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BGH - Entscheidung vom 01.06.2006

IX ZR 283/03

Normen:
ZPO § 543 Abs. 2
InsO § 143

BGH, Beschluß vom 01.06.2006 - Aktenzeichen IX ZR 283/03

DRsp Nr. 2006/19157

Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde; Anforderungen an die Geltendmachung eines Anfechtungstatbestandes

1. Ist das Berufungsurteil auf zwei selbständige Begründungen gestützt, so sind mit der Nichtzulassungsbeschwerde beide Begründungen anzugreifen.2. Eine Klage, mit der ein Anspruch nach § 143 InsO durchgesetzt werden soll, ist begründet, wenn ein Sachverhalt vorgetragen und festgestellt wird, der die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllt. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger die Anfechtung "erklärt", auf andere Weise geltend macht oder sich auf diese Rechtslage beruft.

Normenkette:

ZPO § 543 Abs. 2 ; InsO § 143 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortentwicklung des Rechts erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO ).

Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob die von dem Berufungsgericht festgestellte konkludente Verrechnungsabrede zwischen der Beklagten und der Schuldnerin nach § 134 InsO anfechtbar ist, wird nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die Beklagte habe gemäß den § 362 Abs. 2 , § 185 BGB mit befreiender Wirkung an die E. GmbH & Co. KG (i. F.: KG) geleistet, mit zwei selbständigen Begründungen gerechtfertigt. Die Nichtzulassungsbeschwerde greift ausschließlich die Begründung an, die sich auf die Annahme einer Verrechnungsabrede stützt. In Bezug auf die weitere, selbständig tragende Begründung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Leistungen der Beklagten an die KG zumindest stillschweigend nachträglich genehmigt, indem es dem Zahlungsmodus und den von der Muttergesellschaft vorgenommenen Verrechnungen jahrelang nicht widersprochen habe, fehlt es an einem zulässigen Angriff der Nichtzulassungsbeschwerde.

Mit ihrer Rüge, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zum Zustandekommen einer zumindest stillschweigenden Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten sei rechtsfehlerhaft und willkürlich, zeigt die Beschwerde keinen Zulassungsgrund auf. Für Willkür fehlt jeder Anhaltspunkt.

Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage, ob eine Klageforderung des Insolvenzverwalters erstmals in der Revisionsinstanz auf Anfechtungsansprüche gestützt werden kann, ist geklärt. Eine Klage, mit der ein Anspruch nach § 143 InsO durchgesetzt werden soll, ist begründet, wenn ein Sachverhalt vorgetragen und festgestellt wird, der die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllt. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger die Anfechtung "erklärt", auf andere Weise geltend macht, oder sich auf diese Rechtsgrundlage beruft (vgl. BGHZ 135, 140 , 149 f; BGH, Urt. v. 26. Oktober 2000 - IX ZR 289/99, ZIP 2001, 33 , 35; v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, ZIP 2004, 671 , 672).

Für eine Anfechtung nach den §§ 134 , 143 InsO , Art. 106 EGInsO fehlt es an einer unentgeltlichen Leistung der Schuldnerin. Unentgeltlich im Dreipersonen-Verhältnis ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Schuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass diese ihrerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat (vgl. BGHZ 41, 298, 301 f; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279 f). Dies war hier jedoch der Fall, weil nach dem Inhalt der vom Berufungsgericht festgestellten Abrede die Beklagte Zahlungen in gleicher Höhe an die KG zu erbringen hatte.

Die Rechtsfrage, auf welchen Zeitpunkt für die Erfüllung der Anfechtungsvoraussetzungen im Falle einer Bürgschaftsvereinbarung abzustellen ist, ist nicht entscheidungserheblich. Die Beschwerde legt nicht dar, dass für den späteren Zeitpunkt die Anfechtungsvoraussetzungen vorgetragen wurden. Ein Fall des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO liegt nicht vor. Aus dem dargelegten Verhalten der KG und der Beklagten ergibt sich nichts für einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, die an den Wechselgeschäften nicht beteiligt war.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ).

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 19.09.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 19 U 48/02
Vorinstanz: LG Essen, vom 12.12.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 44 O 64/01