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BGH - Entscheidung vom 16.07.2008

IV ZR 309/07

Normen:
ZPO § 767

BGH, Beschluß vom 16.07.2008 - Aktenzeichen IV ZR 309/07

DRsp Nr. 2008/17452

Darlegungs- und Beweislast im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage

Wendet sich der Kläger mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Inanspruchnahme aus einer Grundschuld, so hat er die Voraussetzungen, also das Entstehen und die Fälligkeit des von ihm geltend gemachten schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs, den er aus der unstreitig getroffenen Sicherungsabrede ableitet, vorzutragen und ggfls. zu beweisen. Dazu gehört es auch, die vom Grundschuldgläubiger behaupteten Rechtsgründe für das Behaltendürfen der Grundschuld auszuräumen und die Umstände zu widerlegen, die dafür sprechen, die Grundschuld als Sicherungsmittel zu beanspruchen, mithin den Beweis zu führen, dass keine zu sicherende Forderung besteht. Lediglich in dem Fall, dass die Höhe zu sichernden Forderung bei Bestellung der Grundschuld noch nicht feststand, muss der Grundschuldgläubiger den Umfand und die Höhe der gesicherten Forderungen darlegen und ggfls. beweisen.

Normenkette:

ZPO § 767 ;

Gründe:

Dem Rechtsmittel des Beklagten war nach § 544 Abs. 7 ZPO stattzugeben. Das Berufungsgericht hat - wie eine Gesamtschau seiner Erwägungen deutlich macht - den Vortrag des Beklagten nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Dadurch hat es dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) verletzt. Es ist nicht auszuschließen, dass seine Entscheidung darauf beruht. Denn das Verfahren des Berufungsgerichts erweist sich - gerade weil es das Beklagtenvorbringen nicht ausgeschöpft hat - in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft.

1. Das Berufungsgericht hat lediglich im Ausgangspunkt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast richtig gesehen. Es hat dadurch den Vortrag der Parteien nicht in den richtigen Zusammenhang gestellt, insbesondere das Vorbringen des Beklagten nicht ausreichend gewürdigt und die an seinen Vortrag zu stellenden Anforderungen überspannt.

Die Beweislastverteilung ist von der Parteirolle im Prozess unabhängig. Es hat grundsätzlich der Gläubiger die Voraussetzungen seines Rechts darzulegen und zu beweisen. Das gilt auch - wie hier - für eine Vollstreckungsgegenklage, mit der sich die Klägerin gegen die Inanspruchnahme aus einer Grundschuld wendet (BGHZ 147, 203 , 208 f.). Sie hat als Gläubigerin die Voraussetzungen - also das Entstehen und die Fälligkeit - des von ihr geltend gemachten schuldrechtlichen Rückgewähranspruches, den sie aus der mit dem Beklagten unstreitig getroffenen Sicherungsabrede ableitet, vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen (BGHZ 109, 197 , 204; BGH, Urteile vom 19. Februar 1991 - XI ZR 202/89 - ZIP 1991, 432 unter II 2; vom 18. Februar 1992 - XI ZR 134/91 - ZIP 1992, 389 unter 2 b).

Dazu gehört es, die vom Beklagten behaupteten Rechtsgründe für das Behaltendürfen der Grundschuld auszuräumen und die Umstände zu widerlegen, die dafür sprechen, die Grundschuld als Sicherungsmittel zu beanspruchen, mithin den Beweis zu führen, dass keine zu sichernde Forderung besteht (vgl. BGH, Urteile vom 29. September 1989 - V ZR 326/87 - NJW 1990, 392 unter II 3 b; vom 27. September 2002 - V ZR 98/01 - NJW 2003, 1039 unter II 1). Lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass die Höhe der zu sichernden Forderung bei Bestellung der Grundschuld noch nicht feststand, muss der Grundschuldgläubiger den Umfang und die Höhe der gesicherten Forderung darlegen und falls erforderlich beweisen (Urteil vom 18. Februar 1992 aaO.).

2. Nach dem zwischen den Parteien insoweit unstreitigen Inhalt der Sicherungsabrede diente die Grundschuld der Besicherung einer Forderung des Beklagten in Höhe von 68.000 EUR. Nach Darstellung des Beklagten hatte die Klägerin an ihn neben dem beurkundeten Kaufpreis gemäß Vereinbarung vom 27. September 2002 weitere 88.000 EUR zu leisten, wovon ein Teilbetrag von 68.000 EUR - weil unbefristet gestundet - eine besondere grundpfandrechtliche Sicherheit erhalten sollte. Das wird durch die von ihm vorgetragenen tatsächlichen Umstände und durch das eigene Vorbringen der Klägerin gestützt, wie das Berufungsgericht lediglich im Ansatz richtig gesehen hat. Auch aus diesem Grunde hat es das Vorbringen des Beklagten nicht ausreichend gewürdigt.

a) Bereits die vom Beklagten vorgelegte Urkunde vom 27. September 2002 spricht für seinen Vortrag. Darin heißt es, "unabhängig von der Verpflichtung zur Erfüllung des Kaufvertrages", der einen Kaufpreis von 105.000 EUR ausweist, sollte die Klägerin (zusätzlich) 20.000 EUR zahlen, die von ihr auch tatsächlich entrichtet und vom Finanzamt gemäß ergänzendem Grunderwerbsteuerbescheid als Bestandteil des Kaufpreises behandelt worden sind. Die Vereinbarung sieht darüber hinaus die Zahlung weiterer 68.000 EUR vor, die durch eine entsprechende Grundschuld dinglich gesichert und mit jährlich 5% verzinst werden sollten. Entsprechend ist die Klägerin nachfolgend verfahren, indem sie nicht nur den beurkundeten Kaufpreis von 105.000 EUR zu dem im notariellen Vertrag verabredeten Termin entrichtet, sondern auch in der Folgezeit Zinsen gezahlt hat, was kaum nachvollziehbar ist, sollte tatsächlich aus den beurkundeten (und gezahlten) 105.000 EUR ein Betrag von 68.000 EUR der Stundung unterlegen haben. Die Klägerin hat dafür zunächst auch nur die Erklärung geboten, ihr sei die Zahlung eines Betrages von 105.000 EUR krankheitsbedingt entfallen und deshalb sei es zu den Zinszahlungen gekommen. Das gleiche gilt für ihre vom Berufungsgericht wiedergegebene spätere Begründung, sie habe mit einer Neuvalutierung der Grundschuld gerechnet. Das berücksichtigt weder, dass die Klägerin widersprüchlich dazu vorgetragen hat, ob die Zinsen auf die Grundschuld selbst oder - wie in der Vereinbarung vom 27. September 2002 vorgesehen - auf den schuldrechtlichen Anspruch in gleicher Höhe gezahlt worden sind, noch bezieht das Berufungsgericht in seine Überlegungen ein, dass die Klägerin überhaupt keine dinglichen Grundschuldzinsen zu zahlen hatte, da diese zwar den Sicherungsumfang der Grundschuld erhöhten, aber erst im tatsächlich eingetretenen Sicherungsfall (Verwertungsreife) vom Sicherungsnehmer zur Befriedigung (aus dem Grundstück) eingesetzt werden konnten.

b) Auch die Vorbelastungsvollmacht nebst Rangrücktritt, wie sie sich in der Grundschuldbestellungsurkunde findet, deutet auf die Richtigkeit des Vorbringens des Beklagten hin. Die Klägerin war ermächtigt, noch vor ihrer grundbuchlichen Eintragung als Eigentümerin weitere Grundpfandrechte bis zu 32.000 EUR zu bestellen, die im Rang der streitbefangenen Grundschuld vorgehen durften. Dies allerdings erst, nachdem dem beurkundenden Notar die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 105.000 EUR nachgewiesen worden war. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin aber - ihren Vortrag unterstellt - bereits ein umfassender Rückgewähranspruch in Bezug auf die streitbefangene Grundschuld zu. Sie hätte daher, ohne des Rangvorbehalts zu bedürfen, selbst entscheiden können, wie mit der streitbefangenen Grundschuld zu verfahren war, welche Grundpfandrechte sie neu begründen und welcher grundbuchlicher Rang diesen zustehen sollte, ganz abgesehen davon, dass im Falle des Erwerbs einer Eigentümergrundschuld den nachrangigen Grundpfandgläubigern ohnehin die Rechte aus §§ 1179a, 1192 Abs. 1 BGB zugestanden hätten.

3. Vor diesen Hintergrund war die Aussage des Zeugen L. zu stellen, was das Berufungsgericht versäumt hat. Es hat erneut den vom Beklagten dazu vorgetragenen Sachverhalt nicht zur Kenntnis genommen und sich mit diesem nicht im einzelnen auseinandergesetzt, sondern sich mit einer pauschalen Bezugnahme auf die landgerichtliche Würdigung begnügt. Das wäre allenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sich das Berufungsgericht die vom Landgericht gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich zu Eigen gemacht hätte. Das hat es, wie aus den Entscheidungsgründen ersichtlich wird, indes nicht getan, sich stattdessen sogar in Widerspruch zu den Ausführungen des Landgerichts gesetzt. Während das Landgericht in den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteilspassagen noch davon ausgeht, der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der notariellen Beurkundung, der Grundschuldbestellung und der Vereinbarung vom 27. September 2002 lasse sich durchaus in dem vom Beklagten angegebenen Sinne erklären (endgültige vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Parteien), ist das Berufungsgericht zu dem gegenteiligen Schluss gelangt. Denn dem Berufungsgericht zufolge soll der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Kauf des Grundstücks und der Bestellung der Grundschuld regelmäßig den "Anschein" dafür begründen, dass die Grundschuld der Sicherung eines Teils des beurkundeten Kaufpreises dienen sollte.

4. Das Berufungsgericht hat es nicht nur unterlassen, den Inhalt der Aussage des Zeugen L. in dem dargestellten übergreifenden Zusammenhang mit dem übrigen Parteivorbringen zu würdigen, sondern sich überdies in prozessual zu beanstandender Weise aufgrund der Bekundungen des Zeugen die Überzeugung gebildet, die Grundschuld sichere einen Teil des beurkundeten Kaufpreises von lediglich 105.000 EUR und nicht, wie vom Beklagten bereits erstinstanzlich vorgetragen und von der Klägerin zu widerlegen, einen zusätzlich und neben dem beurkundeten Kaufpreis zu zahlenden Betrag von 68.000 EUR.

a) Das folgt schon daraus, dass das Berufungsgericht aus der Aussage andere Schlüsse gezogen hat als das Landgericht, das den der Klägerin obliegenden Beweis aufgrund der Aussage des Zeugen L. gerade als nicht geführt angesehen hat. Damit waren die Eingangsvoraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben. Bestehen aus Sicht des Berufungsgerichts Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, so ist eine erneute Feststellung geboten (BGHZ 158, 269 , 272 f.). Eine eigenständige Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise durch das Berufungsgericht stellt bereits eine solche erneute Tatsachenfeststellung dar (BGHZ aaO. 274; Senatsbeschluss vom 2. November 2005 - IV ZR 57/05 - NJW-RR 2006, 283 Tz. 4). Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung schon zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (aaO. 275). Danach ist es erforderlich, Zeugen erneut zu vernehmen, wenn das Berufungsgericht protokollierte Aussagen anders als die Vorinstanz verstehen oder werten will (BGH, Urteile vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500 unter II 1; vom 17. Dezember 2002 - XI ZR 290/01 - BGH-Report 2003, 453, 454; vom 28. November 1995 - XI ZR 37/95 - WM 1996, 196 unter III 3). Hat also das erstinstanzliche Gericht Zeugen vernommen und ist es aufgrund einer Würdigung der Aussage zu einem bestimmten Ergebnis gekommen, so kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO selbst gehört zu haben (Senatsbeschluss aaO.).

b) Das Berufungsgericht hat überdies das Erinnerungsvermögen des Zeugen anders als das Landgericht beurteilt. Dabei geht es nicht nur um den - letztlich unstreitigen - Inhalt des ersten Entwurfs des notariellen Kaufvertrages, der noch eine Hypothek in Höhe von 68.000 EUR vorgesehen hatte, sondern vor allem um die aufgrund der Aussage des Zeugen getroffene Feststellung, die später bestellte Grundschuld sei zu den identischen Bedingungen vereinbart worden, wie sie für die anfangs beabsichtigte Hypothek vorgesehen waren, also auch insoweit es darum ging, ob ein Teilbetrag des beurkundeten Kaufpreises (105.000 EUR) besichert sein sollte oder eine außerhalb der notariellen Vertragsurkunde vereinbarte zusätzliche Zahlung von 68.000 EUR. Auch vor diesem Hintergrund wäre eine erneute Vernehmung des Zeugen geboten gewesen.

c) Nicht zuletzt ist die Beweiswürdigung unvollständig und damit fehlerhaft, weil das Berufungsgericht auch an dieser Stelle den Vortrag des Beklagten ausblendet und davon ausgeht, es lägen keine besonderen Umstände vor, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Grundschuld liege ein anderer Sicherungszweck zugrunde als der anfänglich vorgesehenen Hypothek. Spätestens an dieser Stelle hätte sich das Berufungsgericht mit dem Sachvortrag des Beklagten auseinandersetzen müssen, zumal dieser - wie bereits ausgeführt - im Prozessvorbringen der Klägerin seine Stütze findet. Statt eigene Erwägungen anzustellen, hat das Berufungsgericht bei seiner Tatsachenfeststellung ausdrücklich Schlussfolgerungen des Zeugen L. , die vom Landgericht noch als Mutmaßungen eingeordnet worden sind, sowie "Erfahrungen" dieses Zeugen übernommen, denen das Landgericht ebenfalls jeden Wert abgesprochen hat. Letztere sollen dahin gehen, es sei nicht ungewöhnlich, den eigentlichen Kaufvertrag und eine nahezu zeitgleich gewährte Stundung des in dem notariellen Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises in unterschiedlichen, noch dazu - was die Stundung anbelangt - privatschriftlichen Urkunden zu regeln. Dies hätte eine Auseinandersetzung mit dem Grundsatz verlangt, dass eine für sich allein nicht formbedürftige Vereinbarung auch dann notariell zu beurkunden ist, wenn sie mit einem Grundstücksvertrag rechtlich zusammenhängt (BGHZ 101, 393 , 396 m.w.N.). Zumindest hätte sich das Berufungsgericht die diesen Grundsatz einschränkende Rechtsprechung vergegenwärtigen müssen, dass auf den Einzelfall bezogen zu prüfen ist, ob eine also solche nicht beurkundungsbedürftige Vereinbarung dem Normzweck des § 311b BGB im Hinblick auf die damit verbundene Warn- und Schutzfunktion, Beweisfunktion bzw. Gewährsfunktion für eine richtige vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens unterliegt (BGH, Urteil vom 26. November 1999 - V ZR 251/98 - ZIP 2000, 232 unter I 1).

5. Schon gar nicht durfte das Berufungsgericht dem Beklagten auferlegen, den aus seiner Sicht durch die Klägerin bereits geführten Beweis wiederum "zu entkräften" und Umstände anzuführen, die geeignet seien, den zugunsten der Klägerin als bewiesen anzusehenden Sachverhalt zu widerlegen. Damit wird dem Beklagten eine prozessuale Last auferlegt, die der Aufgabe der Klägerin widerspricht, den Beweis für die Einwendungen zu führen, die sie aus dem Sicherungsvertrag ableitet. Zudem hat sich das Berufungsgericht dadurch den Blick darauf verstellt, dass bei der für diese Beweisführung erforderlichen Würdigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände der Vortrag des Beklagten angemessen zu berücksichtigen ist.

Besondere Substantiierungsanforderungen für den Beklagten ergeben sich, anders als vom Berufungsgericht angenommen, jedenfalls nicht, solange er nur - wie geschehen - überhaupt Rechtsgründe darlegt, die von der Klägerin auszuräumen sind. Dabei würde es sogar genügen, diese Rechtsgründe in ein Eventualverhältnis zu stellen (BGH, Urteil vom 29. September 1989 aaO.). Ohnehin enthält der Vortrag des Beklagten keine unauflöslichen Widersprüche, wovon das Berufungsgericht indes ausgeht. Denn das Vorbringen läuft darauf hinaus, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, dass angesichts der Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin die vermögensrechtlichen Angelegenheiten zwischen den Parteien insgesamt bereinigt und einer abschließenden Regelung zugeführt werden sollten, indem zusätzlich zum beurkundeten Kaufpreis ein weiterer Betrag gezahlt werden sollte, in den sämtliche Ansprüche des Beklagten eingeflossen waren und abgegolten werden sollten.

6. Selbst vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus durften die Beweisantritte des Beklagten nicht als verspätet zurückgewiesen werden. Das Berufungsgericht verkennt, dass der Beklagte erst durch seinen richterlichen Hinweis veranlasst worden ist, zu den Umständen bei Übergabe des Betrages von 20.000 EUR am 14. November 2002, gelegentlich derer die noch offene Restforderung von 68.000 EUR ausdrücklich Erwähnung gefunden haben soll, näher vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Zuvor durfte der Beklagte aufgrund seines Obsiegens in erster Instanz und der vom Landgericht der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend zugrunde gelegten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast davon ausgehen, seinen prozessualen Obliegenheiten ausreichend nachgekommen zu sein. Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte. Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauffassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - V ZR 200/06 - NJW-RR 2007, 1221 Tz. 5). Den darauf erfolgten, der geänderten Rechtsauffassung Rechnung tragenden Prozessvortrag nebst Beweisantritten darf das Berufungsgericht dann nicht - wie hier geschehen - als verspätet zurückweisen.

Vorinstanz: OLG Köln, vom 23.10.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 5/07
Vorinstanz: LG Aachen, vom 31.01.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 11 O 252/06