Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 27.04.2005

B 6 KA 38/04 B

Normen:
EG Art. 13 Art. 43 Art. 234
EGRL 78/2000 Art. 18
EUVtr Art. 6 Abs. 2
GG Art. 12 Abs. 1 S. 2
GSG Art. 33 § 1
SGB V § 95 Abs. 7 S. 3

BSG, Beschluß vom 27.04.2005 - Aktenzeichen B 6 KA 38/04 B

DRsp Nr. 2005/12118

Beendigung der Zulassung im Vertragszahnarztrecht, Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht

1. Der Regelung über die Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres steht Art. 6 Abs. 2 EUVtr nicht entgegen. Zur Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es keiner Vorlage an den EuGH . Sie verstößt zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht gegen die auf Art. 13 EG beruhende Richtlinie des Rates EGRL 78/2000 vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. 2. In Inlandsfällen, in denen lediglich das Problem der Inländerdiskriminierung betroffen ist, besteht keine Vorlagepflicht nach Art. 234 EG. 3. Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, ob die Regelung über die Altersgrenze für die Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit auch im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 30.6.2004 - B 6 KA 11/04 weiterhin mit dem Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar ist. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

EG Art. 13 Art. 43 Art. 234 ; EGRL 78/2000 Art. 18 ; EUVtr Art. 6 Abs. 2 ; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2 ; GSG Art. 33 § 1 ; SGB V § 95 Abs. 7 S. 3 ;

Gründe:

I

Der am 8. März 1930 geborene Kläger war seit dem 27. Mai 1959 in N. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Zuletzt führte er eine Praxisgemeinschaft zusammen mit seinem Sohn, der seit 2001 die Praxisräume alleine nutzt.

Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses, seine Zulassung ende wegen Erreichens der Altersgrenze von 68 Jahren am 1. Januar 1999, zurück. Klage und Berufung des Klägers, mit denen er die Unvereinbarkeit der Altersgrenze für die vertragszahnärztliche Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres mit dem Grundgesetz ( GG ) und dem Recht der Europäischen Gemeinschaft (EG) geltend gemacht hatte, blieben erfolglos.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2002 den Beschluss des Berufungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen.

Dieses hat die Berufungen des Klägers und der zu 1. beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) erneut zurückgewiesen. Es bestünden keine Zweifel daran, dass die Regelung über die Altersgrenze mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union (EU) vereinbar sei (Urteil vom 31. März 2004).

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt die zu 1. beigeladene KZÄV als Verfahrensfehler, das Berufungsgericht habe ihren Anspruch auf den gesetzlichen Richter iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG verletzt, weil es die Vereinbarkeit von § 95 Abs 7 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB V ) mit dem europäischen Grundrechtsstandard nicht nach Art 234 Abs 3 des Vertrages der EG ( EGV ) dem Europäischen Gerichtshof ( EuGH ) vorgelegt habe. Die Entscheidung über das Klagebegehren in der Sache an Stelle einer Vorlage an den EuGH sei im Übrigen verfahrensfehlerhaft gewesen. Vor einer abschließenden Klärung der Vereinbarkeit der deutschen Regelungen über die Altersgrenze mit dem europäischen Grundrechtssenat durch den EuGH hätte ein Sachurteil nicht erlassen werden dürfen. Im Übrigen sei von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ), ob die durch Art 33 § 1 Gesundheitsstrukturgesetz ( GSG ) bzw § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V getroffene Regelung, dass die vertragszahnärztliche Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres kraft Gesetzes endet, nach Art 6 Abs 2 des Vertrages über die Europäische Union ( EUV ) bzw nach dem Gemeinschaftsgrundrecht der Berufsfreiheit als allgemeinem Rechtsgrundsatz europarechtswidrig sei.

Der Kläger macht sich mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde die Beschwerdebegründung der beigeladenen KZÄV zu Eigen und macht weiter geltend, die Entscheidung des Berufungsgerichts weiche von dem Urteil des BSG vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 11/04 R - (SozR 4-5525 § 32 Nr 1) ab (Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Im Übrigen habe das Berufungsgericht nicht beachtet, dass die Bundesrepublik Deutschland bislang die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 nicht angemessen umgesetzt habe. Zur Beschleunigung des Verfahrens sei sachgerecht, wenn das BSG bereits im Verfahren über die Entscheidung der Nichtzulassungsbeschwerde einen Aussetzungsbeschluss erlasse und die entscheidungserheblichen Rechtsfragen zur Auslegung des europäischen Grundrechtsstandards dem EuGH vorlege.

II

Die vom Kläger begehrte Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke einer Vorlage an den EuGH auf der Grundlage des Art 234 EGV ist nicht statthaft. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann das BSG nach § 160a Abs 4 SGG nur entscheiden, die Beschwerde zu verwerfen, sie zurückzuweisen oder ihr durch Zulassung der Revision stattzugeben. Eine Aussetzung und Anrufung des EuGH ist mangels Entscheidungserheblichkeit der von diesem Gericht zu klärenden Rechtsfragen nicht möglich. Der Ausgang des Beschwerdeverfahrens hängt allein davon ab, ob einer der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG vorliegt. Eine Vorlage an den EuGH - wie auch nach Art 100 Abs 1 GG an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) - kann zur Entscheidung dieser Frage nichts beitragen.

Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unbegründet.

Die insbesondere von der Beigeladenen zu 1. als Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gerügte Nichtvorlage des LSG an den EuGH hat die Beteiligten nicht ihrem gesetzlichen Richter iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG entzogen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann die Nichteinleitung eines solchen Vorlageverfahrens das grundrechtsgleiche Recht aus Art 101 Abs 1 Satz 2 GG verletzen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn ein letztinstanzlich zuständiges Gericht die aus Art 234 Abs 3 EGV abzuleitende Vorlageverpflichtung in offensichtlich unhaltbarer Weise handhabt. Eine solche unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht liegt vor, wenn das Gericht eine Vorlage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der Beantwortung der europarechtlichen Frage hegt, oder wenn das Gericht bewusst von der Rechtsprechung des EuGH abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt. Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des EuGH noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des EuGH nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art 101 Abs 1 Satz 2 GG dann verletzt, wenn das Gericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (vgl zuletzt BVerfG SozR 4-2500 § 266 Nr 7 RdNr 31). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Das LSG hat sich mit seiner Vorlagepflicht als letztinstanzlich zuständiges Tatsachengericht auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, weshalb es die Klärung der Vereinbarkeit der im Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Regelungen des Art 33 § 1 GSG bzw § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V mit bestimmten, von der Beigeladenen zu 1. genannten europarechtlichen Regelungen durch eine Vorlage an den EuGH nicht für möglich bzw nicht für erforderlich hält. Selbst wenn das anders zu beantworten wäre, läge eine Verletzung des gesetzlichen Richters iS des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG nicht vor.

Die Entscheidung des LSG, über das Klagebegehren in der Sache zu entscheiden und den EuGH nicht anzurufen, stellt auch keinen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG dar, weil sie zutreffend ist.

Art 6 Abs 2 EUV steht der Regelung über die Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahrs nicht entgegen, und zur Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf es keiner Vorlage an den EuGH . Art 6 Abs 2 EUV verpflichtet die EU zur Beachtung der Grundrechte, die zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts zählen. Diese Vorschrift hat zunächst die Funktion, die Rechtsprechung des EuGH für den Bereich des europäischen Gemeinschaftsrechts zu kodifizieren ( EuGH Sammlung 2001 I 1675 RdNr 38; Fink in Kluth [Hrsg]: Die Europäische Union nach dem Amsterdamer Vertrag, 2000, S 71; Pechstein in: Streinz >Hrsg<, EUV/EGV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 2003, Art 6 EUV RdNr 8; König/Pechstein, Die Europäische Union, 2. Auflage 1998 RdNr 111). Grundrechte gehören nach Auffassung des EuGH zum Bestand des ungeschriebenen primären Gemeinschaftsrechts, weil sie auf einer Rechtsüberzeugung beruhen, die allen Mitgliedstaaten der EU gemeinsam ist und die als solche auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention ihren Ausdruck gefunden hat ( EuGH Sammlung 1974, 491, 507 RdNr 13). Aus dem Entstehungs- und Entwicklungszusammenhang der Grundrechte des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, dass die Einhaltung von Grundrechten immer dann vom EuGH zu prüfen ist, wenn Handlungen der europäischen Organe in Frage stehen. Dies ist in Art 46 Buchst d EUV speziell geregelt; die Vorschrift erfasst jedenfalls die Organe von EU und EG gemäß Art 5 EUV bzw Art 7 EGV (Schwarze/Herrenfeld, EU-Kommentar, 1. Auflage 2000, RdNr 14; Fink in Kluth, aaO, S 70/71). Bei der Entwicklung der Grundrechte des Gemeinschaftsrechts hat der EuGH die gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte auch dann als Maßstab herangezogen, wenn zwar nicht das Handeln eines der Organe der EG, sondern dass eines Mitgliedstaates in Frage stand, dieses indessen in Ausführung des Gemeinschaftsrechts erfolgte ( EuGH Sammlung 1986, 4377, 3507 RdNr 8/9). Soweit aber ein rein innerstaatlicher Sachverhalt vorgelegen hat, hat es der EuGH stets abgelehnt, diesen an den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts zu messen (Sammlung 1985, 2605, 2627 RdNr 26; Sammlung 1987, 3719, 3754 RdNr 28). Die gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte gelten demnach nur im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts (vgl BVerfGE 89, 155, 174; 73, 339, 387). Ein Eingriff in den sachlichen Schutzbereich eines der Gemeinschaftsgrundrechte ist damit gemeinschaftsrechtlich irrelevant, wenn er ausschließlich auf innerstaatlicher Rechtsgrundlage erfolgt. In diesen Fällen bleibt es dabei, dass allein die staatlichen Grundrechte und evtl noch völkerrechtlich verbürgte Menschenrechte verletzt sein können. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts gibt es danach keinen Anlass, eine gemeinschaftsrechtliche Dimension der in Art 33 § 1 GSG bzw § 95 Abs 7 SGB V für Vertragszahnärzte eingeführten Altersgrenze von 68 Jahren anzunehmen. Da diese Altersgrenze nicht auf der Grundlage oder in Ausführung des europäischen Rechts festgesetzt worden ist, vermag sie nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte zu verstoßen.

Auch soweit Art 6 Abs 2 EUV über die bisherige Rechtsprechung des EuGH hinausgeht, ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift erstreckt, ebenso wie schon die Vorgängervorschrift (Art F des EUV idF des Vertrages von Maastricht), die Pflicht zur Beachtung der Grundrechte über den Bereich des Gemeinschaftsrechts hinaus auf die in der zweiten und dritten Säule der EU geregelten Gegenstände (ua Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik; vgl Pechstein, aaO, RdNr 10). Anders als in der alten Fassung nach dem Vertrag von Maastricht sind in der gegenwärtigen Fassung des EUV die Kompetenzen des EuGH dahingehend erweitert, dass er nach Art 46 Buchst d EUV für die Überwachung der Grundrechte auch im Rahmen der EU zuständig geworden ist (Schwarze/Herrenfeld, EU-Kommentar, 1. Auflage 2000, RdNr 14). Der EuGH ist danach befugt zu kontrollieren, ob die Organe der Gemeinschaft bei ihren Handlungen den Grundrechtsschutz nach Art 6 Abs 2 EUV beachten (Pechstein, aaO, Art 46 EUV RdNr 11).

Diese Erweiterung rechtfertigt allerdings nicht die Annahme, dass der EuGH nunmehr alle, insbesondere auch die in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU auf der Grundlage von nationalem Recht erlassenen Rechtsakte auf die Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte zu prüfen hätte. Der EuGH ist nicht zum Hüter der Grundrechte in den Mitgliedstaaten geworden, sondern bleibt auf den Bereich des europäischen Rechts beschränkt. Es bleibt deshalb dabei, dass bei rein innerstaatlichen Sachverhalten ohne Verbindung zum europäischen Recht weder die europäischen Grundrechte eingreifen noch der EuGH zur Kontrolle berufen ist ( EuGH Sammlung 1991, 1979 , 2020 RdNr 39; Sammlung 1992 I 341, 357 RdNr 11; Sammlung 1995 I 3981, 3988 RdNr 10). Danach bestand weder für das Berufungsgericht noch bestünde im Falle der Zulassung der Revision für den Senat Anlass zu einer Vorlage an den EuGH auf der Grundlage des Art 234 Abs 3 EGV . Ein Fall mit Auslandsberührung liegt - anders als in dem Fall des Senatsurteils vom 18. Dezember 1996 (BSGE 80, 9 = SozR 3-2500 § 98 Nr 4), das die Altersgrenze des § 25 Satz 1 Zahnärzte-ZV für die erstmalige Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit betrifft - nicht vor. Trotz des Auslandsbezuges hat der Senat indessen auch in diesem Fall eingehend dargelegt, weshalb es keiner Vorlage an den EuGH bedarf, um zu entscheiden, dass die Regelung über die Altersgrenze von 55 Jahren für die Aufnahme der vertragzahnärztlichen Tätigkeit mit europarechtlichen Vorschriften in Einklang steht.

Wenn die alle Vertragszahnärzte geltende Altersgrenze des § 95 Abs 7 Satz 3 SGB V für Zahnärzte aus anderen EU-Staaten mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art 43 EGV in Kollision geraten sollte, könnte sich die Situation der sogenannten "Inländerdiskriminierung" ergeben, wenn ausländische Zahnärzte anders als inländische über das 68. Lebensjahr hinaus vertragszahnärztlich tätig sein könnten. Das europäische Recht steht jedoch materiell der "Inländerdiskriminierung" neutral gegenüber, was zur Folge hat, dass in Inlandsfällen, in denen lediglich das Problem der Inländerdiskriminierung betroffen wäre, eine Vorlagepflicht nach Art 234 EGV nicht besteht (Hammerl, Inländerdiskriminierung, 1997, S 151 bis 155). Die Zweite Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat in ihrem Beschluss vom 31. März 1998 (NJW 1998 S 1776, 1778) im Übrigen ausgeführt, dass die Altersgrenze für die Beendigung der vertragsärztlichen bzw vertragszahnärztlichen Tätigkeit kein Gleichheitsproblem im Sinne der Inländerdiskriminierung aufwirft.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Regelung über die Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres auch nicht gegen die auf Art 13 EGV beruhende Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsblatt L 303/16 vom 2. Dezember 2000) verstoßen. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, im Rahmen der Umsetzung die zur Beseitigung ua von Altersdiskriminierung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen (Art 18 der Richtlinie; näher Eichenhofer, NZA, Sonderbeilage zu Heft 22/2004, S 26 ff). Die Umsetzungsfrist lief grundsätzlich zum 2. Dezember 2003 ab (Art 18 der Richtlinie). Nach Art 18 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten allerdings bezogen auf das Kriterium Alter eine Zusatzfrist von drei Jahren in Anspruch nehmen. Hierfür reicht es aus, die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht, wie sich aus der vom Senat eingeholten Stellungnahme des für die Umsetzung zuständigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 9. Februar 2005 und der Stellungnahme der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales der Europäischen Kommission vom 12. Februar 2004 (D(04)/D3/FK/mg/2736) ergibt. Deshalb ist die Frist zur Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt deshalb auch eine Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage der Vereinbarkeit der Regelung über die Altersgrenze zur Beendigung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit mit der genannten EG-Richtlinie vom 27. November 2000 nicht in Betracht.

Soweit der Kläger für grundsätzlich bedeutsam hält, ob die Regelung über die Altersgrenze für die Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit auch im Hinblick auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 11/04 R - (SozR 4-5520 § 32 Nr 1) weiterhin mit dem GG (Art 12 Abs 1 Satz 2 GG ) vereinbar ist, ist diese Frage nicht klärungsbedürftig. Aus Gegenstand und Inhalt des genannten Senatsurteils ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Senat lediglich eine Auslegung des § 32 Abs 1 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte in der Weise getroffen hat, dass dort das Verbot zur gelegentlichen Durchführung von Vertretungstätigkeiten seitens solcher Zahnärzte, die bereits älter als 68 Jahre sind, nicht hinreichend deutlich niedergelegt worden ist. Der Senat hat in diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der verschiedenen Altersgrenzen zitiert, und die Begründung der Entscheidung gibt keinen Hinweis darauf, dass insoweit inzwischen eine andere Beurteilung geboten sein könnte. Aus diesem Grunde weicht das Berufungsurteil auch nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von dem Senatsurteil vom 30. Juni 2004 ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Absätze 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 31.03.2004 - Vorinstanzaktenzeichen L 3 KA 4/03
Vorinstanz: SG Hannover, vom 15.08.2001 - Vorinstanzaktenzeichen S 31 KA 290/99