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BGH - Entscheidung vom 25.04.2007

IV ZB 41/06

Normen:
ZPO § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 § 114

BGH, Beschluß vom 25.04.2007 - Aktenzeichen IV ZB 41/06

DRsp Nr. 2007/8965

Zulassung der Rechtsbeschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren

1. Im Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Fortbildung des Rechts nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens, der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht.2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Sache wegen klärungsbedürftiger Fragen des materiellen Rechts grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Normenkette:

ZPO § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 § 114 ;

Gründe:

I. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung für eine aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes erhobene Klage gegen eine Bank. Der Ehemann der Antragstellerin hatte mit der Bank im Herbst 1998 einen Geschäftsbesorgungsvertrag über Zinsdifferenzgeschäfte im Gesamtvolumen von etwa 2,8 Mio. DM abgeschlossen. Mit niedrig verzinslichen Währungskrediten wurden höher verzinsliche Wertpapiere angeschafft. Im April 2001 kündigte die Bank die Geschäftsverbindung, zahlte in der Folgezeit den von ihr verbürgten Währungskredit an eine Luxemburger Bank zurück und verwertete die ihr als Sicherheit gegebenen Wertpapiere mit Verlust. Die Antragstellerin wirft der Bank unter anderem vor, sie habe die Wertpapiere zu spät veräußert, und nimmt sie auf Schadensersatz in Höhe von 328.004,03 EUR in Anspruch.

Die Antragsgegnerin hat den Deckungsschutz aus mehreren Gründen abgelehnt. Nach § 3 Abs. 2 e ihrer Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen (ARB) bestehe kein Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften. Bei dem Zinsdifferenzgeschäft handele es sich um ein Spekulationsgeschäft im Sinne dieser Klausel. Außerdem liege eine nicht versicherte Firmenvertragsangelegenheit vor. Als lediglich Mitversicherte sei die Antragstellerin nicht anspruchsberechtigt. Der Anspruch sei auch verjährt.

Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Bei dem Zinsdifferenzgeschäft handele es sich um ein Spekulationsgeschäft, das einem Termingeschäft vergleichbar und damit nach § 3 Abs. 2 e ARB vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sei. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Es ist der Ansicht des Landgerichts beigetreten und hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordere. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Streitproblematik sei noch nicht vorhanden.

II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist wegen der den Senat bindenden Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO ) und auch im Übrigen zulässig. Das Oberlandesgericht hätte die Rechtsbeschwerde allerdings nicht zulassen dürfen. Im Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Fortbildung des Rechts nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438 unter 1 m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 127 Rdn. 41). Um solche Fragen geht es hier nicht.

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Oberlandesgericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs der unbemittelten Partei auf Rechtsschutzgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt (BVerfG NJW 2004, 1789 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 aaO. unter 2 b m.w.N.; Philippi aaO. § 114 Rdn. 21; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 114 Rdn. 3, 5). Das ist insbesondere der Fall, wenn der Sache - wie hier - wegen klärungsbedürftiger Fragen des materiellen Rechts grundsätzliche Bedeutung zukommt oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - NJW 2004, 2022 unter III).

3. Da die Sache nicht entscheidungsreif ist, ist sie an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Vorinstanz: OLG München, vom 17.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 25 W 2721/06
Vorinstanz: LG München I, vom 19.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 9088/06