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BGH - Entscheidung vom 24.05.2007

IX ZR 97/04

Normen:
StPO § 111c Abs. 3 § 111k
BGB § 408 Abs. 2 § 407

Fundstellen:
BGHReport 2007, 1001
BGHZ 172, 278
MDR 2007, 1148
NJW 2007, 3352
Rpfleger 2007, 572
WM 2007, 1290
ZIP 2007, 1532

BGH, Urteil vom 24.05.2007 - Aktenzeichen IX ZR 97/04

DRsp Nr. 2007/11502

Auszahlung einer beschlagnahmten Geldforderung an den Verletzten im Strafverfahren; Rechtsstellung des Drittschuldners

»1. Im Strafverfahren darf eine gerichtliche Anordnung, den Betrag einer beschlagnahmten Forderung an den Verletzten einer Straftat auszubezahlen, nach dem Gesetz nicht ergehen. Eine gleichwohl ergangene Anordnung dieses Inhaltes ist nicht unwirksam.2. Ergeht im Strafverfahren eine gerichtliche Anordnung, den Betrag einer beschlagnahmten Forderung an den Verletzten der abgeurteilten Straftat auszubezahlen, kann sich der Drittschuldner gegenüber demjenigen, der aufgrund einer Abtretung des verurteilten Angeklagten ein besseres Recht und die Wirkungslosigkeit der gerichtlichen Anordnung behauptet, darauf berufen, durch Befolgung der Anordnung befreiend geleistet zu haben, es sei denn, dass ihm die Abtretung und bei ungewisser Rechtslage ihre Wirksamkeit bekannt gewesen ist.«

Normenkette:

StPO § 111c Abs. 3 § 111k ; BGB § 408 Abs. 2 § 407 ;

Tatbestand:

Das zuständige Amtsgericht beschlagnahmte am 17. Dezember 1999 ein Festgeldguthaben von jetzt 88.197,96 EUR bei der Beklagten, welches die Klägerin aufgrund einer Abtretung ihres Ehemannes vom 14. Oktober 1997 erworben haben will. Nach Verurteilung des Ehemannes der Klägerin wegen Untreue zum Nachteil einer von ihm verwalteten Konkursmasse ordnete die Große Strafkammer am 28. November 2002 im Wege der Berichtigung an, den sichergestellten Betrag an die geschädigte Konkursmasse auszukehren; zuvor hatte sie in dem verkündeten Urteil den erweiterten Verfall in Höhe der beschlagnahmten Forderung ausgesprochen. Die berichtigte Anordnung stützte sich auf das zwischen den Parteien streitige Einverständnis des Ehemannes der Klägerin und eine entsprechende Anwendung von § 111k StPO . Die Beklagte kam der gerichtlichen Anordnung im Februar 2003 nach. Die Abtretung des Festgeldguthabens an die Klägerin hat sie bestritten.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte an den Konkursverwalter der geschädigten Masse nicht befreiend geleistet habe. Ihre Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Auszahlung des Guthabens weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Auszahlung der beschlagnahmten Geldforderung an die geschädigte Konkursmasse habe im Strafverfahren gegen den Ehemann der Klägerin nicht angeordnet werden dürfen. Gleichwohl sei die Beklagte in ihrem Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit dieser Anordnung gegenüber der Klägerin entsprechend § 836 Abs. 2 ZPO geschützt. Die Klägerin sei beweisfällig dafür geblieben, dass die Abtretung des Festgeldguthabens bereits vor Herstellung einer notariell beglaubigten Abschrift am 2. Februar 2002, nämlich entsprechend der Datierung des Schriftstücks am 14. Oktober 1997, vereinbart worden sei.

Der Ehemann der Klägerin habe außerdem in seinem Strafverfahren der Auszahlung des Guthabens an die geschädigte Konkursmasse zugestimmt. Darin liege ein Abtretungsangebot, welches mit der Inempfangnahme der Auszahlung angenommen worden sei und zugleich den Rechtsschein erweckt habe, dass eine ältere Abtretung der Verfügung des Ehemannes der Klägerin nicht (mehr) entgegenstehe. Dem Gegenbeweis und weiteren Beweis zu der bestrittenen Zustimmung des Ehemannes der Klägerin zu der Auszahlungsanordnung brauche nicht mehr nachgegangen zu werden, weil bereits die Hauptbegründung, dass die Beklagte nach § 836 Abs. 2 ZPO geschützt sei, die Entscheidung trage. Aus den bereits genannten Erwägungen heraus komme auch eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz nicht in Betracht.

II. Dagegen rügt die Revision, dass die Beschlagnahme der Forderung und das Pfändungspfandrecht des Staates mit Rechtskraft des Strafurteils entfallen seien, weil dort weder der Verfall noch eine Fortdauer der Beschlagnahme zugunsten der Verletzten gemäß § 111i StPO angeordnet worden sei. Die Auskehrungsanordnung der Großen Strafkammer vom November 2002 sei infolge der spätestens am 2. Februar 2002 vereinbarten Abtretung an die Klägerin ins Leere gegangen. Diese Anordnung sei im Übrigen wegen absoluter Gesetzlosigkeit und wegen Umgehung von § 750 Abs. 1 ZPO nichtig, weil sie einer Zwangsvollstreckung der begünstigten Konkursmasse ohne Titel gleichkomme. Die Staatsanwaltschaft sei trotz Auskehrungsanordnung der Großen Strafkammer nicht zur Verfügung über die beschlagnahmte Forderung berechtigt gewesen. Da die Anordnung der Großen Strafkammer nichtig gewesen sei, könne die vom Berufungsgericht entsprechend angewendete Vorschrift des § 836 Abs. 2 ZPO die Beklagte wie in Fällen eines unwirksamen Überweisungsbeschlusses nach Arrestpfändung nicht schützen. Sie gelte auch nicht im Verhältnis zur Klägerin, die durch Abtretung ein besseres Recht als der Staat oder die durch die Straftat verletzte Konkursmasse erworben habe; hier seien § 408 Abs. 2 , § 407 BGB einschlägig. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften seien nicht erfüllt.

Dem Vertrauensschutz stehe schon die Nichtigkeit der Auskehrungsanordnung entgegen. Die Beklagte habe aber auch, bevor das Festgeld nach Anordnung der Großen Strafkammer vom November 2002 ausgezahlt worden sei, durch das Schreiben der Klägerin vom 28. Februar 2000 und das ihres Ehemannes vom 3. Februar 2000 Kenntnis von der Abtretung des Guthabens an die Klägerin im Jahre 1997 gehabt. Objektive Zweifel an der Wirksamkeit dieser Abtretung hätten nicht bestanden. Mit seiner gegenteiligen Annahme habe das Berufungsgericht entweder das materielle Recht verletzt oder das angeführte Vorbringen der Klägerin übergangen.

Auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts sei nicht tragfähig; denn die erneute Forderungsabtretung stelle die vorhandene Kenntnis des Schuldners von der älteren Abtretung nicht in Frage.

III. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Die Beklagte hat in entsprechender Anwendung von § 408 Abs. 2 , § 407 BGB mit Befolgung der strafprozessualen Auszahlungsanordnung gegenüber der Klägerin befreiend geleistet, selbst wenn diese mit Wirksamkeit gegenüber der geschädigten Konkursmasse das abgetretene Festgeldguthaben erworben hatte.

1. Das Berufungsgericht ist ohne Erörterung davon ausgegangen, dass die Anordnung des erweiterten Verfalls gegen den Ehemann der Klägerin in dem verkündeten Strafurteil bei Absetzung der Entscheidung wirksam in die Auskehrung des beschlagnahmten Betrages an die geschädigte Konkursmasse berichtigt werden konnte. Dies wäre zweifelhaft, wenn die Große Strafkammer ursprünglich übersehen haben sollte, dass der angewendete Straftatbestand, Untreue gemäß § 266 StGB , nicht auf den erweiterten Verfall des § 73d StGB verweist. Das ist allerdings nach der Urteilsberichtigung auszuschließen, weil diese sich auch darauf stützt, dass in der Hauptverhandlung Staatsanwalt, Verteidiger und Angeklagter sich darüber einig waren, den Gegenstand der beschlagnahmten Forderung an die geschädigte Konkursmasse auszukehren. Mit dieser Zielrichtung kam ein Verfall der Forderung zugunsten des Staates (§ 73e Abs. 1 StGB ) nicht in Betracht, sondern es war von vornherein eine als "erweiterter Verfall" nur falsch bezeichnete Rückgewinnungshilfe für die geschädigte Konkursmasse gemeint.

2. Die Große Strafkammer hat auch nicht verkannt, dass die gemäß § 111c Abs. 3 StPO durch Pfändung beschlagnahmte Forderung gegen die Beklagte keine bewegliche Sache (vgl. § 111c Abs. 1 StPO ) war, deren Herausgabe an den Verletzten nach § 111k StPO angeordnet werden konnte. Die Kammer wollte aber diese Vorschrift entsprechend anwenden. Das mag im Ansatz denkbar sein, weil es sich nicht um einen Strafausspruch handelt, dessen Grundlage außerhalb des Gesetzes weder geschaffen noch verschärft werden darf (BVerfGE 25, 269 , 285; BVerfG NJW 1986, 1671 , 1672), sondern nach der gesetzlichen Regelung nur um die einstweilige hoheitliche Ordnung rechtswidriger Besitzverhältnisse.

Allerdings fehlt es für die von der Großen Strafkammer vertretene analoge Anwendung von § 111k StPO auf die Empfangszuständigkeit des Verletzten für Forderungen, die der Verurteilte aus der Straftat erlangt hat, an der notwendigen Lücke im Gesetz. In § 111i StPO ist bestimmt, dass bei Ansprüchen des Verletzten, die dem Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, auch die Beschlagnahme von Forderungen im Strafurteil nur für höchstens drei Monate aufrechterhalten werden darf, sofern die sofortige Aufhebung gegenüber dem Verletzten unbillig wäre. Wenn danach schon eine Vollstreckungssicherung zugunsten des Verletzten nur befristet möglich ist, so lässt dies eindeutig erkennen, dass eine Anordnung an den Betroffenen, in Vorwegnahme einer Zwangsvollstreckung die Auszahlung an den Verletzten zu dulden, dem Gesetz widerspricht.

3. Die strafprozessuale Anordnung, die mit dem Ertrag einer Straftat begründete Forderung des Verurteilten durch Zahlung an den Verletzten zu erfüllen, ist trotz ihrer Unzulässigkeit wirksam. Die entsprechende Anwendung von § 836 Abs. 2 ZPO zugunsten der Beklagten ist deshalb gegenüber dem Ehemann der Klägerin nicht ausgeschlossen.

Die demgegenüber von der Revision gezogene Parallele zum nichtigen Überweisungsbeschluss nach Erlass eines Arrestbefehls (BGHZ 121, 98 , 101 ff.) trifft in einem wesentlichen Punkt nicht zu. Das Gesetz lässt einen Überweisungsbeschluss aufgrund Arrestbefehls, welcher nur der Sicherung, nicht der Befriedigung dient, in keinem denkbaren Fall zu. Diese Ermächtigung des Vollstreckungsgerichts ist dem Gesetz im Verfahren der Arrestvollziehung vollständig fremd. Ähnlich dem dinglichen Arrest dient zwar auch die Rückgewinnungshilfe der §§ 111b ff. StPO grundsätzlich nur der Sicherung des Verletzten, wie insbesondere § 111b Abs. 5 , § 111g Abs. 1 und 3 sowie § 111i StPO erkennen lassen. Doch werden durch die angeordnete und vollzogene Herausgabe beschlagnahmter beweglicher Sachen an den Verletzten gemäß § 111k StPO ausnahmsweise bereits seine Ansprüche auf Herausgabe des Besitzes befriedigt, ohne dass es eines Titels oder einer Zwangsvollstreckung nach den §§ 883 , 884 ZPO gegen den Verurteilten bedürfte. Dies wird zwar in vielen Fällen dadurch erleichtert, dass die Sache bereits nach § 111c Abs. 1 StPO in staatlichen Gewahrsam genommen worden ist. Unabdingbare Voraussetzung für eine zulässige Herausgabeanordnung nach § 111k StPO ist dies jedoch nicht (Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 111k Rn. 20).

Die Große Strafkammer hat daher hier mit ihrer Anordnung in dem Verfahren gegen den Ehemann der Klägerin nur die Grenzen einer gesetzlichen Ermächtigung überschritten, nicht sich eine gesetzesfremde Befugnis angemaßt. Der erstgenannte Rechtsfehler führt zur Anfechtbarkeit, letzteres kann bei offenkundiger Rechtslage Nichtigkeit bewirken. Hier durfte die Beklagte nach dem Berichtigungsbeschluss der Großen Strafkammer vom 28. November 2002 sogar von einem Rechtsmittelverzicht des Ehemannes der Klägerin ausgehen. Umso mehr musste sie, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat, in ihrem Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der strafprozessualen Auszahlungsanordnung gegenüber dem Ehemann der Klägerin entsprechend § 836 Abs. 2 ZPO geschützt sein. Denn auf einen etwaigen Anfechtungsgrund des Verurteilten gegen die ergangene Auszahlungsanordnung kam es nach seinem erteilten Einverständnis nicht einmal an. Die strafprozessuale Auszahlungsanordnung ersetzte den Vollstreckungstitel und den eine Befriedigung ermöglichenden Überweisungsbeschluss zur Einziehung nach § 835 Abs. 1 ZPO . Für den notwendigen Schutz des Drittschuldners vor der Gefahr, durch die Befolgung gerichtlicher Anordnungen ungerechtfertigte Nachteile zu erleiden, und das dagegen abzuwägende Interesse des Verurteilten, wie ein Vollstreckungsschuldner durch rechtswidrige Anordnung des Gerichts keine Vermögenseinbußen hinnehmen zu müssen (vgl. BGHZ 127, 146 , 155), ergibt sich aus den unterschiedlichen Formen der vollstreckungs- und strafgerichtlichen Anordnungen kein Unterschied. Es kann auch weder bei der Rechts- oder Forderungspfändung noch bei einer strafprozessualen Rückgabe- oder Rückzahlungsanordnung dem Zweck des Gesetzes entsprechen, wenn Drittschuldner aus Sorge, von ihrer Verbindlichkeit nicht frei zu werden, die geschuldete Leistung vermehrt hinterlegen müssten (vgl. BGHZ aaO.).

4. Die Beklagte kann sich entsprechend § 408 Abs. 2 , § 407 BGB auch gegenüber der Klägerin darauf berufen, von der behaupteten Abtretung des Festgeldguthabens keine Kenntnis gehabt und mit seiner Auszahlung an die geschädigte Konkursmasse befreiend geleistet zu haben.

a) Die Revision nimmt hin, dass das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin nicht feststellen konnte, ihr sei das Festgeldguthaben ihres Ehemannes bei der Beklagten bereits vor dem Zeitpunkt abgetreten worden, als die Beschlagnahme gemäß § 111k StPO , § 829 Abs. 3 ZPO durch Zustellung des Beschlusses an die Beklagte wirksam wurde.

b) Die Vorschriften der § 408 Abs. 2 , § 407 BGB sind für den Schutz des Drittschuldners gegenüber demjenigen, der durch Abtretung von Seiten des ursprünglichen Gläubigers ein besseres Recht als der Pfändungsgläubiger erworben hat, das dem Drittschuldner zur Zeit seiner Leistung unbekannt war, einschlägig (BGHZ 66, 394 , 396). Sie beruhen darauf, dass sich die Wirkung einer Pfändung, die stets nur das angebliche Recht des Vollstreckungsschuldners erfasst, auf seine materielle Berechtigung nicht erstreckt (BGHZ 127, 146 , 154 oben). Hat der Vollstreckungsschuldner die Forderung bereits vor der Pfändung an einen Dritten abgetreten, so geht die Pfändung ins Leere, die Überweisung gewährt dem Vollstreckungsgläubiger keine Rechte (BGHZ 56, 339 f.; 100, 36, 42; 151, 127, 131; BGH, Urt. v. 21. September 2006 - IX ZR 23/05, ZIP 2007, 146 ). Der Drittschuldner wird durch Zahlung an den Vollstreckungsgläubiger grundsätzlich nicht frei (BGH, Urt. v. 26. Mai 1987 - IX ZR 201/86, NJW 1988, 495 f.). Hier greift zugunsten des Drittschuldners, welcher von der Abtretung keine Kenntnis hat, der materielle Leistungsschutz der § 408 Abs. 2 , § 407 BGB ein (vgl. BGH, Urt. v. 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01, NJW 2002, 755 , 757).

c) Die Vorschriften der § 408 Abs. 2 , § 407 BGB sind entsprechend anzuwenden, wenn das Gericht im Strafprozess gemäß § 73 StGB den Verfall einer Forderung anordnet, die der Verurteilte aus der Straftat direkt oder mittelbar erworben hat, obwohl sie nach zwischenzeitlicher Abtretung einem anderen zusteht, oder wenn es die Herausgabe einer beweglichen Sache an den Verletzten anordnet, obwohl sie einem Dritten gehört.

Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, geht das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht nach § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB mit Rechtskraft der Entscheidung nur dann auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Der Verfall einer Forderung ersetzt die sonst notwendige Pfändung und Überweisung gegenüber dem Verurteilten und dem Drittschuldner (vgl. W. Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rn. 479). Wie diese Vollstreckungshandlungen bleibt der Verfall wirkungslos, wenn der Verurteilte schon vor der Beschlagnahme nach § 111c Abs. 3 StPO seine Forderung an einen Dritten abgetreten hatte. Wird nach dieser Vorschrift eine Forderung beschlagnahmt, die nicht (mehr) dem Betroffenen zusteht, so geht auch die Beschlagnahmepfändung ins Leere (W. Schmidt, aaO. Rn. 684). Der im Strafverfahren ohne sein Verschulden nicht beteiligte Dritte kann sein Recht gemäß § 442 Abs. 1 , § 439 StPO im Nachverfahren geltend machen.

Für den Drittschuldner stellt sich hier wie bei einem möglicherweise wirkungslosen Überweisungsbeschluss gemäß § 835 Abs. 1 ZPO die Frage, ob er ohne Gefahr ungerechtfertiger Nachteile an den Staat als Verfallberechtigten leisten kann, wenn er mit dem besseren Recht eines Dritten rechnen muss. Auch hier ergibt sich die interessengerechte Lösung aus der gesetzlichen Wertung der § 408 Abs. 2 , § 407 BGB : Der Drittschuldner ist geschützt, es sei denn, dass er bei seiner Leistung von dem besseren Recht des Dritten Kenntnis hatte.

d) Ordnet das Gericht im Strafprozess nach § 111k StPO die Herausgabe einer beweglichen Sache an den Verletzten an, so ist gleichfalls Voraussetzung, dass Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen. Die vorläufige Besitzstandsregelung, die der Strafrichter trifft, hindert den Dritten nicht, sein besseres Recht gegen den Anordnungsbesitzer zu verfolgen, an den die beschlagnahmte Sache herausgegeben worden ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 111k Rn. 1; Schäfer, aaO. § 111k Rn. 23, jeweils m.w.N.; vgl. auch KK-StPO/Nack, 5. Aufl. § 111k Rn. 6).

Kommt es - wie im Streitfall - im Strafprozess zu der Anordnung, den Betrag einer beschlagnahmten Forderung an den Verletzten auszuzahlen, kann dies keine weitergehenden Rechtswirkungen gegenüber einem besser berechtigten Dritten entfalten als die Herausgabe einer beschlagnahmten beweglichen Sache an den Verletzten oder der angeordnete Verfall. Der Drittschuldner muss damit rechnen, dass er trotz gerichtlich bestimmter Empfangszuständigkeit des Verletzten seine Schuld durch Zahlung an diesen nicht erfüllt. Er bedarf folglich in gleicher Interessenlage auch hier des Gutglaubensschutzes, den § 408 Abs. 2 , § 407 BGB dem Drittschuldner im Falle eines wirkungslosen gerichtlichen Überweisungsbeschlusses vermitteln.

5. Die bei entsprechender Anwendung von § 408 Abs. 2 , § 407 BGB für die Beklagte schädliche Kenntnis von dem Forderungsrecht der Klägerin auf das ausgekehrte Festgeldguthaben ihres verurteilten Ehemannes hat die Beklagte trotz der erhaltenen Mitteilungen nicht gehabt. Die Beklagte hat nicht erkannt, dass die Forderungsabtretung zwischen den Eheleuten gegenüber dem nach Anordnung der Strafkammer empfangsberechtigten Verletzten wirksam war.

Eine Abtretung nach dem Wirksamwerden der Beschlagnahme war gemäß § 111c Abs. 5 StPO , § 136 BGB gegenüber dem verfallberechtigten Staat relativ unwirksam (BGH, Urt. v. heutigen Tage - IX ZR 41/05, z.V.b.). Sie war nach § 111g Abs. 3 Satz 1 StPO auch gegenüber dem Verwalter der geschädigte Konkursmasse unwirksam, wenn er während der Dauer der Beschlagnahme mit Zulassung des Richters gemäß § 111g Abs. 2 StPO in die abgetretene Forderung vollstreckt oder den Arrest vollzogen hätte. Dies ist allerdings, wie die Beklagte wusste, unterblieben. Die Große Strafkammer hat auch keine Beschlagnahmeverlängerung gemäß § 111i StPO ausgesprochen, die dem Konkursverwalter nach Urteilsverkündung gegen den Angeklagten noch solche Schritte erlaubt hätte. Gleichwohl musste die Beschlagnahme nicht, wie die Revision in Anlehnung an den gesetzeskonformen Regelfall vertritt, mit der Rechtskraft des Strafurteils ohne weiteres entfallen (vgl. dazu etwa Schäfer, aaO. § 111e Rn. 19), was bedeutet hätte, dass die Abtretung an die Klägerin der Verletzten gegenüber wirksam gewesen und dem Staat gegenüber nachträglich wirksam geworden wäre. Vielmehr konnte mit der verfallähnlichen Anordnung der Strafkammer die Beschlagnahme entsprechend § 111g Abs. 5 StPO bis zur Auszahlung des Guthabens an die empfangszuständige Konkursmasse fortdauern, die hier an die Stelle des nach § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB für die Verfallswirkung maßgebenden Zeitpunkts der Rechtskraft zu treten hätte. Diese Beschlagnahme hätte auch, weil sie mit der getroffenen Auszahlungsanordnung zugunsten der Verletzten Schutzwirkung für diese entfalten musste, einen Forderungserwerb der Klägerin vom 2. Februar 2002 gegenüber der Verletzten unwirksam machen können. Aus Sicht der Beklagten musste für eine solche Rechtslage weiterhin die im Berichtigungsbeschluss der Strafkammer vom 28. November 2002 festgehaltene Zustimmung des Ehemannes der Klägerin zu der angeordneten Auszahlung sprechen; denn sie deutete auf seine (fortdauernde) Verfügungsmacht als Gläubiger, die sich auch aufgrund der Beschlagnahmewirkungen ergeben konnte.

Der Senat braucht im gegebenen Zusammenhang nicht abschließend zu entscheiden, ob die - wie vorstehend ausgeführt - möglichen Rechtswirkungen von der anfechtbaren Auszahlungsanordnung der Großen Strafkammer tatsächlich ausgegangen sind. Ist die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung - wie hier von der Beklagten - für den Schuldner auch aus Rechtsgründen nicht zu übersehen, so kann ihm nicht zugemutet werden, zur Klärung dieser Frage ein Rechtsgutachten einzuholen oder sich auf den Weg der Hinterlegung verweisen zu lassen. Er hat bei objektiver Ungewissheit über die Wirksamkeit einer Abtretung von dieser Verfügung keine genügende Kenntnis im Sinne von § 407 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 18. März 2004 - IX ZR 177/03, WM 2004, 981 , 985 unter II. 4.).

Vorinstanz: OLG München, vom 18.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 19 U 5296/03
Vorinstanz: LG München I, vom 30.09.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 28 O 14667/03
Fundstellen
BGHReport 2007, 1001
BGHZ 172, 278
MDR 2007, 1148
NJW 2007, 3352
Rpfleger 2007, 572
WM 2007, 1290
ZIP 2007, 1532