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BGH - Entscheidung vom 29.06.2006

IX ZB 73/04

Normen:
BEG § 222 § 229
PrVG § 22 Abs. 1 Nr. 5 § 33

BGH, Beschluß vom 29.06.2006 - Aktenzeichen IX ZB 73/04

DRsp Nr. 2006/20143

Unzulässigkeit der Revision in einem Entschädigungsverfahren

Mit der Einfügung des Tatbestandsmerkmals "ständiger Aufenthalt" in § 10 und § 22 Abs. 1 Nr. 5 PrVG hat der Berliner Landesgesetzgeber nicht die bewusste Übernahme eines feststehenden Begriffs des Bundesrechts zum Zwecke der Rechtsangleichung beabsichtigt. Der Rechtsbegriff des "ständigen Aufenthalts" findet sich derzeit in über 100 Vorschriften des Bundesrechts, ohne dass in sämtlichen Normbereichen ein identisches Begriffsverständnis festgestellt werden könnte. Es verbleibt daher bei dem Ausschluss der revisionsrechtlichen Prüfung des § 10 PrVG gem. § 222 BEG, wonach die Revision nicht darauf gestützt werden kann, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer Verletzung landesrechtlicher Vorschriften beruht.

Normenkette:

BEG § 222 § 229 ; PrVG § 22 Abs. 1 Nr. 5 § 33 ;

Gründe:

Eine Revision des Klägers gegen das Berufungsurteil wäre nach § 229 BEG, § 33 des Berliner Gesetzes über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus vom 13. April 1956 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1991 (PrVG - GVBl. S. 38) und der danach entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 222 BEG unstatthaft. Das gilt dann auch für eine Beschwerde, die - wie hier - die Zulassung einer solchen Revision erstrebt.

Gemäß § 222 BEG kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer Verletzung landesrechtlicher Vorschriften beruht. Das ist auch für das im Streitfall angewendete Berliner Landesgesetz bereits entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 18. Juni 1958 - IV ZR 24/58, LM GG Art. 100 Nr. 10).

Das Berufungsurteil beruht auf der Auslegung von § 10 PrVG und dem dort zur Umschreibung des Versorgungstatbestandes verwendeten Begriff des ständigen Aufenthalts im Lande Berlin. Das Berufungsgericht hat dazu den Rechtssatz aufgestellt, ständiger Aufenthalt sei der Lebensmittelpunkt des Verfolgten verbunden mit einem zeitlich ganz überwiegenden Aufenthalt in der Stadt Berlin unter Ausschluss anderer Lebensmittelpunkte.

Die vom Kläger vorgelegten und die vom Berufungsgericht angeführten Gesetzesmaterialien ergeben nicht, dass mit der Einfügung des Tatbestandsmerkmals ständiger Aufenthalt in § 10 und § 22 Abs. 1 Nr. 5 PrVG durch den Berliner Landesgesetzgeber die bewusste Übernahme eines feststehenden Begriffes des Bundesrechtes zum Zwecke der Rechtsangleichung beabsichtigt war, was die revisionsrechtliche Überprüfbarkeit seiner Auslegung nach sich ziehen könnte (vgl. BGHZ 4, 219, 220; 118, 295, 297 f.).

Im Übrigen findet sich der Rechtsbegriff des ständigen Aufenthaltes derzeit in über 100 Vorschriften des Bundesrechtes, ohne dass in sämtlichen Normbereichen ein identisches Begriffsverständnis festgestellt werden könnte. Lässt sich der Rechtsbegriff des ständigen Aufenthaltes - wenn auch mit Blick auf das allgemeine Recht - in seiner Auslegung jedoch nicht aus dem jeweiligen Normzusammenhang - hier des Landesrechts - lösen, muss es beim Ausschluss der revisionsrechtlichen Prüfung des § 10 PrVG gemäß § 222 BEG bleiben.

Vorinstanz: KG, vom 20.11.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 19 U (Entsch) 5/03
Vorinstanz: LG Berlin, vom 05.06.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 33 O (Entsch) 3/03