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BGH - Entscheidung vom 28.05.2008

2 StR 164/08

Normen:
JGG § 67 Abs. 1

Fundstellen:
NStZ-RR 2008, 291
StRR 2008, 282
StV 2009, 88

BGH, Beschluß vom 28.05.2008 - Aktenzeichen 2 StR 164/08

DRsp Nr. 2008/12171

Erteilung des letzten Wortes von Amts wegen

Dem in der Hauptverhandlung anwesenden Erziehungsberechtigten ist das letzte Wort nicht nur auf Verlangen, sondern von Amts wegen zu erteilen.

Normenkette:

JGG § 67 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung mit Todesfolge unter Einbeziehung einer jugendgerichtlichen Verurteilung, mit der der Angeklagte verwarnt und ihm Arbeitsstunden auferlegt wurden, zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

Zu Recht beanstandet die Revision, dass der in der Hauptverhandlung anwesenden erziehungsberechtigten Mutter des Angeklagten entgegen § 67 Abs. 1 JGG , § 258 Abs. 2 und Abs. 3 StPO das letzte Wort nicht gewährt worden ist; dieses war ihr jedoch nicht nur auf Verlangen, sondern von Amts wegen zu erteilen (BGHSt 21, 288 , 289; BGH NStZ 2000, 435 f.; BGHR JGG § 67 Erziehungsberechtigter 2). Der Verfahrensverstoß ist durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen.

Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist nicht ausnahmsweise davon auszugehen, dass das Urteil nicht auf der Unterlassung beruht. Daraus, dass die Mutter des die Tat bestreitenden Angeklagten eine Zeugenaussage unter Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht abgelehnt hatte, lässt sich nicht schließen, dass sie ebenso wenig von der Möglichkeit des letzten Wortes zu Gunsten ihres Sohnes Gebrauch gemacht hätte. Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen und letztes Wort der Erziehungsberechtigten sind von ihrer rechtlichen Funktion und Bedeutung her nicht vergleichbar.

Der Verfahrensverstoß führt hier auch zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der Senat kann angesichts der schwierigen Beweislage, die besonders sorgfältiger Erörterungen bei der Beweiswürdigung, namentlich auch zum Vorsatz bedurfte, nicht ausschließen, dass die Mutter des Angeklagten bei Erteilung des letzten Wortes Ausführungen hätte machen können, die Einfluss auf den Schuldspruch haben konnten.

Vorinstanz: LG Erfurt, vom 24.10.2007
Fundstellen
NStZ-RR 2008, 291
StRR 2008, 282
StV 2009, 88