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BSG - Entscheidung vom 21.05.2007

B 1 KR 28/07 B

Normen:
GG Art. 20 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 21.05.2007 - Aktenzeichen B 1 KR 28/07 B

DRsp Nr. 2007/12976

Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Behandlung in gesetzlicher und privater Krankenversicherung

Die Ungleichbehandlung von Personen, die privat versichert sind, gegenüber den gesetzlich Versicherten ist Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für zwei Systeme der Krankenversicherung. Dabei steht es unter Geltung des Sozialstaatsprinzips im Ermessen des Gesetzgebers, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz unterschiedlich auswirkt. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

GG Art. 20 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger, der an Fehlsichtigkeit leidet, ist mit seinem Begehren, die Kosten eines nach seinen Angaben am 1.9.2005 ambulant durchgeführten refraktiven laserchirurgischen Eingriffs (LASIK-Operation) erstattet zu erhalten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat ua - zT unter Bezugnahme auf das Urteil des Sozialgerichts - ausgeführt, dem Anspruch stehe entgegen, dass der Kläger einen entsprechenden Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte auf Gewährung der LASIK-Operation nicht gehabt habe. Dieses Behandlungsverfahren sei nach den auch für Versicherte verbindlichen, auf § 135 Abs 1 SGB V beruhenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Für ein Systemversagen gebe es keine Anhaltspunkte. Auch eine Leistungsgewährung unter dem Gesichtspunkt der grundrechtsorientierten Leistungsausweitung komme nicht in Betracht, da beim Kläger eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung nicht vorgelegen habe. Dass der Bundesausschuss im Jahr 2006 das Verfahren bei bestimmten Indikationen anerkannt habe, führe zu keiner rückwirkenden Begründung eines Kostenerstattungsanspruchs. Ein Sachverständigengutachten habe daher nicht eingeholt werden müssen (Beschluss vom 6.3.2007).

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss und beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits.

II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

Den Darlegungserfordernissen an eine Grundsatzrüge genügt eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann, wenn eine Rechtsfrage klar formuliert und ausgeführt wird, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Es bedarf keiner Entscheidung, ob in der Beschwerdebegründung überhaupt hinreichend klar eine Rechtsfrage formuliert ist, indem ausgeführt wird, es gehe darum, ob "allein die Kriterien des Bundesausschusses der Ärzte maßgeblich sind oder ob es nicht zumindest in Einzelfällen geboten ist, ein medizinisches Gutachten einzuholen, um festzustellen, dass hier keinerlei medizinische Alternativen bestehen, weswegen es ein Systemmangel darstellt, lediglich auf die Vorgaben des Bundesausschusses abzustellen". Der Senat kann ebenfalls offen lassen, ob es sich um eine bloße Tatfrage handelt, soweit in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, "von grundsätzlicher Bedeutung ist ebenfalls die Tatsache, ob sich die Beklagte lapidar auf Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zurückziehen kann, auf alternative Sehhilfen verweisen kann, ohne die eindeutige medizinische Indikation gemäß augenfachärztlichem Gutachten im Einzelfall in den Vordergrund zu stellen". Selbst wenn man in diesem Vorbringen klar formulierte Rechtsfragen sehen wollte, fehlt es an den erforderlichen Darlegungen dazu, inwiefern diese klärungsbedürftig sein könnten. Eine Rechtsfrage ist grundsätzlich nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden worden ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG SozR 1500 § 160 Nr 51 S 52 mwN). Deshalb hätte sich die Beschwerde eingehend mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen und darlegen müssen, inwiefern trotz dieser Rechtsprechung noch Klärungsbedarf besteht (vgl dazu auch BSG SozR 1500 § 160 Nr 51 S 52 mwN). Die Beschwerde hat sich dagegen in keiner Weise mit der einschlägigen, auch von den Vorinstanzen zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats befasst (vgl zB - zusammenfassend - Senat, Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 8 mwN).

Nichts anderes gilt für die weitere, von der Beschwerde formulierte Rechtsfrage, "inwieweit es rechtens ist, mit zweierlei Maß zu messen, zwischen gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen, bei Vorliegen einer Krankheit". Insoweit setzt sich die Beschwerde nicht mit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes auseinander (vgl zuletzt BSG, Beschluss vom 2.11.2006 - B 1 KR 111/06 B). Die Ungleichbehandlung von Personen, die privat versichert sind, gegenüber den gesetzlich Versicherten ist Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für zwei Systeme der Krankenversicherung. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber trotz seiner Bindung an Art 3 Abs 1 Grundgesetz ( GG ) weitgehend frei ist, Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung festzulegen, soweit er nicht gleichheitswidrig bestimmte Gruppen ausschließt (BVerfGE 18, 38 , 45 f; 18, 257, 265 ff; 18, 366 = SozR Nr 54, 55, 56 zu Art 3 GG ). Wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt ausgeführt hat, steht es unter Geltung des Sozialstaatsprinzips im Ermessen des Gesetzgebers, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz unterschiedlich auswirkt (vgl BSGE 38, 149, 150 = SozR 2200 § 1267 Nr 3 S 10; BSGE 41, 157, 158 f = SozR 5420 § 2 Nr 2 S 2; BSGE 47, 259, 260 f = SozR 3100 § 40a Nr 6 S 16 f). Die unterschiedliche Behandlung in gesetzlicher und privater Krankenversicherung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG . Klärungsbedarf ist auch insoweit nicht dargelegt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 06.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 224/06
Vorinstanz: SG Speyer, vom 30.10.2006 - Vorinstanzaktenzeichen S 11 KR 34/06