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BVerfG - Entscheidung vom 20.12.2007

2 BvQ 51/07

Normen:
GG Art. 2 Abs. 1
BVerfGG § 32 Abs. 1

BVerfG, Beschluss vom 20.12.2007 - Aktenzeichen 2 BvQ 51/07

DRsp Nr. 2008/1911

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gegen die Bestätigung der Auslieferung an die Republik Belarus zum Zwecke der Strafverfolgung

1. Bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Auslieferung haben die Gerichte lediglich zu prüfen, ob eine Auslieferung die Verletzung des nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandards sowie der unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung entgegen steht. 2. Die Auslegung der Gesetze, deren Anwendung auf den konkreten Sachverhalt und dessen Beurteilung ist grundsätzlich Sache des dafür zuständigen Fachgerichts. 3. Da die Republik Belarus Mitglied des Europarates und Konventionsstaat der EMRK sowie des Europäischen Übereinkommens vom 26.11.1987 zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ist, ist von der Verbürgung eines Mindeststandards auszugehen.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 1 ; BVerfGG § 32 Abs. 1 ;

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft die Auslieferung der Antragstellerin an die Republik Belarus zum Zwecke der Strafverfolgung.

I. 1. Der Antragstellerin werden in der Republik Belarus mehrere Taten des unerlaubten Besitzes von und Handels mit Betäubungsmitteln in Mengen von jeweils unter einem bis zu 3,5 Gramm sowie zwei Betrugsstraftaten mit einem Schaden von zusammen gut 1000 Euro vorgeworfen. Das Auslieferungsersuchen enthält einen Passus, demzufolge die belarussische Generalstaatsanwaltschaft garantiere, dass die Haftbedingungen der Antragstellerin den Vorgaben der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 ( EMRK ) und den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen/Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen vom 12. Februar 1987 entsprechen werden. Angehörige der deutschen Botschaft könnten die Antragstellerin mit ihrer Zustimmung in der Haft besuchen. Sie werde keinerlei Folter, unmenschlicher oder demütigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt werden. Die strafrechtliche Verfolgung werde "gemäß Normen des internationalen Rechts vollzogen werden".

2. Das Oberlandesgericht ordnete zunächst die vorläufige Auslieferungshaft und - nach Eingang der Auslieferungsunterlagen - mit Beschluss vom 9. Oktober 2007 deren Fortdauer an. Das der Antragstellerin zur Last gelegte Verhalten sei nach dem Recht beider Staaten strafbar. Verfolgungsverjährung sei nicht eingetreten, der Auslieferung stünden auch keine sonstigen Hindernisse entgegen. Die - nicht näher bezeichneten - Einwendungen der Antragstellerin führten nicht zur Unzulässigkeit der Auslieferung. Aus einer Auskunft des Auswärtigen Amtes in einem anderen, die Republik Belarus betreffenden Auslieferungsverfahren ergebe sich, dass dort die verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen für Strafverfahren regelmäßig eingehalten würden. Darüber hinaus sei die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben des internationalen Rechts zugesichert worden. Die Auslieferung der Antragstellerin sei auch nicht unverhältnismäßig; ihr würden mehrere Rauschgiftdelikte und Betrugsstraftaten vorgeworfen. Sie sei zudem kurz vor Begehung der in Rede stehenden Taten einschlägig verurteilt worden. Dass sie in Schweden eine Aufenthaltsgenehmigung habe, dort wohne und verheiratet sei, sei ohne Belang. Einwände der Antragstellerin, sie werde zu Unrecht verfolgt, seien nicht glaubhaft, ihre Angaben hierzu widersprüchlich.

Unter Verweis auf diese Erwägungen erklärte das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 die Auslieferung für zulässig.

3. Mit Schriftsätzen vom 26. und 27. November 2007 erhob die Antragstellerin "Gegenvorstellungen" und beantragte jeweils die Nachholung rechtlichen Gehörs sowie die Anordnung des Aufschubs der Auslieferung.

Ihr drohe in der Republik Belarus für den ihr vorgeworfenen "Drogenhandel im niedrigsten Bereich" eine Strafe von fünf bis zwölf Jahren Haft. Dies sei als unerträglich hart anzusehen. In Deutschland betrage die Mindeststrafdrohung allenfalls ein Jahr Freiheitsstrafe.

Das Oberlandesgericht habe sich nicht mit der aktuellen Menschenrechtssituation in der Republik Belarus auseinandergesetzt und daher seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Prüfung der Vereinbarkeit der Auslieferung mit dem völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen Verfassungsrechtsordnung nicht genügt. Die Republik Belarus sei eine Diktatur. Es herrsche eine ständige Praxis grober, offenkundiger und massenhafter Verletzungen der Menschenwürde. Anhaltspunkte für Menschenrechtsverletzungen bestünden auch im konkreten Fall, da ein Antrag auf Einsicht in die Ermittlungsakten in der Republik Belarus abgelehnt worden sei.

Des Weiteren seien die dortigen Haftbedingungen mit bundesdeutschem beziehungsweise europäischem Mindeststandard nicht zu vereinbaren. Insofern habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8. April 2004 (BVerfGK 3, 159) ausgeführt, es komme auf die im Einzelfall zu erwartende Haftsituation an und eine Zusicherung einer den völkerrechtlichen Mindestanforderungen genügenden Haftunterbringung durch die Republik Belarus sei nicht geeignet, verfassungsrechtlich geforderte Aufklärungspflichten des Oberlandesgerichts einzuschränken.

Die abgegebene Zusicherung bezüglich der Unterbringung und Behandlung der Antragstellerin sei nicht ausreichend. Zum einen erstrecke sie sich nicht auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze. Zum anderen sei wegen des "nichtdemokratischen Systems" in der Republik Belarus eine "Überwachung derartiger Einzelfallabreden durch die deutsche diplomatische Vertretung" unmöglich. Dies bestätige auch ein Bericht des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, wonach die Republik Belarus die Zusammenarbeit mit den UN-Berichterstattern verweigert habe.

Die Antragstellerin habe ein Verhältnis mit einem belarussischen Regierungspolitiker gehabt. Wegen ihres dadurch erlangten Wissens versuche die belarussische Regierung alles, ihrer habhaft zu werden. Dies sei daran zu erkennen, dass wegen vergleichsweise geringfügiger Straftatbestände die Auslieferung betrieben werde. Es bestehe der Verdacht, dass die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden Taten nur vorgeschoben seien. Die Tatsache, dass die Antragstellerin hinsichtlich einer früheren Verurteilung wegen Drogenbesitzes in den Genuss einer Amnestie gekommen sei, belege auch, dass es sich bei den in Rede stehenden Taten um solche aus dem politischen Bereich handle, weshalb die Auslieferung unzulässig sei. Ihr stehe das Asylgrundrecht entgegen. Die Antragstellerin habe in Schweden Asyl beantragt. Das dortige Asylverfahren sei obsolet geworden, weil sie durch Heirat einen Aufenthaltstitel erhalten habe. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Strafverfahren nur vorgeschoben sei, um die Antragstellerin für ihre Ausreise nach Schweden zu bestrafen.

4. Das Oberlandesgericht interpretierte die Gegenvorstellungen als einen Antrag auf erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung und lehnte diesen mit Beschluss vom 7. Dezember 2007 ab.

Hinsichtlich der Gefahr der Menschenrechtsverletzungen vermöge das Vorbringen der Antragstellerin die Feststellungen und Einschätzungen des Auswärtigen Amtes nicht zu entkräften. Selbst wenn in der Republik Belarus Menschenrechtsverletzungen gehäuft vorkommen sollten, gebe es im vorliegenden Fall keine konkreten Anhaltspunkte. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass Menschenrechtsverletzungen vor allem im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern erfolgten. Dass das gegen die Antragstellerin betriebene Verfahren einen politischen Hintergrund habe, sei nicht ersichtlich, ihr diesbezügliches Vorbringen nicht glaubhaft.

Ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes würden in der Republik Belarus die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen sowohl hinsichtlich des Strafverfahrens als auch hinsichtlich der Haftbedingungen nicht nur im Einzelfall zugesichert, sondern auch allgemein gewahrt. Anhaltspunkte dafür, dass die gegebenen Zusicherungen nicht eingehalten würden, gebe es nicht. Gegen eine solche Annahme spreche auch, dass die belarussischen Behörden mit einer Beobachtung des Strafverfahrens und einer eventuellen Strafvollstreckung durch deutsche Behörden rechnen müssten und eine Nichteinhaltung der Zusicherungen negative Folgen für die Zukunft haben würde.

Die Ablehnung der Akteneinsicht des belarussischen Verteidigers ändere an der Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit des gegen die Antragstellerin geführten Strafverfahrens nichts; auch nach deutschem Strafprozessrecht bestehe nicht in jedem Verfahrensstadium ein Recht auf Akteneinsicht.

Die zu erwartende Strafdrohung hindere die Auslieferung ebenfalls nicht. Nach den belarussischen Unterlagen drohe hinsichtlich der Drogendelikte eine Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren. Auch nach deutschem Recht sei die als gewerbsmäßiges Handeln mit Betäubungsmitteln zu qualifizierende Tat mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bedroht. Ein Auslieferungshindernis bestehe im Übrigen nicht schon dann, wenn die zu erwartende Strafe an den Maßstäben der deutschen Rechtsordnung gemessen als zu hart erscheine, sondern erst dann, wenn sie als unerträglich hart und schlechterdings unter jedem denkbaren Gesichtspunkt als unangemessen anzusehen sei. Dies sei nicht der Fall.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist am 13. Dezember 2007 eingegangen.

Eine Verfassungsbeschwerde sei weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die daher allein vorzunehmende Folgenabwägung müsse zum Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung führen. Erginge diese nämlich nicht, würde die Antragstellerin unverzüglich ausgeliefert. Was dann geschehe, liege allein in der Hand der belarussischen Behörden und könne von der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr beeinflusst oder kontrolliert werden. Eine unter Umständen ungerechtfertigte, jedenfalls aber unverhältnismäßige Strafhaft werde "irreparable oder physische Schäden" der Antragstellerin hervorrufen, zumal es in der Republik Belarus auch aufgrund der Haftbedingungen nach wie vor zu Menschenrechtsverletzungen komme. Auf die Ausführungen im fachgerichtlichen Verfahren werde insofern verwiesen.

Das Oberlandesgericht habe sich nicht mit der Unverhältnismäßigkeit der belarussischen Strafdrohung, die eine Mindeststrafe von acht Jahren vorsehe, auseinandergesetzt.

Es treffe zwar zu, dass sich aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes ergebe, dass die notwendigen rechtsstaatlichen Mindeststandards sowohl hinsichtlich des Strafverfahrens als auch hinsichtlich der Haftbedingungen nicht nur im Einzelfall zugesichert, sondern auch allgemein eingehalten würden. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu dem Oberlandesgericht vorgelegten Berichten von amnesty international. Das Oberlandesgericht hätte daher mindestens klären müssen, in welcher Haftanstalt die Antragstellerin untergebracht werden soll und ob Angehörige einer deutschen diplomatischen Vertretung in der Republik Belarus einen Haftbesuch durchführen dürfen.

Erginge dagegen die einstweilige Anordnung, bliebe aber eine Verfassungsbeschwerde erfolglos, so werde der belarussische Strafanspruch lediglich aufgeschoben. Dies sei vertretbar, da durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts zumindest die Artikel 1 und 2 GG verletzt seien, und daher nicht "unter Einsatz der Gesundheit und eventuell sogar des Lebens" der Antragstellerin vollendete Tatsachen geschaffen werden.

III. Der Antrag wird abgelehnt, weil er jedenfalls unbegründet ist.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum allgemeinen Wohl dringend geboten ist. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann grundsätzlich bereits vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens gestellt werden. Für eine einstweilige Anordnung ist allerdings kein Raum, wenn sich der in der Hauptsache gestellte beziehungsweise zu stellende Antrag von vornherein als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet erweist (stRspr; vgl. etwa BVerfGE 103, 41 [42]).

Hier ist die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen, weil eine Verfassungsbeschwerde zwar noch in zulässiger Weise erhoben werden könnte, aber offensichtlich unbegründet wäre.

Die Beurteilung eines verfassungsgerichtlichen Hauptsacherechtsbehelfs als offensichtlich unbegründet setzt nicht voraus, dass dessen Unbegründetheit auf der Hand liegt. Entscheidend ist vielmehr allein, ob das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - gegebenenfalls nach vorgängiger gründlicher Prüfung - der Auffassung ist, dass kein Gesichtspunkt erkennbar ist, der dem Hauptsacherechtsbehelf zum Erfolg verhelfen könnte (BVerfGE 89, 344 [345]). So liegen die Dinge hier.

Eine Verletzung der in der Antragsschrift genannten Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG ist nicht ersichtlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung im Auslieferungsverfahren, soweit die Behandlung des Verfolgten im ersuchenden Staat in Rede steht, nicht die Grundrechte und sonstigen rechtsstaatlichen Gewährleistungen des Grundgesetzes in der Ausprägung sind, wie sie auf rein innerstaatliche Sachverhalte Anwendung finden. Das Grundgesetz geht von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus (vgl. Präambel, Art. 1 Abs. 2 , Art. 9 Abs. 2 , Art. 23 bis 26 GG ). Es gebietet damit zugleich, fremde Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten, auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen. Sollen der im gegenseitigen Interesse bestehende zwischenstaatliche Auslieferungsverkehr erhalten und auch die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung unangetastet bleiben, so ist eine Beschränkung des verfassungsrechtlichen Maßstabs geboten. Die Gerichte haben daher lediglich zu prüfen, ob einer Auslieferung die Verletzung des nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandards sowie der unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung entgegensteht (vgl. BVerfGE 63, 332 [337 f.]; 75, 1 [19]; 108, 129 [136 f.]; BVerfGK 3, 159 [163]). Auf der Ebene des einfachen Rechts nimmt § 73 IRG dieses verfassungsrechtliche Gebot auf, indem dort die Leistung von Rechtshilfe und damit auch die Auslieferung für unzulässig erklärt wird, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde.

Die Auslegung und Anwendung der Gesetze auf den konkreten Sachverhalt und dessen Beurteilung sind allerdings grundsätzlich Sache des dafür zuständigen Fachgerichts (vgl. BVerfGE 18, 85 [93]; stRspr). Auch in Auslieferungsverfahren prüft das Bundesverfassungsgericht insoweit nur, ob die Rechtsanwendung und das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (BVerfGE 108, 129 [137]; BVerfGK 2, 82 [85]).

An diesen Maßstäben gemessen begegnen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht hat insbesondere im Hinblick auf die Haftbedingungen, aber auch hinsichtlich der Frage nach der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens die Vereinbarkeit der Auslieferung mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung geprüft. Es kann dabei offen bleiben und angesichts dessen, dass der Bericht des Auswärtigen Amtes nicht vorgelegt wurde, auch nicht entschieden werden, ob das Oberlandesgericht dabei ohne weiteres davon ausgehen durfte, dass die Haftbedingungen allgemein den völkerrechtlichen Mindestanforderungen genügen. Jedenfalls ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts angesichts der von belarussischer Seite gegebenen Zusicherungen im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Republik Belarus ist Konventionsstaat des Internationalen Paktes über Bürgerliche und Politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (BGBl 1973 II S. 1533 - IPBR) sowie des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (BGBl 1990 II S. 246 - UN-Antifolterkonvention). Sie hat sich damit - auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, die ebenfalls Vertragsstaat der genannten Konventionen ist - völkerrechtlich zur Einhaltung der in diesen Verträgen normierten völkerrechtlichen Standards, zu denen neben dem Schutz vor Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 7 IPBR, Art. 2 und 16 UN-Antifolterkonvention) und der Garantie menschenwürdiger Haftbedingungen (Art. 10 IPBR) auch verfahrensrechtliche Mindestgarantien (Art. 14 IPBR) gehören, verpflichtet. Mit den im Auslieferungsverfahren gegebenen Zusicherungen hat die Republik Belarus diese völkerrechtliche Verpflichtung für den konkreten Fall der Antragstellerin wiederholt und bekräftigt. Daher ist die von dem Oberlandesgericht geäußerte Erwartung, dass die Behandlung der Antragstellerin in der Republik Belarus von der Bundesregierung besonders beobachtet wird, ebenso nachvollziehbar, wie die Annahme, dass ein Verstoß gegen die genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen das gegenseitige Vertrauen als unabdingbare Grundlage des Auslieferungsverkehrs nachhaltig enttäuschen würde (vgl. BVerfGE 108, 129 [140 ff.]).

Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Antragstellerin in der Republik Belarus in einer dem völkerrechtlichen Mindeststandard und dem deutschen ordre public entsprechenden Weise behandelt werde, nicht zu beanstanden. Dies zumal ausweislich der von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Stellungnahme des Auswärtigen Amtes - von der Antragstellerin insoweit unbestritten - offenbar bisher keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Republik Belarus ihre Zusicherungen nicht einhalten würde. Es ist daher auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht es offenbar nicht für erforderlich gehalten hat, wie von der Antragstellerin gefordert, eine Zusicherung hinsichtlich der Unterbringung der Antragstellerin in einer konkreten Haftanstalt zu fordern. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht aus dem von der Antragstellerin erwähnten, ebenfalls eine Auslieferung an die Republik Belarus betreffenden Beschluss der erkennenden Kammer vom 8. April 2004 (BVerfGK 3, 159). Dort ist nicht etwa ausgeführt, eine Zusicherung einer den völkerrechtlichen Mindestanforderungen genügenden Haftunterbringung genüge generell nicht, eine Auslieferung an die Republik Belarus zu ermöglichen. Vielmehr wurde dort lediglich festgehalten, dass die bloße Möglichkeit, dass die Bundesregierung die Bewilligung von einer solchen Zusicherung abhängig mache, wegen der eingeschränkten verfassungsrechtlichen Überprüfbarkeit der Bewilligungsentscheidung nicht geeignet sei, eine Prüfung sowie gegebenenfalls die Einholung einer entsprechenden Zusicherung bereits im Verfahren über die Zulässigkeit der Auslieferung zu ersetzen (BVerfGK 3, 159 [164 f.]).

Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Einschätzung des Oberlandesgerichts, dass das der Antragstellerin in der Republik Belarus drohende Strafmaß der Auslieferung nicht entgegensteht. Eine Strafdrohung verstößt nicht bereits dann gegen völkerrechtliche Mindeststandards oder die unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung, wenn sie als in hohem Maße hart erscheint, sondern erst dann, wenn die drohende Strafe als unerträglich hart, mithin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr als angemessen anzusehen ist (BVerfGE 75, 1 [16 f.]; 113, 154 [162]). Dass dies der Fall wäre, ist selbst dann nicht ersichtlich, wenn, wie von der Antragstellerin behauptet, die Strafdrohung mindestens acht Jahre und höchstens zwölf Jahre Freiheitsstrafe beträgt. Nach übereinstimmender Auffassung sowohl der Antragstellerin als auch des Oberlandesgerichts käme auch nach deutschem Strafrecht für entsprechende Drogendelikte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis maximal 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB ) in Betracht, sofern das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit anzunehmen wäre (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG ). Aber auch nach dem Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG sowie des § 263 Abs. 1 StGB für die Betrugsdelikte können die der Antragstellerin zur Last gelegten Taten nach deutschem Recht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. Die Strafdrohung in der Republik Belarus mag daher aus der Perspektive des deutschen Rechtsverständnisses als hart erscheinen, übermäßig hart und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr angemessen ist sie jedoch nicht.

Eine Verletzung der Antragstellerin in sonstigen in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten ist ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen mangels entsprechenden Vortrags zu den Voraussetzungen der Asylgewährung keinerlei Anhaltspunkte für eine Verletzung des Art. 16a GG .

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG München - OLGAusl. 437/07 (107/07) - 7.12.2007,
Vorinstanz: OLG München - OLGAusl. 437/07 (107/07) - 23.10.2007,