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BGH - Entscheidung vom 26.04.2006

5 StR 21/06

Normen:
StPO § 275 Abs. 2

Fundstellen:
NStZ 2006, 586
StV 2006, 683
wistra 2006, 316

BGH, Beschluß vom 26.04.2006 - Aktenzeichen 5 StR 21/06

DRsp Nr. 2006/16136

Keine Verhinderung durch Abordnung zu einer Justizbehörde

Die Abordnung zu einer Justizbehörde führt nicht zu einer rechtlichen Verhinderung an der Unterschriftsleistung. Auch eine tatsächliche Verhinderung liegt jedenfalls dann regelmäßig nicht vor, wenn die Tätigkeit des abgeordneten Richters am Ort des Gerichts ausgeübt wird.

Normenkette:

StPO § 275 Abs. 2 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Der Angeklagte hatte als Polizist einen flüchtigen Einbrecher erschossen. Seine Revision hat mit der Verfahrensrüge aus § 338 Nr. 7 StPO Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Schwurgerichtsvorsitzenden, der die Verhinderung eines beisitzenden Richters an der Urteilsunterzeichnung gemäß § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO vermerkt hat, begründete dessen Abordnung zur Justizbehörde keine rechtliche Verhinderung, da sein Status als Richter damit nicht verloren ging (vgl. BGH NJW 2003, 836 ; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 275 Rdn. 23). Ein Fall etwa auch gegebener tatsächlicher Verhinderung des beisitzenden Richters an der Urteilsunterzeichnung, in dem eine Billigung der Anwendung des § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO zu erwägen gewesen wäre (vgl. BGH aaO.), liegt trotz von ihm tatsächlich wahrgenommener Verwaltungstätigkeiten (Dienstbesprechungen) am gesamten Nachmittag des letzten Tages der Urteilsabsetzungsfrist nicht vor. Dies folgt aus der Abordnungstätigkeit des Beisitzers am Gerichtsort Hamburg selbst und aus der Verpflichtung des Vorsitzenden, im Falle zulässiger Ausschöpfung dieser Frist die Wahrnehmung des unaufschiebbaren Dienstgeschäftes der Urteilsunterzeichnung durch den Beisitzer organisatorisch sicherzustellen (vgl. BGHSt 28, 194 , 195; BGHR StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 Verhinderung 2), wozu der Vorsitzende aufgrund seiner unzutreffenden Annahme einer Verhinderung aus Rechtsgründen keinen Anlass gesehen hatte. Anhaltspunkte für unaufschiebbare vorrangige Verwaltungsaufgaben, aufgrund derer dem abgeordneten Richter die Zeit zur fristgerechten Urteilsunterzeichnung und zur gebotenen vorangegangenen inhaltlichen Prüfung des Urteilsentwurfs auch bei Einhaltung organisatorischer Vorkehrungen keinesfalls zur Verfügung gestanden hätte, liegen nicht vor.

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 06.09.2005
Fundstellen
NStZ 2006, 586
StV 2006, 683
wistra 2006, 316