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BGH - Entscheidung vom 19.09.2005

1 StR 296/05

Fundstellen:
NStZ 2006, 334

BGH, Beschluß vom 19.09.2005 - Aktenzeichen 1 StR 296/05

DRsp Nr. 2005/17642

Entzug der Fahrerlaubnis wegen einer Sexualstraftat

1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit bei Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs setzt voraus, dass die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Bedürfnissen unterzuordnen.2. Bei Sexualstraftaten, die unter Verwendung eines Pkws begangen wurden, können diese Voraussetzungen vorliegen, wenn sich der Täter des Opfers gewaltsam bemächtigt und es mit dem Pkw zum Tatort "befördert".

Gründe:

Ergänzend bemerkt der Senat zum angefochtenen Maßregelausspruch nach §§ 69 , 69a StGB :

Der Revisionsführer hat zutreffend darauf verwiesen, dass entsprechend der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 27. April 2005 (NStZ 2005, 503 ) eine strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit bei Taten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs voraussetzt, dass die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Bedürfnissen unterzuordnen. Diese Voraussetzungen sind, worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hingewiesen hat, bei der Tat des Angeklagten gegeben. Der damals 78 Jahre alte Angeklagte hat nicht nur die zum Tatzeitpunkt gerade zwölf Jahre alte N. gegen deren Willen in seinen Pkw hineingezogen, um während der anschließenden Fahrt sexuelle Handlungen an ihr zu begehen; er hat zugleich auch deren Hund mit in das Auto "befördert" und ist dann, ohne dass dieser vorher irgendwie gesichert wurde, losgefahren. Damit war für den Auto fahrenden Angeklagten einerseits nicht vorhersehbar, wie das Mädchen auf seine ungewollte Mitnahme reagieren würde, insbesondere wenn er sie in sexueller Absicht berühren würde. Andererseits wurde durch die Mitnahme des Hundes dessen Verhalten unkalkulierbar, so dass ein sorgfältiger Kraftfahrer damit rechnen musste, dass zumindest der Hund seine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und dadurch er im Führen des Kfz abgelenkt wird. Tatsächlich erbrach sich der Hund dann auch noch während der Fahrt, was dazu führte, dass das Mädchen das Beifahrerfenster öffnete und den Kopf des Hundes zum Fenster hinaushielt, während der Angeklagte seine Fahrt fortsetzte. Spätestens dadurch hat er gezeigt, dass er in dieser - durch die so verursachte Ablenkung - auch für andere Verkehrsteilnehmer nicht ungefährlichen Situation die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht mehr ausreichend bei seiner Fahrweise berücksichtigt hat. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch vom Sachverhalt der Entscheidung des 4. Strafsenats vom 21. Juni 2005 (4 StR 28/05); dort hatte der Angeklagte das Tatopfer unter Anwendung einer List mit seinem Fahrzeug an einen entlegenen Ort verbracht, so dass - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - nicht mit einer Gegenwehr und einer damit verbundenen Ablenkung der Aufmerksamkeit des Fahrers zu rechnen war.

Vorinstanz: LG Mannheim, vom 07.04.2005
Fundstellen
NStZ 2006, 334