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BGH - Entscheidung vom 06.07.2005

XII ZB 103/05

Normen:
ZPO § 3 § 511a

BGH, Beschluß vom 06.07.2005 - Aktenzeichen XII ZB 103/05

DRsp Nr. 2005/10468

Streitwert und Berufungsbeschwer bei Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft

Bei Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft bemisst sich die Beschwer des Beklagten in der Regel nach dem Aufwand an Zeit, den die Erteilung der Auskunft verursacht und wird regelmäßig die Berufungsgrenze von 600,-- EUR nicht übersteigen.

Normenkette:

ZPO § 3 § 511a ;

Gründe:

I. Die Parteien streiten im Scheidungsverbundverfahren u.a. um den Zugewinnausgleich. Der im Wege der Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch genommene Antragsgegner wurde durch Teilurteil des Amtsgerichts verurteilt, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen am 19. Juni 2000 durch Vorlage eines detaillierten und geordneten Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen, insbesondere Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen der L. und P. GmbH für die Jahre 1998, 1999 und 2000.

Dagegen legte der Antragsgegner Berufung ein und beantragte, den Auskunftsantrag zurückzuweisen. Einen Schutzantrag nach § 712 ZPO hat der Antragsgegner ebenso wenig gestellt, wie einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach den §§ 719 Abs. 1 , 707 ZPO .

Mit Beschluß vom 26. April 2005 verwarf das Berufungsgericht die Berufung des Antragsgegners als unzulässig (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ). Durch weiteren Beschluß vom 30. Mai 2005 setzte es den Streitwert auf 430 EUR fest.

Gegen den Verwerfungsbeschluß legte der Antragsgegner Rechtsbeschwerde ein. Er beantragt nunmehr bei noch offener (verlängerter) Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde, die Vollstreckung aus dem Teilurteil des Amtsgerichts bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.

II. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist dem Beschwerdeführer gemäß §§ 575 Abs. 5 , 570 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit eröffnet, um Aussetzung der Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung nachzusuchen. Dabei ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht darauf beschränkt, die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 570 Abs. 3 2. Halbs. ZPO auszusetzen. Es kann vielmehr im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 570 Abs. 3 1. Halbs. ZPO auch die Vollziehung der Entscheidung der ersten Instanz aussetzen (Senatsbeschluß vom 11. Mai 2005 - XII ZB 3/05 - noch unveröffentlicht und BGH Beschluß vom 21. März 2002 - IX ZB 48/02 - NJW 2002, 1658 ).

2. Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die beantragte einstweilige Anordnung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die dem Gläubiger durch den Aufschub der Vollstreckung drohenden Nachteile gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsbeschluß vom 11. Mai 2005 aaO. und BGH Beschluß vom 21. März 2002 aaO.).

Der Antragsgegner erstrebt die einstweilige Anordnung bereits während noch offener Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde. Er muß es deshalb hinnehmen, daß der Senat ohne eine nähere Begründung weder überwiegende Gründe für die Aussetzung der Vollziehung noch eine Erfolgsaussicht des Rechtsbeschwerdeverfahrens feststellen kann (vgl. Senatsbeschluß vom 11. Mai 2005 aaO. und BGH Beschluß vom 21. März 2002 aaO.). Soweit der Antragsgegner auf eine "Rechtsbeschwerdebegründung vom 18. Mai 2005" verweist, handelt es sich dabei um ein offensichtliches Versehen, weil sich eine solche Begründung nicht in den Akten befindet und die Rechtsbeschwerde selbst auch erst später, nämlich am 7. Juni 2005, eingelegt worden ist.

Erfolgsaussicht kommt der Rechtsbeschwerde nur zu, wenn sie zumindest zulässig erscheint. Das setzt nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO voraus, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das ist hier nicht der Fall.

a) Es kommt nicht darauf an, ob das Amtsgericht den Antragsgegner zu Recht verurteilt hat, Auskunft über sein Endvermögen am 19. Juni 2000 durch Vorlage eines detaillierten und geordneten Bestandsverzeichnisses zu erteilen und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen, insbesondere von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 1998 bis 2000 zu belegen. Unerheblich ist auch, ob und in welchem Umfang der Auskunftsantrag der Antragstellerin hinreichend konkret und damit vollstreckbar ist.

Im Rahmen der Rechtsbeschwerde steht nämlich allein die Auffassung des Berufungsgerichts zur Überprüfung, die Berufung sei unzulässig, weil die Beschwer des Antragsgegners 600 EUR nicht übersteige.

b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Verurteilung zur Auskunft ausschließlich nach dem Abwehrinteresse des Antragsgegners richte, die Auskunft, zu der er verurteilt wurde, nicht erteilen zu müssen. Der Wert der Beschwer richte sich daher nicht nach dem Wert des Auskunftsanspruchs, sondern bemesse sich allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordere. Weil Anhaltspunkte für ein etwa zu berücksichtigendes besonderes Geheimhaltungsinteresse des Antragsgegners hier nicht ersichtlich sind, entspricht das der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH Beschluß vom 24. November 1994 - GsZ 1/94 - FamRZ 1995, 349 , 351).

Den Zeit- und Kostenaufwand für die Erteilung der Auskunft durch die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses über das Endvermögen und Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen hat das Berufungsgericht mit 430 EUR bemessen. Das läßt Rechtsfehler zum Nachteil des Antragsgegners nicht erkennen. Insbesondere hat das Berufungsgericht den Vortrag des Antragsgegners zum erforderlichen Aufwand umfassend gewürdigt und ist im vorliegenden Einzelfall zu dem Ergebnis gelangt, daß die geschuldete Auskunft über die der GmbH ohnehin schon entstandenen Kosten für Bilanzierung und Wertermittlung hinaus keinen weiteren Aufwand verursacht, der die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteigt.

Auch sonst ist kein Umstand ersichtlich, der die Zulässigkeit der nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaften Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 , Abs. 2 ZPO begründen könnte (BGH Beschluß vom 18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947 ).

3. Letztlich kommt es deswegen auf die Rechtsfrage, ob eine Aussetzung der Vollziehung des erstinstanzlichen Urteils nach den §§ 575 Abs. 5 , 570 Abs. 3 ZPO im Verfahren der Rechtsbeschwerde überhaupt möglich ist, wenn der Antragsgegner in den Vorinstanzen weder einen Schutzantrag nach § 712 ZPO noch einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 719 Abs. 1 , 707 ZPO gestellt hatte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22. April 2004 - XII ZR 16/04 - GuT 2004, 129 [zur Nichtzulassungsbeschwerde] und vom 24. November 1999 - XII ZR 69/99 - NJW-RR 2000, 746 [zur Revision]), nicht an.

Vorinstanz: AG Karlsruhe, vom 16.01.2004