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BGH - Entscheidung vom 27.04.2006

5 StR 104/06

Normen:
StGB § 64
StPO § 358 Abs. 2

BGH, Beschluß vom 27.04.2006 - Aktenzeichen 5 StR 104/06

DRsp Nr. 2006/16130

Nachholung einer Unterbringungsanordnung nach Revision des Angeklagten

Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung einer Unterbringungsanordnung nicht.

Normenkette:

StGB § 64 ; StPO § 358 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO . Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung einer Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ; BGHSt 37, 5 ). Der Angeklagte hat - trotz eines in der Revisionsinstanz erfolgten Hinweises - die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht vom Revisionsangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 37, 5 ; 38, 362).

Nach den Urteilsgründen ist der Angeklagte seit vielen Jahren drogenabhängig. Er wird von einer durch Gewöhnung erworbenen Neigung zu übermäßigem Konsum dieser Droge beherrscht, der er immer wieder nachgibt. Wegen Betäubungsmitteldelikten ist er mehrfach vorbestraft. Die Strafvollstreckung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen ist zurückgestellt worden, um dem Angeklagten eine ambulante Drogentherapie zu ermöglichen. Wegen wiederholter Drogenrückfälligkeit sind diese Zurückstellungen widerrufen worden. Nach Teilverbüßung und erneuter Zurückstellung der Strafvollstreckung sind nunmehr die Restfreiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Für seine Straftat - die Zwischenlagerung von 2,6 kg Marihuana für eine unbekannt gebliebene Person, die das Rauschgift gewinnbringend weiterverkaufen wollte - bekam er als Gegenleistung 15 g Marihuana und sollte später noch 400 EUR erhalten. Zur Bekämpfung seines Hanges zum Konsum von Betäubungsmitteln beabsichtigt der Angeklagte auch jetzt eine Drogenentwöhnungstherapie zu absolvieren.

Vor diesem Hintergrund ist die nicht weiter begründete Auffassung der Strafkammer, der Hang zum Drogenkonsum habe nicht zu dem jetzigen Drogendelikt geführt, dieses hätte vielmehr seine Ursache in der unreifen, narzisstischen Persönlichkeit des Angeklagten, nicht tragfähig.

Bei dieser Sachlage musste das Motiv der Tat eingehender erörtert und gegebenenfalls die Frage einer Unterbringung nach § 64 StGB im Urteil abgehandelt werden (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 5). Anhaltspunkte dafür, dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (BVerfGE 91, 1 , 29), sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat das Landgericht strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte künftig ein Leben ohne Drogen führen will und bereits Kontakt zu einer Therapieeinrichtung aufgenommen hat.

Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 18.10.2005