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BGH - Entscheidung vom 10.07.2008

4 StR 157/08

Normen:
StGB § 176 Abs. 3 (a.F.)

BGH, Beschluß vom 10.07.2008 - Aktenzeichen 4 StR 157/08

DRsp Nr. 2008/16187

Tenor bei Vorliegen eines besonders schweren Falls

Da es sich bei § 176 Abs. 3 StGB a.F. nicht um einen Qualifizierungstatbestand handelte, ist die Tat im Tenor nicht als besonders schwerer Fall zu bezeichnen.

Normenkette:

StGB § 176 Abs. 3 (a.F.) ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "sexuellen Missbrauchs von Kindern in 15 Fällen, davon neun in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, von denen drei besonders schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern darstellen" (Fälle 1 bis 15 der Urteilsgründe) unter Einbeziehung von Strafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und versuchtem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat, muss die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in neun Fällen (Fälle 1 bis 8 und 10 der Urteilsgründe) entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Zu entfallen hat auch der die Fälle 2, 8 und 10 betreffende Zusatz in der Urteilsformel "von denen drei besonders schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern darstellen", weil es sich bei § 176 Abs. 3 StGB a.F. nicht um einen Qualifizierungstatbestand handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2000 - 2 StR 612/99; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 25).

2. Soweit der Angeklagte im Fall 15 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil des Dominic R.) verurteilt worden ist, muss das Urteil aufgehoben werden, weil nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, dass der Geschädigte noch nicht 14 Jahre alt war. Als Tatzeit ist ein "nicht näher bestimmbarer Tag zwischen dem 11.03.1998 und dem 10.03.2002" (vermutlich dem 14. Geburtstag des Kindes) festgestellt (UA 13). In der rechtlichen Würdigung ist im Hinblick auf die Kenntnis des Angeklagten vom Alter des Tatopfers ausgeführt, dass der Angeklagte "wissen musste, dass der geschädigte Dominic R. als Klassenkamerad seiner Pflegetochter auch ungefähr das gleiche Alter haben würde" (UA 37). Abgesehen davon, dass die Formulierung, er habe "wissen müssen", einen (zumindest) bedingten Vorsatz nicht belegt, ist festgestellt, dass die Pflegetochter des Angeklagten am 16. September 1985 geboren ist (UA 6), sie also am Ende des möglichen Tatzeitraums bereits 16 1/2 Jahre alt war.

In der neuen Verhandlung werden daher - sofern das Verfahren insoweit nicht nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt werden kann - nähere Feststellungen zum subjektiven Tatbestand des § 176 Abs. 1 StGB und möglichst auch zur Tatzeit zu treffen sein. Insoweit muss jedenfalls sicher feststehen, dass der Geschädigte noch nicht 14 Jahre alt war.

3. Da das Landgericht mehrfach die jeweils (verjährte) tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen strafschärfend herangezogen hat (UA 40 f.), müssen die Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 8 und 10 der Urteilsgründe aufgehoben werden. Dies zieht - auch weil die Verurteilung im Fall 15 keinen Bestand hat - die Aufhebung der für die Fälle 1 bis 15 (und die einbezogenen Strafen) gebildeten Gesamtstrafe nach sich.

Vorinstanz: LG Saarbrücken, vom 14.12.2007