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BGH - Entscheidung vom 12.07.2006

5 StR 98/06

Normen:
StGB § 78b Abs. 1

BGH, Beschluß vom 12.07.2006 - Aktenzeichen 5 StR 98/06

DRsp Nr. 2006/20554

Rückwirkung nur für damals nicht schon verjährte Taten

§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB gilt auch rückwirkend für vor dem 1. April 2004 begangene Taten, sofern diese bis dahin nicht schon verjährt waren.

Normenkette:

StGB § 78b Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist sie sich aus den Gründen der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

Die Bundesanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift u. a. Folgendes ausgeführt:

"Bezüglich der Fälle 2 c), d) und f) ist Verjährung eingetreten. Die Kammer ist hier jeweils von einer Tatzeit nach dem 31. Januar 1994 (= vierzehnter Geburtstag der Geschädigten) ausgegangen, so dass eine Anwendung des § 176 a. F. StGB ausscheidet. Die Verurteilung konnte somit nur auf § 174 StGB gestützt werden, was die Kammer auch nicht verkannt hat.

Diese Vorschrift wurde erst mit Wirkung zum 1. April 2004 in den Katalog des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB aufgenommen. Die Regelung gilt auch rückwirkend für vor dem 1. April 2004 begangene Taten, die bis dahin nicht verjährt waren. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Als erste verjährungsunterbrechende Handlung kommt die Anordnung der Vernehmung des Angeklagten durch die Kriminalpolizei vom 16. März 2005 in Betracht (Bd. I Bl. 72 d. A.). Die Vernehmung selbst fand am 5. April 2005 statt (Bd. I Bl. 73 ff. d. A.).

Die konkrete Tatzeit steht nach den Urteilsgründen nicht fest. Aus dem Gesamtzusammenhang kann jedoch nur auf einen Zeitraum der Tatbegehung geschlossen werden, der der Verjährung unterliegt. Im Übrigen wäre hiervon unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes zu Gunsten des Angeklagten auszugehen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB , 53. Aufl. § 78a Rdn. 6)."

Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.

Aus den gleichen Erwägungen muss in den verbleibenden Fällen II 2 b) und e) die jeweils tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen entfallen.

Der Wegfall der drei Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Aber auch die in den Fällen II 2 b) und e) verhängten Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten bzw. von zwei Jahren Freiheitsstrafe sind aufzuheben. Auch mit Rücksicht auf den erheblichen Zeitablauf kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafzumessung in diesen beiden verbliebenen Fällen von dem zu weit gehenden Schuldspruch oder den entfallenen weiteren Einzelstrafen beeinflusst worden ist. Die Feststellungen können indes insgesamt bestehen bleiben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen, sofern sie den nunmehr rechtskräftigen Feststellungen nicht widersprechen.

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 07.08.2005