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BGH - Entscheidung vom 09.06.2005

VII ZR 132/04

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 09.06.2005 - Aktenzeichen VII ZR 132/04

DRsp Nr. 2005/10166

Aufhebung des Berufungsurteils wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs

Verlangt der Auftraggeber nach Kündigung eines Bauvertrages eine Überzahlung als selbständige Rechnungsposition zurück, so ist das rechtliche Gehör verletzt, wenn das Berufungsgericht entgegen dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers davon ausgeht, dass eine Gesamtabrechnung nicht vorgenommen worden ist und dass die Überzahlung als isolierte Rechnungsposition nicht geltend gemacht werden könne.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG .

1. Zu Unrecht geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Klägerin ein neues Angriffsmittel geltend macht, indem sie eine Überzahlung von 159.939,21 DM behauptet. Bereits in erster Instanz ist die Klage auf eine entsprechende Überzahlung gestützt worden.

Zu Unrecht weist das Berufungsgericht die Klage ab, weil die Überzahlung als isolierte Rechnungsposition geltend gemacht werde. Richtig ist zwar, daß die Klägerin ihren Anspruch auf eine Gesamtabrechnung nach der erfolgten Kündigung stützen muß (BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - VII ZR 196/00, BauR 2002, 938 = ZfBR 2002, 473 = NZBau 2002, 329 ; Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365 , 374 f.) Das Berufungsgericht hat jedoch den Vortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen und berücksichtigt, wonach die Klägerin eine Gesamtabrechnung der von dem Beklagten erbrachten Leistungen vorgenommen hat.

Die Klägerin hat bereits in erster Instanz vorgetragen, sie habe zehn Abschlagsrechnungen des Beklagten erhalten. Die 10. Abschlagsrechnung gebe den Bearbeitungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung wieder. Sie habe diese Rechnung gekürzt, so daß sich wegen dieser Kürzung eine Überzahlung von 4.144,11 DM ergebe. Außerdem ergebe sich eine Überzahlung aller Positionen, in denen eine Vergütung für die Anschaffung der Steine erfolgt sei. Sie habe auf diese Positionen 301.772,10 DM bezahlt. Im Wert von 159.939,21 DM habe der Beklagte Steine nach der Kündigung nicht an sie herausgegeben.

Damit hat die Klägerin nach der Kündigung eine selbständige Abrechnung auf der Grundlage des Vertrages vorgenommen. Sie hat als Leistungsstand denjenigen ermittelt, der in der 10. Abschlagsrechnung ausgewiesen war. Sie hat die Bewertung dieser Leistung positionsbezogen nach Maßgabe des Vertrages und auf der Grundlage der dort für die einzelnen Positionen ausgewiesenen Preise vorgenommen. Die von ihr beanspruchte Überzahlung ergibt sich daraus, daß sie für die Anschaffung der Steine bereits Zahlungen geleistet hat, ohne daß ihr diese Leistung in Form der bearbeiteten Steine zugeflossen ist.

2. Die Klägerin macht einen erststelligen Teilbetrag von 25.067,15 DM von behaupteten Mehrkosten der Fertigstellung in Höhe von insgesamt 619.994,03 DM nach Maßgabe ihrer bereits erstinstanzlich vorgelegten Aufstellung K 40 geltend. Dieser Antrag ist entgegen der Auffassung des Beklagten zulässig. Der Antrag ist dahin auszulegen, daß die Klägerin den Anspruch in der Reihenfolge der Aufstellung K 40 verfolgt.

Das Berufungsgericht stützt die Zurückweisung der Berufung darauf, daß eine Gesamtabrechnung nicht vorgenommen ist. Diese ist unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 GG , nicht zur Kenntnis genommen worden.

Soweit das Berufungsgericht Vortrag ohne Begründung nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweist, ist das schon deshalb fehlerhaft, weil § 531 Abs. 2 ZPO Gründe für die Zulassung neuen Vorbringens benennt.

Soweit das Berufungsgericht erneut zu entscheiden hat, ob die Klägerin mit neuen Angriffsmitteln ausgeschlossen ist, wird es zu prüfen haben, ob der neue Vortrag, soweit er nicht ohnehin als zulässige Erläuterung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags zu verstehen ist, infolge unterlassener Hinweise in der ersten Instanz nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist. Das hat die Klägerin geltend gemacht. Es finden sich keine protokollierten Hinweise des Landgerichts darauf, daß die Aufstellung K 40 die Mehrkosten nicht ausreichend belege.

Vorinstanz: KG, vom 22.04.2004