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BGH - Entscheidung vom 20.12.2007

VII ZR 59/07

Normen:
BGB § 635 (a.F.)
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 20.12.2007 - Aktenzeichen VII ZR 59/07

DRsp Nr. 2008/3895

Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren

Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn das Berufungsgericht umfangreichem Vortrag des Klägers, wonach der Beklagte als Baubetreuer seine werkvertraglichen Pflichten verletzt und vorhandene Mängel der seitens Dritter erbrachten Werkleistungen nicht gerügt hat, unberücksichtigt lässt.

Normenkette:

BGB § 635 (a.F.) ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 81.167,59 EUR (158.750 DM) wegen ungenügender Betreuung beim Bau.

Der Kläger beauftragte im Jahre 1997 die G. GmbH mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Einfamilienhauses zum Preis von 635.000 DM. Gleichzeitig trat der Kläger dem Verein P. bei. Dieser bietet den Mitgliedern die Baubetreuung in der Form an, dass sie einen selbständigen Baubetreuungsvertrag mit einem Fachmann abschließen können. Der Kläger schloss mit dem Beklagten einen solchen Baubetreuungsvertrag ab. Dieser sah sechs Baustellenkontrollen jeweils nach Fertigstellung bestimmter Bauleistungen vor sowie eine Schlussbesichtigung. Vereinbart war ein Pauschalpreis von 2.000 DM.

Die fünfte Baustellenkontrolle fand nach Verlegung der Heiz-, Wasser- und Elektroleitungen am 1. Oktober 1997 statt, die sechste am 14. November 1997 nach Einbau des Estrichs. Dem Zahlungsplan entsprechend zahlte der Kläger die achte Rate von 79.375,00 DM nach Fertigstellung der Heizungs- und Rohinstallation am 10. November 1997 und die neunte Rate in gleicher Höhe am 13. November 1997.

Im Januar 1998 traten Mängel am Estrich auf. Die Inanspruchnahme der G. GmbH scheiterte, da diese in Insolvenz geriet. Der Bau wurde von anderen Firmen fertig gestellt. Die Sanierung des Estrichs im Erdgeschoss und Obergeschoss kostete 17.179,89 DM, wobei auf das Obergeschoss 457,42 DM entfielen.

Der Kläger behauptet, die Arbeiten der G. GmbH seien grob mangelhaft gewesen. Der Beklagte habe dies erkennen müssen. Der Fußbodenaufbau sei entgegen den Regeln der Technik erstellt worden. Zudem habe der Beklagte weitere erhebliche Mängel, die erkennbar gewesen seien und deren Beseitigung insgesamt 122.300,79 DM (62.531,40 EUR) erfordere, nicht erkannt. Die achte und neunte Rate, die aufgrund des späteren Vermögensverfalls der G. GmbH auch nicht mehr fällig geworden wären, hätte er bei ordnungsgemäßem Hinweis des Beklagten nicht bezahlt.

Der Kläger verlangt Schadensersatz in Höhe der gezahlten achten und neunten Rate (158.750 DM = 81.167,59 EUR).

Das Landgericht hat der Klage nach Abzug einer noch offenen Honorarforderung von 1.160 DM in Höhe von 80.574,59 EUR stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten und Anschlussberufung des Klägers den Beklagten nur zur Zahlung von 9.244,59 EUR verurteilt.

Mit der Beschwerde verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

II. 1. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz eines weiteren Schadens in Höhe von 62.531,40 EUR (122.300,79 DM) aberkannt hat.

a) Der Kläger hat im Berufungsverfahren bereits in der Berufungsbegründung durch zulässige Bezugnahme auf sein Vorbringen in erster Instanz und im nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Januar 2007 vorgetragen, dass weitere Mängel vorgelegen hätten und diese bei ordnungsgemäßer Durchführung der vom Beklagten im Betreuungsvertrag übernommenen werkvertraglichen Verpflichtungen zu erkennen gewesen wären. Er hat die Mängel bezeichnet und vorgetragen, dass die Sanierung des Dachstuhls Kosten von 6.867,03 EUR (13.430,82 DM), die Sanierung des Daches Kosten von 28.443,27 EUR (55.630,20 DM), die Sanierung des Balkons 4.212,93 EUR (8.239,77 DM) ausmachen sowie die Beseitigung weiterer Mängel sich auf mehr als 45.000 DM belaufe. Der Kläger hat somit die Entstehung eines weiteren Schadens in Höhe von 62.531,40 EUR (122.300,79 DM) behauptet. Zu den Mängeln und ihrer Erkennbarkeit hat der Kläger die Einvernahme von im Einzelnen bezeichneten Zeugen, eines sachverständigen Zeugen sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

b) Die vom Berufungsgericht insoweit vertretene Ansicht, aus dem Vorbringen des Klägers sei nicht nachvollziehbar, ob es sich jeweils um Mängel gehandelt habe, die bei den Baubegehungen hätten erkannt werden müssen, ist unzutreffend und rechtfertigt nicht die Nichtberücksichtigung des klägerischen Vortrags und die Ablehnung der Beweiserhebung. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 9. Februar 2006 vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Mängel an der Dachkonstruktion der fünften Baukontrolle vom 2. Oktober 1997 zuzuordnen sind. Er hat weiter vorgetragen, dass alle bezeichneten Mängel vor der Zahlung der achten Rate am 10. November 1997 und der neunten Rate am 13. November 1997 vorlagen und bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung erkennbar waren.

Die Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens rechtfertigt sich auch nicht aus der weiteren Erwägung des Berufungsgerichts, dass die in erster Instanz vorgelegten Rechnungen nicht mit den geltend gemachten Beträgen übereinstimmen.

c) Diese Ausführungen im Berufungsurteil zu dem die weiteren Mängel betreffenden Klägervorbringen sind nicht nur in der Sache rechtsfehlerhaft. Vielmehr verkennt das Berufungsgericht den Parteivortrag und seine rechtliche Bedeutung in einer Weise, die einen Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör darstellt (Art. 103 Abs. 1 GG ).

2. Das Berufungsurteil beruht auf dem Gehörsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht anders entschieden hätte, wenn es den Vortrag des Klägers in verfassungsrechtlich gebotener Weise berücksichtigt hätte. Dieser hat weiter vorgetragen, dass er die achte und neunte Rate nicht bezahlt hätte, sondern bei Hinweisen des Beklagten auf die Mängel von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht hätte und auf diese Weise seine Gewährleistungsansprüche trotz der später eingetretenen Insolvenz seines Auftragnehmers hätte realisieren können. Soweit zum Zeitpunkt der Zahlung dieser Raten den bis dahin geleisteten Zahlungen keine mangelfrei erbrachten Leistungen in gleicher Höhe gegenüberstehen, kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers bestehen.

3. Von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der weiteren Nichtzulassungsbeschwerde wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO ).

Vorinstanz: OLG Oldenburg, vom 20.02.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 12 U 57/06
Vorinstanz: LG Oldenburg, vom 13.09.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 3057/99