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BSG - Entscheidung vom 17.07.2007

B 2 U 96/07 B

Normen:
MRK Art. 13 Art. 6 Abs. 1 S. 1
SGG § 109 § 160 Abs. 2 Nr. 3 § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 17.07.2007 - Aktenzeichen B 2 U 96/07 B

DRsp Nr. 2007/16225

Begründung einer überlangen Verfahrensdauer im sozialgerichtlichen Verfahren

[Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung] Es reicht nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 6 und Art. 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu belegen, wenn der Beschwerdeführer lediglich das Nichtvorliegen besonderer Umstände behauptet, die eine längere Verfahrensdauer rechtfertigen könnten, ohne dies schlüssig zu begründen. Ein solcher außergewöhnlicher Umstand stellt die Einholung von zwei Gutachten nach § 109 SGG durch das Sozialgericht dar.

Normenkette:

MRK Art. 13 Art. 6 Abs. 1 S. 1 ; SGG § 109 § 160 Abs. 2 Nr. 3 § 160a Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete, auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, dass der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, IX, RdNr 177 und 179 mwN). Daran mangelt es hier.

Der Kläger rügt als Verfahrensmangel ausschließlich die so genannte überlange Verfahrensdauer. Das Sozialgericht ( SG ) habe über die Klage erst nach 33/4 Jahren, das LSG erst nach knapp 3 Jahren entschieden. Das BSG habe in dem Beschluss vom 13. Dezember 2005 - B 4 RA 220/04 B - eine Verfahrensdauer von mehr als 3 Jahren als überlang angesehen, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, die eine längere Verfahrensdauer rechtfertigten. Derartige Gründe seien im vorliegenden Falle nicht gegeben.

Es kann dahinstehen, ob der von dem Kläger zitierten Entscheidung des 4. Senats des BSG (SozR 4-1500 § 160a Nr 11 = SGb 2006, 553 mit [kritischer] Anmerkung von Meyer-Ladewig) zu folgen sein wird (vgl nahezu zeitgleich und ohne Kenntnis des Beschlusses des 4. Senats die gegenteilige Entscheidung des 2. Senats vom 28. Dezember 2005 - B 2 U 52/05 R -), denn selbst nach den Maßstäben dieser Entscheidung ist eine überlange Verfahrensdauer hier nicht schlüssig dargestellt. Zwar hat das Verfahren vor dem SG mehr als 3 Jahre gedauert, was nach der Rechtsauffassung des 4. Senats einen Verstoß gegen Art 6 und Art 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (- EMRK - BGBl II 1952, 686) vermuten lässt (vgl BSG aaO RdNr 51). Allerdings können außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls ein Überschreiten dieser Zeitgrenze rechtfertigen (BSG aaO RdNr 57). Diese rechtlichen Voraussetzungen hat der Kläger zwar durchaus gesehen, ihre Erfüllung indes lediglich behauptet, nicht jedoch schlüssig begründet, dass außergewöhnliche Umstände in diesem Sinne hier nicht vorliegen. Ein solcher außergewöhnlicher Umstand, der eine längere Verfahrensdauer rechtfertigen kann, stellt die Einholung von zwei Gutachten nach § 109 SGG durch das SG dar. Die bloße Behauptung des Klägers, dass außergewöhnliche Umstände im og Sinne nicht vorliegen, reicht daher keineswegs aus, den behaupteten Konventionsverstoß zu belegen.

Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 iVm § 169 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 16.02.2007 - Vorinstanzaktenzeichen L 6 U 4732/04
Vorinstanz: SG Konstanz, vom 22.06.2004 - Vorinstanzaktenzeichen S 6 U 1766/99