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BGH - Entscheidung vom 16.03.2006

III ZR 127/05

Normen:
BGB § 276 § 249 (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung)

BGH, Versäumnisurteil vom 16.03.2006 - Aktenzeichen III ZR 127/05

DRsp Nr. 2006/11052

Voraussetzungen der Prospekthaftung; Anforderungen an die Darstellung sog. weicher Kosten; Anrechnung steuerlicher Vorteile

»Für die Frage, ob der Anleger sich auf seinen Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung steuerliche Vorteile anrechnen lassen muss, kommt es auf die Prüfung im Einzelfall nach dem konkreten Parteivorbringen an, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten bei Abstandnahme von der Beteiligung entwickelt hätte. Allein die generelle Annahme, im Regelfall hätte der Geschädigte eine andere steuerbegünstigte Anlage getätigt, kann die Nichtanrechnung der Vorteile nicht rechtfertigen (Anschluss an BGH, Urt. v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174 ).«

Normenkette:

BGB § 276 § 249 (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) ;

Tatbestand:

Die Kläger zeichneten jeweils 1997 Beteiligungen als Kommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D.D.C. Grundstücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W.-G. 2 KG, und zwar die Kläger zu 1 und 3 bis 5 in Höhe von je 50.000 DM und der Kläger zu 2 in Höhe von 250.000 DM, jeweils zuzüglich 5 % Agio.

Sie haben - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - die Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte) wegen Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Beklagte verurteilt, an die Kläger zu 1 und 3 bis 5 je 26.842,82 EUR nebst Zinsen und an den Kläger zu 2 134.214,11 EUR nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübertragung des von den Klägern jeweils gehaltenen Kommanditanteils, zu zahlen. Auf die hiergegen von der Beklagten eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat die Revision - hinsichtlich der Anspruchshöhe - zugelassen, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als je 10.495,94 EUR nebst Zinsen an die Kläger zu 1 und 3 bis 5 sowie von mehr als 52.477,72 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu 2 verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Da die Kläger in der Revisionsverhandlung nicht vertreten waren, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands, soweit er in der Revision angefallen ist (vgl. BGHZ 37, 79 , 81 f.).

Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Es geht in diesem Revisionsverfahren - da die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gegenüber den Klägern dem Grunde nach und jedenfalls in Höhe der vom Berufungsgericht ausgeurteilten Beträge feststeht, soweit sie von der Revisionszulassung unberührt geblieben sind (jeweils 10.495,94 EUR nebst Zinsen an die Kläger zu 1 und 3 bis 5 sowie 52.477,72 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu 2) - nur noch um die Frage, ob die Kläger sich auf ihren Schaden in Höhe der für die Beteiligung an dem Immobilienfonds aufgebrachten Beträge (Kläger zu 1 und 3 bis 5: je 52.500 DM, Kläger zu 2: 262.500 DM) die von ihnen nach der Behauptung der Beklagten erzielten steuerlichen Vorteile der Vermögensanlagen in Höhe von jeweils 60,9 % ihres Kapitaleinsatzes (Kommanditeinlage zuzüglich Agio) anrechnen lassen müssen.

Das Berufungsgericht hat den Standpunkt vertreten, eine dahingehende Vorteilsausgleichung scheide hier aus. Zur Begründung hat das Berufungsgericht Bezug genommen auf die entsprechenden Ausführungen in dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 ( I-15 U 14/01) in einer Parallelsache. Jene Ausführungen gehen im Wesentlichen dahin: Zwar seien grundsätzlich steuerliche Vorteile im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Im Ergebnis nicht anders als in dem Fall BGHZ 74, 103 fehle es im Streitfall aber an einer anrechenbaren Steuerersparnis, weil der Ersparnis als Nachteil gegenüberstehe, dass auch die Schadensersatzleistung zu versteuern sei. Vorliegend habe sich der Anleger zwar bei dem in Rede stehenden Immobilienfonds nicht an einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft beteiligt. Unbeschadet dessen, dass die Gesellschaft lediglich vermögensverwaltende Tätigkeit ausübe, sei hier die Schadensersatzleistung aber ebenfalls zu versteuern. Entscheidend sei, dass die Schadensersatzleistung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehe, weil sie dadurch ausgelöst worden sei, dass der Fonds insolvent geworden sei, so dass positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht (mehr) oder kaum noch erzielt werden könnten.

II. Dies hält, wie der Senat bereits in zwei Urteilen vom 17. November 2005 - hierunter auch das Revisionsurteil zu dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 (III ZR 16/05); außerdem zur gleichen Problematik das Urteil III ZR 350/04 (NJW 2006, 499 ) - ausgeführt hat, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im Hinblick darauf, dass die Fondsgesellschaft, an der die Kläger sich beteiligt haben, als bloße Vermögensverwaltungsgesellschaft nicht gewerblich tätig geworden ist, entfällt hier nicht nur die Versteuerung (anders als im Fall BGHZ 74, 103) unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Einnahme. Es gibt - nach dem jetzigen Sachstand - auch keine Anhaltspunkte für eine Steuerbarkeit des Schadensersatzanspruchs unter dem Blickwinkel der Rückerstattung von Werbungskosten (§ 9 EStG ), dem einer Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen ..." und dem - für den Fall der Übertragung der KG-Anteile auf die Beklagte, Zug um Zug gegen deren Schadensersatzleistung - eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 4 EStG . Zur Begründung im Einzelnen wird auf die genannten beiden Senatsurteile vom 17. November 2005, insbesondere auch auf das zur Veröffentlichung gelangte Urteil III ZR 350/04 (aaO.), Bezug genommen. Schließlich gibt es hier wie dort nach dem jetzigen Sachstand keinen Anhalt dafür, dass die von den Klägern nach dem Beklagtenvortrag in Anspruch genommenen Steuervorteile nachträglich entfallen könnten.

III. Da nach allem die Begründung des angefochtenen Urteils die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von mehr als jeweils 10.495,94 EUR nebst Zinsen an die Kläger zu 1 und 3 bis 5 und von mehr als 52.477,72 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu 2 nicht trägt und das Urteil insoweit auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden kann, ist es in diesem Umfang aufzuheben. Die Sache ist zur weiteren Prüfung des noch offenen Teils der Klageansprüche an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Nach den Grundsätzen über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf Vorteile, die den Schaden mindern (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02 - NJW 2004, 79, 81) wird es in der neuen Berufungsverhandlung in erster Linie Sache der Kläger sein, auf die Berechnungen der Beklagten zu 2 bezüglich der behaupteten Steuervorteile der Kläger im Einzelnen zu erwidern und gegebenenfalls darzulegen, dass sie - anders als nach der vorstehend dargestellten Sicht der steuerrechtlichen Lage - doch mit einer bestimmten Besteuerung im Zusammenhang mit der Abtretung ihrer KG-Anteile Zug um Zug gegen Zahlung des Schadensersatzbetrages zu rechnen haben.

Vorinstanz: OLG München, vom 27.04.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 4574/04
Vorinstanz: LG Traunstein, vom 06.08.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 2935/02