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BGH - Entscheidung vom 29.07.2008

XI ZR 394/06

Normen:
RBerG Art. 1 § 1
BGB § 171 § 172

BGH, Urteil vom 29.07.2008 - Aktenzeichen XI ZR 394/06

DRsp Nr. 2008/17336

Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer Treuhandvollmacht wegen Verstoßes gegen das RBerG

1. Derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Fondsbeitritts oder Erwerbs einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Steuersparmodells für den Auftraggeber besorgt, bedarf der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG . Ein ohne dieser Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag und eine umfassende Vollmacht zum Abschluss aller mit dem Erwerb oder der Finanzierung des Anlageobjekts zusammenhängenden Verträge bzw. Rechtshandlungen sind nichtig.2. Der Treuhänder ist nur dann zur Vertretung des Darlehensnehmers gem. § 171 Abs. 1 , § 172 Abs. 1 BGB im Verhältnis zur finanzierenden Bank befugt, wenn er eine Ausfertigung der ihn als Vertreter ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde spätestens bei Abschluss des Endfinanzierungsvertrages in Händen hatte. Ist dies nicht der Fall, so kann von einer wirksamen Vertretung nicht ausgegangen werden.3. Der Darlehensnehmer ist nur dann nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB gehindert, sich auf die Nichtigkeit der Treuhandvollmacht zu berufen, wenn er selbst mit der finanzierenden Bank in Kontakt getreten ist und dabei eigenständige Willenserklärungen abgegeben hat, an denen er sich festhalten lassen muss.

Normenkette:

RBerG Art. 1 § 1 ; BGB § 171 § 172 ;

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Zinsen für ein Darlehen, das ihm die beklagte Bank zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung gewährt hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der damals 30-jährige Kläger, ein kaufmännischer Angestellter, wurde im Jahre 1991 geworben, zum Zweck der Vermögensbildung und Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung (Studentenappartement) in S. zu erwerben. Mit notarieller Urkunde vom 25. Oktober 1991 beauftragte er die H. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin), alle für den Erwerb der Immobilie einschließlich ihrer Finanzierung erforderlichen Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen vorzunehmen und erteilte ihr eine umfassende Vollmacht. Die Treuhänderin, die keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, schloss im Namen des Klägers mit der Beklagten am 15./29. November 1991 einen Zwischenfinanzierungsvertrag über 133.723 DM und im Dezember 1991 einen Endfinanzierungsvertrag über dieselbe Summe. Die Darlehen wurden valutiert.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 1991 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Treuhänderin für ihn einen Antrag auf Abschluss des Endfinanzierungsvertrages gestellt und ein Konto bei ihr eröffnet habe. Ferner heißt es in dem Formularschreiben an die Anleger:

"Da der Treuhänder über das vorgenannte Konto nur für einen bestimmten Zeitraum (Baumaßnahme) bevollmächtigt ist, ein Konto jedoch für den gesamten Zeitraum notwendig wird, fügen wir bereits heute einen Kontoeröffnungsantrag bei.

Wir bitten Sie, diesen zu unterzeichnen und an uns zurückzugeben."

Ob der Kläger dem entsprochen hat und der Zwischenkredit von der Beklagten gegebenenfalls erst danach abgelöst worden ist, ist streitig.

Der Kläger hält den Endfinanzierungsvertrag mangels Wirksamkeit der der Treuhänderin erteilten umfassenden Vollmacht für nichtig. Er verlangt daher von der Beklagten die Rückzahlung der in dem Zeitraum von 2000 bis einschließlich 2004 vertragsgemäß geleisteten Zinsen über insgesamt 25.468,30 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat - zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ) gegen die Beklagte zu. Zwar sei der umfassende Geschäftsbesorgungsvertrag mitsamt der der Treuhänderin erteilten Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig, so dass der Kläger bei Abschluss des streitgegenständlichen Endfinanzierungsvertrages nicht wirksam vertreten worden sei. Der schwebend unwirksame Vertrag sei von dem Kläger auch nicht ausdrücklich oder konkludent genehmigt worden.

Der Berufung des Klägers auf die Nichtigkeit des Darlehensvertrages stehe aber der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB ) entgegen. Die Beklagte habe mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1991 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihr die umfassende Treuhandvollmacht für die Abwicklung der Endfinanzierung nicht ausreiche, sondern der betroffene Anleger selbst eine Vertragserklärung in Form eines Kontoeröffnungsantrags abgeben solle. Da die Beklagte sonst zur Ablösung des Zwischenfinanzierungskredits grundsätzlich nicht bereit gewesen wäre, sei davon auszugehen, dass sie von dem Kläger ein entsprechendes Einverständnis erhalten und erst danach das endgültige Darlehen gewährt habe. Damit setze sich der Kläger in Widerspruch, wenn er sich nunmehr auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages berufe. Der Vertrag sei deshalb gemäß § 242 BGB als wirksam zu behandeln, sodass ein Bereicherungsanspruch nicht bestehe.

II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Kläger von der Treuhänderin bei Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages nicht wirksam vertreten worden ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Fondsbeitritts oder Erwerbs einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Steuersparmodells für den Auftraggeber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz . Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag und eine umfassende Vollmacht zum Abschluss aller mit dem Erwerb oder der Finanzierung des Anlageobjekts zusammenhängenden Verträge bzw. Rechtshandlungen sind nichtig (st.Rspr., vgl. etwa BGHZ 145, 265 , 269 ff.; 159, 294, 299; 167, 223, 227 Tz. 12; Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 341/05, WM 2007, 440 , 441 Tz. 14, vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731 , 732 Tz. 15, vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244 , 245 Tz. 15, für BGHZ 174, 334 vorgesehen, und vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683 , 686 Tz. 26, m.w.Nachw.). Der vorliegende Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht haben, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unbeanstandet festgestellt hat, einen solchen umfassenden Charakter. Da die Treuhänderin keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß, konnte sie den Kläger somit bei Abschluss des endgültigen Darlehensvertrages nicht wirksam vertreten.

2. Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der schwebend unwirksame Darlehensvertrag nicht durch eine Genehmigung des vollmachtlosen Vertreterhandelns der Treuhänderin wirksam geworden ist (§ 177 Abs. 1 , § 184 Abs. 1 BGB ). Eine hier allenfalls in Betracht zu ziehende konkludente Genehmigung setzt im Allgemeinen voraus, dass der Genehmigende die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages bzw. Rechtsgeschäftes kennt oder zumindest mit ihr rechnet (st.Rspr., BGHZ 159, 294 , 304; siehe ferner Senatsurteile vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503 und vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731 , 732 Tz. 17). Dies ist von der Beklagten nicht vorgetragen und infolgedessen vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden.

3. Indessen wendet sich die Revision zu Recht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Berufung des Klägers auf die Nichtigkeit des Darlehensvertrages mit seinem früheren Verhalten nicht vereinbar sei und deshalb gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB ) verstoße.

a) Das Rechtsberatungsgesetz bezweckt, zum Schutz des Rechtssuchenden und auch im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des Rechtsverkehrs, fachlich ungeeignete und unzuverlässige Personen von der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten fernzuhalten (BVerfG NJW 2002, 1190 m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 37, 258, 262). Zwar geht der persönliche Schutz des Auftraggebers nicht so weit, dass ihm das verbotswidrige Vertreterhandeln des Beauftragten generell nicht zuzurechnen ist. Vielmehr kann die nichtige Vollmacht im Interesse des Verkehrsschutzes nach den Vorschriften der §§ 171 , 172 BGB oder nach den allgemeinen Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht im Verhältnis zu dem gutgläubigen Vertragspartner als wirksam anzusehen sein (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteile vom 25. März 2003 - XI ZR 227/02, WM 2003, 1064 , 1065 f., vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72 , 73, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520 , 1522 und vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683 , 686 Tz. 28). Außerhalb des auf Rechtsscheinsgesichtspunkten beruhenden Vertrauensschutzes müssen aber unter Berücksichtigung des Verhaltens des Auftraggebers besondere Gründe vorliegen, die es bei Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls sachlich rechtfertigen, die Interessen des redlichen Vertragspartners für schutzwürdiger zu erachten als die des nur scheinbar wirksam vertretenen Auftraggebers (BGHZ 159, 294 , 305).

So hat der erkennende Senat etwa die Berufung des vertretenen Darlehensnehmers auf die Nichtigkeit des vollmachtlosen Endfinanzierungsvertrages gemäß § 242 BGB ausnahmsweise für treuwidrig gehalten, weil er den Zwischenfinanzierungsvertrag, in dem festgelegt war, dass die endgültigen Kreditkonditionen zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart werden sollten, mit der beklagten Bank selbst abgeschlossen und sich damit in Bezug auf die spätere Vertretung durch den Treuhänder bereits weitgehend gebunden hatte (Senatsurteil vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, WM 2004, 21 , 24). Aus der maßgeblichen Sicht der Bank konnte es deshalb nicht zweifelhaft sein, dass der Darlehensnehmer damit zugleich die rechtliche Grundlage für die ins Auge gefasste endgültige Kreditgewährung schaffen wollte (Senatsurteil vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 504). Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz hatte daher nicht wie üblicherweise zur Folge, dass der Auftraggeber den typischen Gefahren einer laienhaften Rechtsberatung ausgesetzt war.

b) Gemessen daran ist der Kläger hier nicht ausnahmsweise gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf die Nichtigkeit des Kreditgeschäfts zu berufen und seinen Bereicherungsanspruch gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Selbst wenn der Kläger, wie das Berufungsgericht letztlich nur vermutet hat, den mit Schreiben der Beklagten vom 19. Dezember 1991 übersandten Kontoeröffnungsantrag zwar erst nach Abschluss des Endfinanzierungsvertrages, aber noch vor Ablösung des Zwischenkredits gestellt haben sollte, so lag darin aus der maßgebenden Sicht der Beklagten keine eigenständige Willenserklärung, an die sich der Kläger nach Treu und Glauben festhalten lassen muss. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass die Beklagte die umfassende notarielle Treuhandvollmacht, wie schon bei Abschluss des Zwischen- und Endfinanzierungsvertrages, für wirksam hielt. Andernfalls hätte sie den Kläger nicht ausdrücklich auf deren zeitliche Beschränkung hingewiesen und allein im Hinblick hierauf die Bitte geäußert, den bereits von der Treuhänderin gestellten Kontoeröffnungsantrag durch einen eigenen Antrag zu ersetzen. Die Beklagte hat die Erfüllung des Endfinanzierungsvertrages damit nicht, etwa um sich vorsichtshalber vor den Rechtsfolgen eines etwaigen vollmachtlosen Handelns der Treuhänderin zu schützen, von einer selbstbestimmten Mitwirkungshandlung des Klägers abhängig gemacht. Seinem klaren und eindeutigen Wortlaut entsprechend betraf das Schreiben vielmehr nur die Vertragsabwicklung. Dem Kläger, der - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - mit einem etwaigen Kontoeröffnungsantrag das vollmachtlose Handeln der Treuhänderin nicht stillschweigend genehmigen wollte, war daher die Vorstellung fremd, eine für die Wirksamkeit des Darlehensvertrages rechtlich relevante Willenserklärung abzugeben. Davon, dass sich der Kläger mit seinem Nichtigkeitseinwand widersprüchlich oder sonst treuwidrig verhält, kann danach keine Rede sein.

c) Der Einwand der Revisionserwiderung, der Kläger hätte auf das Schreiben der Beklagten vom 19. Dezember 1991 hin deutlich zum Ausdruck bringen müssen, dass er das Vertreterhandeln der Treuhänderin nicht gegen sich gelten lassen wollte, greift nicht. Ein illoyales Verhalten ist dem Kläger auch insoweit nicht vorzuwerfen. Da er den umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag mitsamt der Vollmacht ebenso wie die Beklagte für wirksam hielt und dies dem damaligen allgemeinen Rechtsverständnis entsprach (siehe etwa Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520 , 1522 m.w.Nachw.), fehlt dafür bereits die notwendige Tatsachengrundlage.

III. Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO ).

Die Treuhänderin wäre allerdings zur Vertretung des Klägers gemäß § 171 Abs. 1 , § 172 Abs. 1 BGB im Verhältnis zur Beklagten befugt gewesen, wenn sie eine Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde spätestens bei Abschluss des Endfinanzierungsvertrages in Händen hatte (st.Rspr., siehe z.B. Senat BGHZ 161, 15 , 29 und Urteile vom 9. November 2003 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72 , 75 sowie vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244 , 245 Tz. 16, für BGHZ 174, 334 vorgesehen, jeweils m.w.Nachw.; siehe ferner Senatsurteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 149/07, Umdruck S. 9 Tz. 18).

Davon kann indes nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden. Zwar hat die Beklagte unter Beweisantritt behauptet, sie sei bei Abschluss des Endfinanzierungsvertrages im Besitz einer Ausfertigung des Treuhandvertrages nebst notarieller Vollmacht gewesen. Das Berufungsgericht hat dazu aber - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen, sondern die entscheidungserhebliche Frage ausdrücklich offen gelassen.

IV. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 BGB ).

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 31.10.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 17 U 217/06
Vorinstanz: LG Mannheim, vom 21.04.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 466/05