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BGH - Entscheidung vom 20.02.2008

5 StR 628/07

Normen:
StGB § 15 § 223 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 20.02.2008 - Aktenzeichen 5 StR 628/07

DRsp Nr. 2008/5234

Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit bei der Körperverletzung

Der Angeklagte hat den Taterfolg (hier: die Körperverletzung) dann nicht billigend in Kauf genommen, wenn er darauf vertraut hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt.

Normenkette:

StGB § 15 § 223 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO .

Die Annahme eines Körperverletzungsvorsatzes durch das Landgericht begegnet durchgreifenden Bedenken.

Nach den Feststellungen des Landgerichts schoss der Angeklagte aus seinem Fenster auf den Betonweg vor seinem Haus. Dabei wurde der Geschädigte S. von einer Absplitterung des Projektils oder des Bodenmaterials getroffen und erlitt hierdurch eine leichte Risswunde über dem Auge.

Das Landgericht geht von einem bedingten Verletzungsvorsatz aus. Der Angeklagte habe gewusst, dass der Schuss hätte abprallen und umstehende Personen verletzen können. Damit schließt die Strafkammer bei der Prüfung der subjektiven Tatseite jedoch nicht das Vorliegen einer lediglich bewussten Fahrlässigkeit aus. Der Angeklagte könnte nämlich den Taterfolg dann nicht billigend in Kauf genommen haben, wenn er darauf vertraut hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt (vgl. BGHSt 36, 1 , 9 f.). Zu einer Erörterung einer bloß fahrlässigen Tatbegehung hätte Anlass bestanden, weil der Angeklagte gerade keine Person treffen wollte und er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand, die eine zutreffende Bewertung des Gefährdungspotentials der Schussabgabe möglicherweise erschwert hat. Die Frage des Körperverletzungsvorsatzes bedarf deshalb neuer tatrichterlicher Prüfung, was durch die allgemeine Strafkammer zu erfolgen hat.

Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen gefährlicher Körperverletzung macht auch die Aufhebung der Verurteilung wegen des tateinheitlich hierzu stehenden Waffendelikts erforderlich, obwohl diesbezüglich an sich kein Rechtsfehler vorliegt.

Die objektiven Tatumstände sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können aufrechterhalten bleiben, § 353 Abs. 2 StPO .

Vorinstanz: LG Neuruppin, vom 11.09.2007