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BGH - Entscheidung vom 04.03.2008

3 StR 559/07

Normen:
StPO § 256 Abs. 1 Nr. 2

Fundstellen:
NStZ 2008, 474
StV 2008, 341
StraFo 2008, 246

BGH, Beschluß vom 04.03.2008 - Aktenzeichen 3 StR 559/07

DRsp Nr. 2008/8559

Keine Verlesung zum Nachweis des Sexualdelikts

Die Verlesung eines privatärztlichen Attestes gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO über die an und in der Scheide des Opfers festgestellten Verletzungen darf nicht erfolgen, um den Nachweis eines Sexualdelikts führen zu können.

Normenkette:

StPO § 256 Abs. 1 Nr. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung und wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge teilweise Erfolg.

1. Hinsichtlich der Verurteilung wegen schwerer Vergewaltigung zu einer Einzelstrafe von drei Jahren hat die Überprüfung aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dass das Landgericht die Tat, bei der der Angeklagte einen 20 bis 30 Zentimeter langen Schraubendreher auf das Opfer richtete, "um seiner nachfolgenden Drohung gegebenenfalls mehr Gewicht verleihen zu können", und auch während des erzwungenen Oralverkehrs das Werkzeug nicht aus der Hand legte, nicht als besonders schwere Vergewaltigung (§ 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ) beurteilt hat, beschwert den Angeklagten nicht.

2. Soweit der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist, rügt die Revision mit Erfolg, dass das Landgericht durch die Verlesung des privatärztlichen Attestes über die an und in der Scheide des Opfers festgestellten Verletzungen gegen § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO verstoßen hat. Sie diente dem Nachweis eines Sexualdelikts. Die Voraussetzungen, unter denen § 256 StPO in Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes einen Urkundenbeweis zulässt, waren damit nicht gegeben. Der Senat kann ein Beruhen der Verurteilung auf diesem Fehler nicht ausschließen. Der Angeklagte hat eine Tatbegehung bestritten. Das Landgericht hat seine Überzeugung davon, dass der Angeklagte mit dem Finger in die Scheide des knapp vier Jahre alten Mädchens eingedrungen ist, erkennbar durch die Art der festgestellten Verletzung gewonnen. Dass es die Kenntnis davon allein durch die zeugenschaftlichen Bekundungen der Kindesmutter über den Ablauf und die Ergebnisse der Untersuchung gewonnen haben könnte, liegt fern; vielmehr wird in den Urteilsgründen die ärztliche Diagnose wörtlich und unter Angabe der Aktenfundstelle wiedergegeben.

Auf die übrigen, durchweg unbehelflichen Revisionsrügen kommt es nicht an.

Vorinstanz: LG Aurich, vom 17.10.2007
Fundstellen
NStZ 2008, 474
StV 2008, 341
StraFo 2008, 246