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BGH - Entscheidung vom 28.09.2006

IX ZA 16/04

Normen:
InsO § 4a Abs. 2 S. 1
ZPO § 114

BGH, Beschluß vom 28.09.2006 - Aktenzeichen IX ZA 16/04

DRsp Nr. 2006/26000

Beiordnung eines Rechtsanwalts im Insolvenzeröffnungsverfahren

Einem Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein Insolvenzantragsverfahren, der allein darauf gestützt ist, dass der Antragsteller der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, ist nicht zu entsprechen, da Sprachschwierigkeiten durch die Einschaltung eines Dolmetschers begegnet werden kann.

Normenkette:

InsO § 4a Abs. 2 S. 1 ; ZPO § 114 ;

Gründe:

I. Die Schuldnerin erstrebt die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Insolvenzeröffnungsverfahren und im Insolvenzverfahren bei gewährter Kostenstundung (§ 4a Abs. 2 InsO ). Ihren Antrag hat sie unter Beifügung einer Bescheinigung eines Familienhilfezentrums damit begründet, sie sei der deutschen Sprache nicht mächtig, insbesondere könne sie nicht lesen und schreiben. Auf Rückfrage seitens des Insolvenzgerichts erklärte das Familienhilfezentrum, die Schuldnerin sei keine Analphabetin, sie verstehe aber die deutsche Schriftsprache nicht und müsse deshalb immer wieder die Beratungsstelle des Familienhilfezentrums bezüglich der Übersetzung einzelner Schreiben in Anspruch nehmen. Das Insolvenzgericht hat den Beiordnungsantrag der Schuldnerin abgelehnt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die Schuldnerin begehrt Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens, mit dem sie ihren Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts weiterverfolgen will.

II. Das beabsichtigte Rechtsmittel bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO ). Eine Rechtsbeschwerde wäre unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO ).

Der Streitfall wirft keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zu der Versagung der Anwaltsbeiordnung erster Instanz gehen von der einschlägigen Bestimmung des § 4a Abs. 2 Satz 1 InsO aus, nach der dem Schuldner ein zur Vertretung bereiter Anwalt seiner Wahl nur beigeordnet wird, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, hängt maßgebend von den besonderen Umständen, namentlich der Person des Schuldners, dem Umfang der Insolvenzsache, den Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage sowie den Fürsorgemöglichkeiten des zuständigen Insolvenzgerichts ab und ist einer Verallgemeinerung nur begrenzt zugänglich (BGH, Beschl. v. 5. Dezember 2002 - IX ZA 20/02, NZI 2003, 270; Beschl. v. 18. Dezember 2002 - IX ZA 22/02, ZInsO 2003, 124, 125; vgl. auch Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 44/03, NZI 2004, 39 ).

Der Frage, ob und wann sich das Erfordernis einer anwaltlichen Vertretung im Sinne von § 4a Abs. 2 InsO aus mangelhaften Deutschkenntnissen ergeben kann, kommt hier gleichfalls keine Grundsatzbedeutung zu. Das Beschwerdegericht hat in diesem Zusammenhang anhand der eingeholten Auskünfte des Familienhilfezentrums zutreffend darauf abgestellt, dass nötigenfalls bei der Klärung offener Fragen ein Dolmetscher hinzugezogen werden kann. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2002 aaO.). Im Prozesskostenhilfegesuch hat die anwaltlich vertretene Schuldnerin keine konkreten Umstände aufgezeigt, weshalb die Hinzuziehung eines Dolmetschers vorliegend nicht ausreichend sein könnte. Der pauschal geltend gemachte Gesichtspunkt, nach den UNESCO-Regeln sei die Schuldnerin als Analphabetin anzusehen, lässt sich nicht mit dem vom Insolvenzgericht festgestellten Sachverhalt vereinbaren.

Vorinstanz: LG Bochum, vom 18.06.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 10 T 51/04
Vorinstanz: AG Bochum, vom 23.04.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 88 K 588/03