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BGH - Entscheidung vom 30.03.2006

IX ZB 15/05

Normen:
ZPO § 569 Abs. 2 S. 2

BGH, Beschluß vom 30.03.2006 - Aktenzeichen IX ZB 15/05

DRsp Nr. 2006/11412

Anforderungen an die Bezeichnung einer sofortigen Beschwerde

Gem. § 569 Abs. 2 S. 2 ZPO muß die Beschwerdeschrift die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt werde. Wegen der geringen Formstrenge reicht es dabei aus, wenn die Schrift bei großzügiger Auslegung den Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung und das Anliegen der Überprüfung derselben durch die höhere Instanz hinreichend klar erkennen läßt. Ist der Anfechtungswille auch bei großzügiger Auslegung nicht erkennbar, kann eine Eingabe an das Gericht nicht nachträglich dadurch zu einer Beschwerde gemacht werden, dass die Partei erklärt, ihre Eingabe möge als Beschwerde gewertet werden.

Normenkette:

ZPO § 569 Abs. 2 S. 2 ;

Gründe:

I. Mit Beschluss vom 12. Juli 2004 hat das Insolvenzgericht die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf 9.128,02 EUR festgesetzt. Der Beschluss ist dem Schuldner am 10. September 2004 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. September 2004, eingegangen bei Gericht am 24. September 2004, hat der Schuldner mitgeteilt, er könne bei der Durchsicht des Beschlusses einige Zusammenhänge und Betragsfestlegungen nicht nachvollziehen. Auch die Berechnungsart sei für ihn nicht zu erkennen. Damit seine Unklarheiten problemlos beseitigt werden könnten, bitte er um einen Termin zu einem klärenden Gespräch.

Mit Berichtigungsbeschluss vom 28. September 2004 ist die Vergütung wegen eines Rechenfehlers auf 9.041,02 EUR reduziert worden. In den Gründen des Beschlusses ist der dabei zugrunde gelegte Berechnungswert näher erläutert worden.

Dieser Beschluss ist dem Schuldner am 30. September 2004 ausgehändigt worden. Am 7. Oktober 2004 hat er gegen diesen Beschluss "Erinnerung (Einspruch)" eingelegt und begründet. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2004, eingegangen bei Gericht am 15. Oktober 2004, hat er die Begründung vertieft und ausdrücklich auch gegen den Beschluss vom 12. Juli 2004 Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat die eingelegten Rechtsmittel als sofortige Beschwerden behandelt; diejenige gegen den Beschluss vom 12. Juli 2004 hat es als unzulässig verworfen, die gegen den Beschluss vom 28. September 2004 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 6 , 7 , 64 Abs. 3 InsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

1. Beschluss vom 12. Juli 2004

Das Landgericht hat in dem Schreiben vom 21. September 2004 zutreffend nicht die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gesehen. Gemäß § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V. mit § 4 InsO muss die Beschwerdeschrift die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt werde. Wegen der geringen Formstrenge reicht es dabei aus, wenn die Schrift bei großzügiger Auslegung den Beschwerdeführer, die angefochtene Entscheidung und das Anliegen der Überprüfung derselben durch die höhere Instanz hinreichend klar erkennen lässt (BGH, Beschl. v. 8. Oktober 1991 - XI ZB 6/91, NJW 1992, 243 ; v. 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02, ZInsO 2004, 89). Ist jedoch der Anfechtungswille auch bei großzügiger Auslegung nicht erkennbar, kann eine Eingabe an das Gericht nicht nachträglich dadurch zu einer Beschwerde gemacht werden, dass die Partei erklärt, ihre Eingabe möge als Beschwerde gewertet werden (BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 aaO.).

Das Beschwerdegericht hat zutreffend gesehen, dass sich aus dem Schreiben des Schuldners auch bei großzügiger Auslegung nicht erkennen ließ, dass er Beschwerde einlegen wollte oder eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch die höhere Instanz begehrte. Verlangt wurde vielmehr eine mündliche Erörterung der Entscheidungsgründe. Dieses Erläuterungsbegehren ist verständlich, weil der Beschluss vom 12. Juli 2004 hinsichtlich der zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar war. Ersichtlich wollte der Schuldner seine Entscheidung, ob sofortige Beschwerde eingelegt werden sollte, von dem Ergebnis der erbetenen Erläuterung abhängig machen. Hierbei hat er jedoch die einzuhaltende Notfrist von zwei Wochen zur Einlegung der sofortigen Beschwerde außer Acht gelassen, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO . Der Umstand, dass der Beschluss vom 12. Juli 2004 nur sehr knapp begründet war, verlängert die Notfrist nicht.

Die späteren Schriftsätze des Schuldners, in denen die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gesehen werden kann, hat das Landgericht zutreffend als verfristet angesehen. Dies wird von der Rechtsbeschwerde zu Recht nicht beanstandet.

Mit der Anforderung des § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO , dass ausdrücklich Beschwerde eingelegt werden oder zu erkennen gegeben werden muss, es werde eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch das höhere Gericht begehrt, ist der Zugang zu dem Beschwerdegericht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht unzumutbar erschwert.

2. Beschluss vom 28. September 2004

Insoweit weist die Rechtsbeschwerde lediglich darauf hin, die sofortige Beschwerde habe zugleich die berichtigte Vergütungsfestsetzung erfasst. Damit wird ein Zulässigkeitsgrund nicht dargelegt.

Vorinstanz: LG Chemnitz, vom 09.12.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 3 T 4152/04
Vorinstanz: AG Chemnitz, vom 12.07.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 14 IN 755/04