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BGH - Entscheidung vom 13.06.2006

IX ZB 88/05

Normen:
InsO § 14

Fundstellen:
ZVI 2006, 565

BGH, Beschluß vom 13.06.2006 - Aktenzeichen IX ZB 88/05

DRsp Nr. 2006/19376

Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Forderungen und des Eröffnungsgrundes im Insolvenzverfahren

1. Im Insolvenzeröffnungsverfahren ist eine nicht titulierte Forderung nach Grund und Höhe schlüssig darzulegen. Die Glaubhaftmachung hat sich auf die tatsächlichen Voraussetzungen zu beziehen.2. Legt der Gläubiger keine aktuelle Unpfändbarkeitsbescheinigung vor, so muss er Tatsachen darlegen und glaubhaft machen, die den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit - im Unterschied zur Zahlungsunwilligkeit oder zur bloßen Zahlungstockung - des Schuldners zulassen.

Normenkette:

InsO § 14 ;

Gründe:

I. Nach dem von dem Landgericht in Bezug genommenen Nichtabhilfebeschluss des Insolvenzgerichts wendet sich der Schuldner gegen die am 11. Januar 2005 beschlossene Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und sich hierbei den Ausführungen des Insolvenzgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung, der nichts hinzuzufügen sei, angeschlossen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO , § 7 InsO statthaft. Ihre Zulässigkeit folgt aus § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO . Der angefochtene Beschluss kann schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil er nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen ist.

1. Beschlüsse, welche der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird; denn die Feststellungen des Beschwerdegerichts sind Grundlage der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO ; vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 29/03, WM 2004, 1686 f.; v. 7. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246 ). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so kann eine Rechtsprüfung nicht erfolgen. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Sie führen von Amts wegen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 576 Abs. 3 , § 547 Nr. 6 ZPO .

2. Der Antrag eines Gläubigers ist gemäß § 14 InsO zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Welche Anforderungen an Darlegung und Glaubhaftmachung von Forderung und Eröffnungsgrund zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles. Eine nicht titulierte Forderung ist nach Grund und Höhe schlüssig darzulegen. Die Glaubhaftmachung hat sich auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Forderung zu beziehen. Sie richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 4 InsO , 294 ZPO ). Gleiches gilt für den Eröffnungsgrund. Kann der Gläubiger keine aktuelle Unpfändbarkeitsbescheinigung vorlegen, muss er Tatsachen darlegen und glaubhaft machen, die den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit - im Unterschied zur Zahlungsunwilligkeit oder zur bloßen Zahlungsstockung - des Schuldners zulassen. Von Bedeutung kann insbesondere sein, ob der Schuldner die Forderung aus tatsächlichen Gründen oder Rechtsgründen bestreitet und deshalb nicht zahlt oder ob er die Berechtigung der Forderung nicht in Zweifel zieht, aber gleichwohl keine Zahlungen leistet. Wie es sich im vorliegenden Fall verhält, lässt sich weder dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts noch dem in Bezug genommenen Nichtabhilfebeschluss des Insolvenzgerichts entnehmen, der auch keine im Rechtsbeschwerdeverfahren verwertbare Sachverhaltsschilderung enthält.

III. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens sieht der Senat Anlass zu dem Hinweis, dass die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Grundsatzfrage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses geklärt ist. Es kommt auf den Zeitpunkt an, zu dem der vollständig unterschriebene Beschluss die Geschäftsstelle des Gerichts mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Beteiligten bekannt gegeben zu werden (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575 ; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 27 Rn. 25).

Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wegen unrichtiger Sachbehandlung beruht auf § 21 GKG .

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 21.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 326 T 17/05
Vorinstanz: AG Hamburg, vom 11.01.2005 - Vorinstanzaktenzeichen IN 6/05
Fundstellen
ZVI 2006, 565