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BGH - Entscheidung vom 24.01.2007

IV ZR 288/04

Normen:
AVB § 4 Nr. 5
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 24.01.2007 - Aktenzeichen IV ZR 288/04

DRsp Nr. 2007/4148

Umfang des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren; Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend eine wissentliche Pflichtverletzung in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mangels Verstoßes gegen das rechtliche Gehör

Normenkette:

AVB § 4 Nr. 5 ; ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1 ; GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nach § 4 Ziff. 5 AVB wegen Schadenstiftung durch eine wissentliche Pflichtverletzung des Klägers von der Leistungspflicht frei, ist weder willkürlich noch beruht sie auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

1. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2002, 68 f., NJW 1998, 2583 , 2584 und BVerfGE 96, 205 , 216 f., jeweils m.w.N.) nur festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. auch BGH, Urteile vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90 - NJW 1992, 2080 unter I 2 b bb und vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573 unter II 1). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist selbst bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts noch nicht anzunehmen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1994, 2279 ).

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur wissentlichen Pflichtverletzung sind zwar unangemessen kurz, aber im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Berufungsurteil lässt vor dem Hintergrund der Feststellungen des Oberlandesgerichts im Haftpflichtprozess noch hinreichend erkennen, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Grundlage der Verurteilung im Haftpflichtprozess war, dass im Außenverhältnis zur Käuferin allein der Kläger einen Provisionsanspruch hatte und er verpflichtet war, die Hälfte davon an die I. GmbH auszukehren, und dass er den im Rahmen des Gemeinschaftsgeschäfts vereinbarten Provisionssatz ohne Zustimmung der I. GmbH pflichtwidrig durch eine Verständigung mit der Käuferin herabgesetzt hatte. Das Oberlandesgericht hat diese Pflichten des Klägers nicht etwa aus allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsgeschäfts abgeleitet, sondern aus einer konkreten Vereinbarung mit der I. GmbH. Da eine solche Vereinbarung übereinstimmende Willenserklärungen voraussetzt, ist auszuschließen, dass der Kläger sich dieser Pflichten nicht bewusst war. Das Haftpflichturteil hat die Einwendungen des Klägers, er sei von einem hälftigen Direktanspruch der I. GmbH gegen die Käuferin ausgegangen und habe angenommen, das Gemeinschaftsgeschäft sei nach der Unterbrechung der Kaufvertragsverhandlungen erledigt gewesen, mit eingehender Begründung verworfen. Soweit die Ausführungen zum subjektiven Tatbestand für den Deckungsprozess nicht bindend sind, sind sie jedenfalls überzeugend. Dass der I. GmbH nach Behauptung des Klägers ein Direktanspruch auf die Hälfte der Provision zugestanden habe, kann ihm schon deshalb nicht abgenommen werden, weil er für seine Hälfte dann eine deutlich höhere Provision durchgesetzt hätte, obwohl die Käuferin eine Reduzierung der Provision erstrebte. Wäre der Kläger von einem Direktanspruch der I. GmbH ausgegangen, wäre es unverständlich, dass er diese nicht vom Abschluss des Kaufvertrages unterrichtet hat. Gleiches gilt, wenn man annehmen würde, der Kläger habe das Gemeinschaftsgeschäft als erledigt angesehen. Ein redlicher Vertragspartner hätte dies der anderen Seite mitgeteilt, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden. Der Kläger hat der I. GmbH nicht einmal nachträglich eine auch nur andeutungsweise plausible Erklärung für sein Verhalten gegeben. Nach allem drängt es sich auf, dass der Kläger als auch in Gemeinschaftsgeschäften erfahrener Großmakler seine Vertragspflichten wissentlich verletzt hat.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: OLG Köln, vom 16.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 63/04
Vorinstanz: LG Bonn, vom 17.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 16 O 31/03