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BGH - Entscheidung vom 21.10.2008

1 StR 536/08

Normen:
StPO § 53 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 203

Fundstellen:
NStZ-RR 2009, 15
StraFo 2009, 64

BGH, Beschluß vom 21.10.2008 - Aktenzeichen 1 StR 536/08

DRsp Nr. 2008/20072

Keine Schweigepflicht bei Gerichtsgutachten

§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO und § 203 StGB haben bei im Auftrag des Gerichts oder der Ermittlungsbehörden erstatteten Gutachten keine Bedeutung, weil die sonst erforderliche Zustimmung zur Preisgabe von Geheimnissen durch die damit einhergehende gesetzliche Duldungspflicht ersetzt wird.

Normenkette:

StPO § 53 Abs. 1 Nr. 3 ; StGB § 203 ;

Gründe:

Ergänzend zu den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 23. September 2008 bemerkt der Senat:

1. Soweit die Verteidiger Rechtsanwalt Prof. Dr. F. und Rechtsanwältin C. offenbar die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 6 EMRK wie folgt begründen (RB S. 29): "Des weiteren ist die 'Antragsschrift im Sicherungsverfahren gemäß § 413 StPO ' weder bei der Zustellung des schriftlichen Exemplars (§ 201 Abs. 1 StPO ) noch bei der Verlesung des Anklagesatzes nicht ordnungsgemäß übersetzt gewesen (BGH StV 1993, 2 = BGHR StPO § 243 Abs. 3 Anklagesatz 1)", ist diese Behauptung ausweislich der Sachakten (SA II S. 413, 422) offensichtlich wahrheitswidrig (hinsichtlich der doppelten Verneinung geht der Senat von einem Schreibversehen aus).

Ebenso falsch ist die weitere nachfolgende Behauptung (RB S. 29): "Ein Dolmetscher war an keinem Tag der Hauptverhandlung anwesend. Das ergibt sich aus den Protokollen". Das Protokoll des 1. Verhandlungstages nennt als gegenwärtige Personen u.a.: D. ... als Dolmetscherin für die türkische Sprache! Auch die Hauptverhandlungsprotokolle der nächsten Verhandlungstage enthalten entsprechende Anwesenheitsvermerke.

2. Hinsichtlich der weiteren Rüge der Verteidigung, das Gericht hätte "nicht verwertbare Passagen" aus dem Gutachten des Sachverständigen A. seiner Entscheidung zugrunde gelegt, weil dieser in seinem Gutachten Angaben des Angeklagten sowie Erkenntnisse aus den Krankenakten zugrunde gelegt habe, hinsichtlich derer der Angeklagte sein ursprünglich gegebenes Einverständnis widerrufen und einer Verwertung widersprochen habe, liegt kein Verstoß gegen § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO und mithin auch keine wie auch immer geartete Straftat des Sachverständigen nach § 203 StGB vor; denn die Befragungen und Untersuchungen dienten der Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Angeklagten. Unabhängig davon, ob das erklärte Einverständnis in diesem Fall vor oder während der Erstattung des Gutachtens überhaupt noch wirksam widerrufen werden kann, wird jedenfalls für das im Auftrag des Gerichts oder der Ermittlungsbehörden erstattete Gutachten die sonst erforderliche Zustimmung zur Preisgabe von Geheimnissen durch die damit einhergehende gesetzliche Duldungspflicht ersetzt, weil hier das staatliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts vorgeht (BGH NStZ 2002, 214 , 215; BeckOK-StPO/Huber § 53 StPO Rdn. 18).

Vorinstanz: LG Traunstein, vom 11.04.2008
Fundstellen
NStZ-RR 2009, 15
StraFo 2009, 64