte Divergenz zu der Rechtsprechung des Senats, wonach bei der Beurteilung der geltend gemachten Zuschläge nicht auf den formalen Gesichtspunkt abgestellt werden darf, dass im vorliegenden Fall kein Übergang der Verfügungsbefugnis, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet war, liegt nicht vor. Die Rechtsbeschwerde hat diese Grundsätze zwar zutreffend dargelegt (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 268/04, ZIP 2006, 625 , 627 Rn. 14; v. 13. April 2006 - IX ZB 158/05, ZIP 2006, 1008 , 1009 Rn. 7). Hiervon ist das Beschwerdegericht jedoch nicht abgewichen. Es hat den Umstand, dass ein Zustimmungsvorbehalt und nicht ein Verfügungsverbot für den Schuldner angeordnet war, lediglich zutreffend bei dem Haftungsrisiko des vorläufigen Insolvenzverwalters berücksichtigt.

Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist im Übrigen grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie eine Gefahr der Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschl. v. 14. Februar 2008 - IX ZB 181/04, ZIP 2008, 618 , 619 Rn. 3; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4; v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 29/05). Dies ist hier nicht der Fall.

4. Das Grundrecht des weiteren Beteiligten auf rechtliches Gehör hat das Beschwerdegericht entgegen der weiteren vorsorglichen Rüge nicht verletzt. Da § 11 Abs. 1 InsVV in der ab dem 29. Dezember 2006 geltenden Fassung hier keine Anwendung findet, hatte das Beschwerdegericht ihn auch nicht auf dessen Geltung hinzuweisen.

Vorinstanz: LG Gera, vom 03.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 5 T 200/05
Vorinstanz: AG Gera, vom 02.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 8 IN 37/99