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BVerfG - Entscheidung vom 20.11.2007

2 BvR 1995/07

Normen:
GG Art. 103 Abs. 2
StGB § 55

BVerfG, Beschluss vom 20.11.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 1995/07

DRsp Nr. 2007/23286

Verfassungsrechtliche Grenzen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung

Es kann nicht als objektiv unhaltbar und damit willkürlich angesehen werden, wenn das Revisionsgericht in einem Fall nachträglicher Gesamtstrafenbildung sich an die gefestigter Rechtsprechung in Strafsachen hält, wonach bei der Einbeziehung von bereits zu Gesamtstrafen zusammen gefassten Strafen in eine neu zu bildende Gesamtstrafen Grenzen für deren Zumessung aus der alten Gesamtstrafe folgen können und die neue Gesamtstrafe die alte nicht unterschreiten dürfe.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 2 ; StGB § 55 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; sie ist unbegründet.

1. Prüfungsmaßstab ist das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte strafrechtliche Analogieverbot. Danach ist jede Rechtsanwendung, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, ausgeschlossen. Die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Auslegung der Strafnorm bildet deren möglicher Wortsinn (vgl. BVerfGE 64, 389 [393 f.]; 71, 108 [114 ff.]; 92, 1 [12]). Ein Verstoß gegen das Analogieverbot kann ferner gegeben sein, wenn das materielle Strafrecht objektiv unhaltbar und deshalb willkürlich ausgelegt wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Oktober 1994 - 2 BvR 322/94 -, NJW 1995, S. 186 [187]).

2. Das ist hier nicht der Fall. Dass sich bei der Einbeziehung von bereits zu Gesamtstrafen zusammengefassten Strafen in eine neu zu bildende Gesamtstrafe Grenzen für deren Zumessung aus der alten Gesamtstrafe ergeben können, die die neue Gesamtstrafe nicht unterschreiten dürfe, ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt (vgl. Frister, in: Nomos-Kommentar, StGB , 2. Auflage 2005, § 55 Rn. 43 f.; a.A. Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke-Schröder, StGB , 27. Auflage 2006, § 55 Rn. 40 f.; jeweils m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich das Revisionsgericht ausdrücklich an; eine objektiv unhaltbare und willkürliche Auslegung kann darin nicht gesehen werden. Ihr steht auch nicht die Grenze des möglichen Wortsinns des § 55 StGB entgegen. Diese Vorschrift verhält sich nicht ausdrücklich zur Problematik der Einbeziehung von bereits zu Gesamtstrafen zusammengefassten Strafen in eine neu zu bildende Gesamtstrafe. Die vom Revisionsgericht vertretene Auffassung, die den Regelungskontext der Strafzumessung und Gesamtstrafenbildung in den Blick nimmt, namentlich die Gesichtspunkte der tatrichterlichen Verantwortung für die Strafzumessung und der Rechtskraft der früheren Verurteilung, ist mit dem möglichen Wortsinn des § 55 StGB zu vereinbaren.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG .

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Dresden, vom 10.09.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ss 408/07