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BGH - Entscheidung vom 30.10.2007

VI ZR 132/06

Normen:
BGB § 227

Fundstellen:
BGHReport 2008, 225
MDR 2008, 265
NJW 2008, 571
NZV 2008, 85
VRS 114, 81
VersR 2008, 225
zfs 2008, 129

BGH, Urteil vom 30.10.2007 - Aktenzeichen VI ZR 132/06

DRsp Nr. 2007/23523

Anforderungen an die Darlegung der Notwehrlage bei mehreren Schädigungshandlungen

»a) Bei mehreren Schädigungshandlungen trifft den Verteidiger für jede einzelne die Beweislast, dass die Voraussetzungen einer Notwehrlage vorlagen.b) Ist streitig, welche Schadensfolgen die einzelnen Verletzungshandlungen nach sich gezogen haben, und sind nur einige dieser Handlungen durch Notwehr gerechtfertigt, muss der Geschädigte beweisen, dass gerade die Verletzungshandlung für die Entstehung seines Schadens ursächlich war, deretwegen sich der Verteidiger nicht auf Notwehr berufen kann.«

Normenkette:

BGB § 227 ;

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen der Folgen einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien.

Am 7. September 2003 gegen 3 Uhr versetzte der Beklagte dem Kläger während eines Straßenfestes mehrere Faustschläge ins Gesicht, durch die der Kläger Frakturen am Unterkiefer erlitt. Über den Tathergang im Einzelnen streiten die Parteien.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie Ersatz seines materiellen Schadens. Zudem beantragt er, die Ersatzpflicht des Beklagten für sämtliche ihm aus dem Schadensereignis noch entstehenden zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden festzustellen, soweit Ersatzansprüche nicht auf Dritte oder auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Das Landgericht hat dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 EUR zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dem Kläger weitere 800 EUR Schmerzensgeld zuerkannt und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:

I. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die das Berufungsgericht seiner Beurteilung zu Grunde legt, sind die Parteien bei dem fraglichen Vorfall im Gedränge leicht gegeneinander gestoßen. Der Kläger habe sich beim Weitergehen abfällig über den Beklagten geäußert und "Scheiß Türke" sowie "Du kannst ja nicht mal richtig deutsch" gesagt, woraufhin der Beklagte dem Kläger nachgegangen sei und ihn zur Rede gestellt habe. Es sei zu einer sich zuspitzenden verbalen Auseinandersetzung gekommen. In deren Verlauf habe der Beklagte dem Kläger die Baseball-Kappe vom Kopf geschlagen. Hierauf habe der Kläger den Beklagten einige Sekunden lang am Hals gewürgt, woraufhin der Beklagte den Kläger weggeschubst habe. Sodann sei der Kläger mit geballten Fäusten auf den Beklagten zugelaufen. Um diesen Angriff abzuwehren, habe der Beklagte dem Kläger drei Mal ins Gesicht geschlagen, wodurch der Kläger zu Boden gegangen sei. Obwohl der Beklagte die Kampfunfähigkeit des Klägers erkannt habe, habe er den am Boden liegenden Kläger nochmals bis zu drei Mal geschlagen.

Das Berufungsgericht hat die drei ersten Schläge in das Gesicht des Klägers als nach § 227 BGB gerechtfertigt angesehen und die Haftung des Beklagten für die späteren Schläge bejaht. Es teilt allerdings die Beurteilung des Landgerichts, es könne nicht festgestellt werden, durch welche Schläge die Verletzungen des Klägers und der von ihm behauptete materielle Schaden verursacht worden seien. Diese Ungewissheit gehe zu Lasten des Klägers, den insoweit die Beweislast treffe. Wegen der gegen den kampfunfähig am Boden liegenden Kläger geführten Schläge sei ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 1.300 EUR angemessen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil für solche Fälle die Frage der Beweislast höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.

II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Nicht durchgreifend ist die Rüge der Revision, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lasse wesentliche Umstände unberücksichtigt und sei widersprüchlich. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senat, Urteile vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - NJW 1997, 796 , 797 und vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 ). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf.

Soweit die Revision meint, die Beweiswürdigung habe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen, weil das Berufungsgericht die im Strafverfahren protokollierten Aussagen des Beklagten sowie des vom Landgericht als Zeugen vernommenen D. F. nicht in seine Würdigung einbezogen habe, zeigt sie nicht auf, dass insoweit in den Tatsacheninstanzen ein Beweisantritt erfolgt ist. Zudem kann sich das Gericht nach § 540 Abs. 1 ZPO auf die wesentlichen Gesichtspunkte der Begründung beschränken, so dass sich nicht alleine aus der fehlenden Auseinandersetzung mit einem einzelnen Gesichtspunkt eine lückenhafte Beweiswürdigung ergibt. Soweit die Revision rügt, die Feststellungen der Vorinstanzen seien widersprüchlich, weil sie den Beginn der tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien in dem Würgen durch den Kläger sähen und ihnen zugleich zu entnehmen sei, der Beklagte habe zuvor dem Kläger die Mütze vom Kopf geschlagen, liegt hierin kein Widerspruch. Die Vorinstanzen haben ersichtlich den Vorgang mit der Mütze nicht als tätlichen Angriff gewertet, der - wie die Revision wohl nahe legen will - eine Notwehrreaktion des Klägers herausgefordert haben könnte.

2. Vielmehr tragen die getroffenen Feststellungen die Auffassung des Berufungsgerichts, die drei ersten Schläge des Beklagten seien nach § 227 BGB gerechtfertigt.

a) Unbedenklich ist die Annahme einer Notwehrlage. Darin, dass der Kläger aus einer Entfernung von wenigen Metern mit geballten Fäusten auf den Beklagten zulief, lag unter den vom Berufungsgericht festgestellten konkreten Umständen ein gegenwärtiger Angriff, da eine Verletzungshandlung unmittelbar bevorstand. Der Angriff war auch rechtswidrig. Insbesondere ist das Geschehen entgegen der Auffassung der Revision nicht als komplexer einheitlicher Vorgang einer Schlägerei zwischen zwei Personen zu werten. Zwar mag bei einer Rauferei, bei der jeder der Beteiligten den Willen zur tätlichen Auseinandersetzung in einem für eine Rauferei üblichen Rahmen hat, ein sich in diesem Rahmen haltender Angriff grundsätzlich nicht rechtswidrig sein (vgl. OLG Saarbrücken VRS 42, 419, 420 f.; MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., § 227, Rn. 11). So lag es hier indes nicht, denn der Beklagte beschränkte sich bis zu seiner Verteidigung durch die Schläge auf eine verbale Auseinandersetzung und das Herunterschlagen der Mütze vom Kopf des Klägers und setzte sich im Übrigen passiv gegen das Würgen zur Wehr, indem er den Kläger wegschubste.

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen die Verteidigung des Beklagten für erforderlich gehalten hat.

aa) Erforderlich ist die Verteidigung, die zur Abwehr des Angriffs zumindest teilweise geeignet ist und zugleich das relativ mildeste Gegenmittel darstellt (MünchKommBGB/Grothe, aaO., Rn. 13). Der Rahmen der erforderlichen Verteidigung wird durch die gesamten Umstände bestimmt, unter welchen Angriff und Abwehr sich abspielen, insbesondere durch die Stärke und Gefährlichkeit des Angreifers und die Verteidigungsmöglichkeit des Angegriffenen (BGH, Urteile vom 25. November 1980 - 1 StR 563/80 - NStZ 1981, 138 ; vom 30. Oktober 1986 - 4 StR 505/86 - NStZ 1987, 172 ; vom 28. Februar 1989 - 1 StR 741/88 - NJW 1989, 3027). Trutzwehr ist zwar erst erforderlich, wenn Schutzwehr keinen Erfolg verspricht oder sich bereits als erfolglos erwiesen hat. Der Verteidiger ist aber nur dann auf ungefährlichere Abwehrmaßnahmen verwiesen, wenn diese eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr mit Sicherheit erwarten lassen, ohne dass Zweifel über die Wirkung des Verteidigungsmittels verbleiben (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1975 - VI ZR 232/73 - NJW 1976, 41 , 42; ferner BGHSt 24, 356 , 358; BGH, Urteile vom 27. April 1982 - 5 StR 94/82 - NStZ 1982, 285 ; vom 24. September 1998 - 4 StR 309/98 - NStZ-RR 1999, 40 , 41; vom 22. November 2000 - 3 StR 331/00 - NJW 2001, 1075 , 1076; vom 13. März 2003 - 3 StR 458/02 - NStZ 2004, 615 , 616; vom 30. Juni 2004 - 2 StR 82/04 - NStZ 2005, 31 ); auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang muss sich der Verteidiger nicht einlassen (BGH, Urteile vom 27. April 1982 - 5 StR 94/82 - aaO.; vom 24. September 1998 - 4 StR 309/98 - aaO.; vom 12. Februar 2003 - 1 StR 403/02 - NJW 2003, 1955 , 1957).

bb) Nach diesen Maßstäben begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verteidigung des Beklagten mittels dreier gezielter Faustschläge gegen den Kopf des Klägers sei erforderlich gewesen, keinen durchgreifenden Bedenken. Dass eine Beschränkung auf reine Schutzwehr erfolglos gewesen wäre, belegt das erfolglose Wegschubsen des Klägers kurz zuvor. Dass Schläge gegen andere Körperregionen oder die Beschränkung auf nur einen Schlag gegen den Kopf des Klägers ein ebenso wirksames Abwehrmittel dargestellt hätten und eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr mit Sicherheit hätten erwarten lassen, ergeben die getroffenen Feststellungen nicht. Vielmehr durfte der Beklagte sich im Hinblick auf seine körperliche Unterlegenheit und das vorangegangene Würgen durch den Kläger nach den insoweit unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts in dieser Weise verteidigen.

c) Einschränkungen des Notwehrrechts des Beklagten mit der Folge einer Notwehrüberschreitung hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht verneint.

aa) Dass der Kläger nach den vom Berufungsgericht zu Grunde gelegten Feststellungen des Landgerichts zur Tatzeit "nicht unerheblich alkoholisiert" bzw. "durchaus angetrunken" war, macht die Verteidigung des Beklagten nicht rechtswidrig. Selbst wenn das Notwehrrecht bei Angriffen Betrunkener, die sich schuldhaft in diesen Zustand versetzt haben, Einschränkungen unterliegen sollte, ist der Angegriffene sogar gegenüber Angriffen Schuldloser nur dann auf ein Ausweichen oder eine reine Schutzwehr verwiesen, wenn ihm diese zuzumuten und gefahrlos möglich ist (vgl. BayObLG NStZ-RR 1999, 9 ). Das war hier nicht der Fall.

bb) Ohne Rechtsfehler hält das Berufungsgericht eine Notwehrüberschreitung trotz etwaiger vorausgegangener Provokationen durch den Beklagten für nicht gegeben. Selbst wenn die Herbeiführung bzw. Teilnahme des Beklagten an den den Tätlichkeiten vorangegangenen verbalen Auseinandersetzungen sowie das Herunterschlagen der Baseball-Kappe zu Einschränkungen des Notwehrrechts des Beklagten nach § 242 BGB geführt haben sollten, hielt sich seine Verteidigung jedenfalls in den ihr dann gesetzten Grenzen. Zwar muss der Angegriffene nach gefestigter Rechtsprechung, hat er den Angriff durch eine Provokation mitverschuldet, im Rahmen des Möglichen ausweichen oder sich auf mildere, wenngleich weniger sichere Verteidigungsmittel beschränken (vgl. BGHSt 24, 356 , 358 f.; 26, 143, 145; 39, 374, 379; 42, 97, 100; BGH, Urteile vom 18. August 1988 - 4 StR 297/88 - NStZ 1989, 113 , 114; vom 22. November 2000 - 3 StR 331/00 - NJW 2001, 1075 , 1076; vgl. auch Schönke/Schröder/StGB-Lenckner/Perron, 27. Aufl., § 32 Rn. 60; MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., § 227 Rn. 24). Indes hängt das Maß der Einschränkungen des Notwehrrechts von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Gewicht der schuldhaften Verursachung einerseits und dem Gewicht der drohenden Rechtsgutsverletzung andererseits (BGH, Urteil vom 2. November 2005 - 2 StR 237/05 - NStZ 2006, 332 , 333 m.w.N.). Hier überschritt die Verteidigung des Beklagten schon deswegen nicht die seinem Notwehrrecht gesetzten Grenzen, weil seine etwaigen Provokationen eine Folge der Beleidigungen durch den Kläger darstellten und sie im Vergleich zu den dem Angriff vorausgegangenen Tätlichkeiten des Klägers und den zu befürchtenden erheblichen Folgen des Angriffs selbst nicht schwer wogen. Jedenfalls aber steht dem Verteidiger, hat er sich mit der Abwehr gegen einen von ihm provozierten Angriff eine gewisse Zeit fruchtlos zurückgehalten, in der Regel wieder das volle Notwehrrecht zu (BGHSt 26, 256 , 257; 39, 374, 379; Schönke/Schröder/StGB-Lenckner/Perron, aaO.; MünchKommBGB/Grothe, aaO.; Palandt/Heinrichs, BGB , 66. Aufl., § 227 Rn. 9). So lag es im Streitfall, in dem sich der Beklagte gegen das Würgen lediglich damit verteidigte, dass er den Kläger von sich wegschubste. Ging dieser daraufhin zu einem erneuten, noch gefährlicheren Angriff über, so durfte der Beklagte dagegen trotz etwaiger früherer Provokationen jedenfalls in der geschehenen Weise von seinem Notwehrrecht Gebrauch machen.

3. Das Berufungsurteil begegnet schließlich keinen Bedenken, soweit es eine Haftung des Beklagten für die Schadensfolgen nicht daraus herleitet, dass der Beklagte dem am Boden liegenden Kläger weitere, nicht durch Notwehr gerechtfertigte Schläge versetzt hat. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Nachweis, dass die behaupteten Verletzungs- und sonstigen Schadensfolgen auf die späteren Schläge des Beklagten zurückgingen, als nicht geführt ansieht und insofern den Kläger für beweisbelastet hält.

a) Die Vorinstanzen haben nicht feststellen können, welche Verletzungen und sonstigen Schäden des Klägers auf die ersten, durch Notwehr gerechtfertigten, und welche auf die späteren Schläge zurückgingen. Abgesehen davon, dass der Kläger selbst nicht geltend macht, die erlittenen Verletzungen und Schäden könnten den einzelnen Schlägen zugeordnet werden, lässt diese Beurteilung Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit die Revision meint, es könne jedenfalls festgestellt werden, dass durch die späteren Schläge die Verletzungen des Klägers erheblich verstärkt worden seien, haben die Vorinstanzen das eben nicht feststellen können.

b) Dass das Berufungsgericht auf dieser Grundlage eine Haftung des Beklagten lediglich für die dem Kläger durch die späteren Schläge nachweislich zugefügten Schmerzen bejaht, ist nicht zu beanstanden.

aa) Zwar trifft die Beweislast dafür, dass eine Verletzungshandlung eine Verteidigung auf eine Notwehrlage darstellte, denjenigen, der sich darauf beruft (vgl. Senat, Urteile vom 23. September 1975 - VI ZR 232/73 - NJW 1976, 41 , 42; vom 18. November 1980 - VI ZR 151/78 - VersR 1981, 376 , 377; vom 26. Mai 1987 - VI ZR 157/86 - NJW 1987, 2509 ; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl., § 227 Rn. 1). Demgemäß trifft bei mehreren zeitlich auseinander liegenden Schädigungshandlungen den Verteidiger für jede einzelne die Beweislast, dass jeweils die Voraussetzungen einer Notwehrlage vorlagen und er sich gegen den Angriff verteidigte. Das hat das Berufungsgericht für die ersten drei Schläge festgestellt. Ist jedoch streitig, welche Schadensfolgen die einzelnen Verletzungshandlungen nach sich gezogen haben, und sind nur einige dieser Handlungen durch Notwehr gerechtfertigt, so muss der Angreifer und Geschädigte beweisen, dass gerade die Verletzungshandlung für die Entstehung seines Schadens ursächlich war, deretwegen sich der Verteidiger nicht auf Notwehr berufen kann (OLG Celle VersR 1989, 751, 752; Baumgärtel/Laumen, aaO., Rn. 3; MünchKomm/BGB-Grothe, aaO., Rn. 27). Soweit aus dem Senatsurteil vom 31. März 1967 - VI ZR 166/65 -, VersR 1967, 661 etwas anderes entnommen werden könnte, könnte daran nicht festgehalten werden. Steht nämlich - wie im Streitfall - fest, welche der als schadensursächlich in Betracht kommenden Verletzungshandlungen durch Notwehr gerechtfertigt sind und welche nicht, so ist geklärt, für die Folgen welcher Handlungen der Verteidiger einzustehen hat. Dann aber muss nach allgemeinen Grundsätzen der Geschädigte beweisen, dass seine Verletzungen durch rechtswidrige, also nicht durch Notwehr gerechtfertigte Handlungen des Schädigers herbeigeführt worden sind.

bb) Entgegen den Ausführungen in der schriftlichen Revisionsbegründung kommt im Streitfall auch nicht eine analoge Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht.

Nach dieser Vorschrift bedarf es des Nachweises einer Kausalität des jeweiligen Verursachungsbeitrags nicht, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04 - NJW 2006, 2399 m.w.N.; BGH, Urteil vom 16. Januar 2001 - X ZR 69/99 - NJW 2001, 2538 , 2539). Voraussetzung ist also, dass mehrere Beteiligte für die Verursachung des Schadens in Frage kommen. Das ist hier nicht der Fall, weil die Verletzungen des Klägers allein durch den Beklagten verursacht worden sind. Fraglich ist allein, ob er dabei in Notwehr oder rechtswidrig gehandelt hat. Diese Zweifel können jedoch durch § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht überbrückt werden (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom 17. Dezember 1952 - VI ZR 6/52 - LM Nr. 2 zu § 830 BGB ; vom 22. Mai 1979 - VI ZR 82/78 - VersR 1979, 822; Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB , Neubearbeitung 2002, § 830 Rn. 80 m.w.N.).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO .

Hinweise:

Anmerkung Eberhard Wagner BGHReport 2008, 225

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 02.06.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 14 U 234/04
Vorinstanz: LG Offenburg, vom 02.12.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 141/04
Fundstellen
BGHReport 2008, 225
MDR 2008, 265
NJW 2008, 571
NZV 2008, 85
VRS 114, 81
VersR 2008, 225
zfs 2008, 129