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BAG - Entscheidung vom 15.03.2005

9 AZR 97/04

Normen:
BGB § 133 § 157
Gehaltsabkommen (vom 23. Mai 2002) über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens

Fundstellen:
DB 2005, 2144

BAG, Urteil vom 15.03.2005 - Aktenzeichen 9 AZR 97/04

DRsp Nr. 2006/18924

Auslegung einer Altersteilzeitentgeltvereinbarung; außertariflicher Angestellter; Tariferhöhung; tarifliche Einmalzahlung

Normenkette:

BGB § 133 § 157 ; Gehaltsabkommen (vom 23. Mai 2002) über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens;

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers in der Freistellungsphase im Altersteilzeitarbeitsverhältnis.

Der Kläger trat am 1. August 1985 als Systemingenieur/Projektleiter in die Dienste der Beklagten. Er bezog ein Gehalt entsprechend den betrieblichen Regelungen für die Vergütung von außertariflichen Angestellten. Am 27. September 1999 schlossen die Parteien einen von der Beklagten vorformulierten formularmäßigen "Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilzeit" (Altersteilzeitvertrag) "auf der Grundlage der jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen zur Altersteilzeit für Arbeiter und Angestellte und der Konzernbetriebsvereinbarung Altersteilzeit vom 03.11.1998 (KBV)". Dieser Altersteilzeitvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

"1. Beginn der Altersteilzeit

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird unter Abänderung und Ergänzung des Anstellungsvertrages vom 25.03.1985 mit Wirkung vom 1. April 2000 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

...

3. Arbeitszeit und zusätzliche Arbeit

3.1 Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Herrn B... beträgt die Hälfte seiner bisher vereinbarten individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, das sind nunmehr 17,5 Stunden.

3.2 Die Arbeitszeit wird so verteilt, daß sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 1. April 2000 bis 30. September 2002 voll geleistet wird (Arbeitsphase) und Herr B... anschließend bis 31. März 2005 von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).

...

4. Vergütung

Herr B... erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ein Altersteilzeitentgelt, das sich entsprechend den tariflichen Bestimmungen und der KBV bemißt und sich nach seiner reduzierten Arbeitszeit errechnet.

Das Altersteilzeitentgelt wird unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit für die Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses fortlaufend gezahlt. Seine Zusammensetzung ergibt sich aus der beigefügten Lohn-/Gehaltsfestsetzung, die Bestandteil dieser Vereinbarung ist.

Das Altersteilzeitentgelt (Tarifbestandteile) nimmt während der Arbeitsphase und der Freistellungsphase voll an der allgemeinen tariflichen Entwicklung teil."

Die im Altersteilzeitvertrag in Bezug genommene KBV lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Geltungsbereich

Die Regelung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ABB im Metallbereich, die

...

-- die Voraussetzungen des Altersteilzeitgesetzes (ATG) zur Erstattung der Aufstockung voll erfüllen.

...

7. Entgeltleistungen während der Altersteilzeit

7.1 Grundsatz

Es ist Ziel dieser Regelung, möglichst überschaubare, für den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin nachvollziehbare gleichbleibende Ansprüche der regelmäßigen Bezüge in der Arbeitsphase und Freistellungsphase zu haben. Dabei werden

- die Regeln der tariflichen Alterssicherung von NW/NB angewendet, d.h. aus dem Durchschnitt der letzten 12 Monate vor Beginn der Altersteilzeit wird/werden

-- der Altersteilzeitbetrag 1

für Grundvergütung und leistungsabhängige Entgeltbestandteile,

-- der Altersteilzeitbetrag 2

für tariflich abgesicherte zeitabhängige Entgeltbestandteile

angewendet,

...

- die Tariferhöhungen in der Freistellungsphase zu 100 % wie in der Arbeitsphase weitergegeben."

Ab dem 1. Mai 2001 betrug das monatliche Altersteilzeitentgelt des Klägers 2.813,74 Euro brutto.

Unter dem 23. Mai 2002 schlossen der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e.V. und die IG Metall ein Gehaltsabkommen (GA 2002), das ua. folgende Regelungen enthält:

"§ 2 Tarifgehälter

...

3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 erhöht sich das Tarifvolumen um insgesamt 4 %. Diese Erhöhung wird wie folgt auf zwei Komponenten verteilt:

a) Die Tarifgehälter nach dem Stand vom 31. Mai 2002 werden mit Wirkung vom 1. Juni 2002 um 3,1 % erhöht. Hiernach ergeben sich die folgenden Gehaltstabellen, die Bestandteil dieses Abkommens sind.

b) Das restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 % fließt nach Maßgabe der Bestimmungen des § 5 in eine ERA-Strukturkomponente.

...

§ 5 ERA-Strukturkomponenten

1. Die Angestellten erhalten

a) für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 mit der Abrechnung vom Juli 2002 die erste ERA-Strukturkomponente als Einmalzahlung.

Diese berechnet sich wie folgt:

8,24 x 0,9 % : 1,031 (auch anwendbar ist der Faktor 0,0719) multipliziert mit dem Tarifeinkommen;

...

Tarifeinkommen im Sinne a) ... ist das individuelle regelmäßige Arbeitsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der Erhöhung gemäß § 2 Nr. 3 a) war.

...

3. Für die ERA-Strukturkomponenten gelten die Bestimmungen des § 4 Nr. 1 bis Nr. 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die ERA-Strukturkomponenten nicht in Durchschnittsberechnungen aller Art eingehen und bei vorzeitigem Ausscheiden des Angestellten eine anteilige Rückzahlung erfolgt.

§ 6 Schlussbestimmungen

1. Die Splittung des Erhöhungsvolumens von 4 % bzw. 3,1 % in jeweils zwei Komponenten (lineare Komponente und ERA-Strukturkomponente) soll die zukünftige Einführung des Entgeltrahmenabkommens erleichtern.

..."

Die Beklagte gab lediglich die Tariflohnerhöhung im Umfang von 3,1 % an den Kläger weiter. Dessen Altersteilzeitentgelt erhöhte sich damit ab dem 1. Juni 2002 auf 2.900,97 Euro brutto. Mit Schreiben vom 23. August 2002 verlangte der Kläger von der Beklagten auch die Zahlung der ERA-Strukturkomponente. Diesem Begehren kam die Beklagte nicht nach.

Mit seiner am 8. Oktober 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der Beklagten am 18. Oktober 2002 zugestellt, verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Er ist der Auffassung, ihm stehe auf Grund seines Altersteilzeitvertrages iVm. Nr. 7.1 der KBV ein Anspruch auf Zahlung der ERA-Strukturkomponente iHv. 208,87 Euro brutto zu. Die tariflich vorgesehene Gehaltserhöhung von insgesamt 4 % habe die Beklagte lediglich iHv. 3,1 % an ihn weitergegeben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 208,67 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 18. Oktober 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie ist der Ansicht, als außertariflicher Angestellter könne der Kläger die ERA-Strukturkomponente nicht beanspruchen, weil diese nicht zu den in Nr. 4 des Altersteilzeitvertrages genannten Tarifbestandteilen gehöre. Die von den Parteien gewählte Formulierung passe auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht, da der Kläger in der Gehaltsgruppe ATT 1 der betrieblichen Regelungen über die Vergütung von außertariflichen Angestellten eingruppiert sei und sein Altersteilzeitentgelt infolgedessen keine Tarifbestandteile enthalte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage iHv. 6,28 Euro abgewiesen und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages von 202,39 Euro brutto nebst Zinsen, weil die Beklagte verpflichtet ist, bei der Bemessung des Altersteilzeitentgeltes die sogenannte ERA-Strukturkomponente zu berücksichtigen.

I. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus Nr. 4 Abs. 1 und 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Altersteilzeitvertrages.

1. Das Landesarbeitsgericht hat die arbeitsvertragliche Vergütungsregelung der Nr. 4 Abs. 1 des Altersteilzeitvertrages dahingehend ausgelegt, dass künftige Erhöhungen der Tarifgehälter maßstabsgerecht die Entwicklung des klägerischen Altersteilzeitentgeltes bestimmen. Dies gelte für jede Anhebung des Tarifes unabhängig davon, ob diese als eine lineare tarifliche Gehaltserhöhung oder als eine Einmalzahlung ausgestaltet sei.

Der Senat stimmt dem sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu.

2. Der zwischen den Parteien geschlossene Altersteilzeitvertrag ist der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Die Auslegung eines Einzelvertrages ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob sie Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Auslegungsregeln oder Erfahrungssätze enthält (st. Rspr. vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - EzA BGB 2002 § 623 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Abweichend davon sind allerdings typische Klauseln eines Formulararbeitsvertrages wie Rechtsnormen zu behandeln (BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296). Ihre Auslegung kann daher vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr. vgl. BAG 16. Mai 2000 - 9 AZR 245/99 - BAGE 94, 325).

Der Altersteilzeitvertrag der Parteien ist ein Formularvertrag. Denn die Parteien haben ein Vertragsmuster verwendet, das die Beklagte für eine Vielzahl von Altersteilzeitverträgen entworfen und zum Zwecke des Vertragsabschlusses lediglich mit den für den Kläger einschlägigen Daten ergänzt hat. Der Altersteilzeitvertrag unterliegt somit der revisionsrechtlichen Kontrolle. Für dessen Auslegung ist vom Vertragstext auszugehen, so wie ihn die Beklagte vorformuliert hat. Ihr Einwand, das verwendete Vertragsmuster "passe" nicht auf Vereinbarungen mit AT-Angestellten, ist unbeachtlich. Die Beklagte hat sich nämlich weder darauf berufen, der Formularvertrag sei von ihr irrtümlich unterzeichnet worden noch hat sie vorgetragen, die Parteien hätten vom Wortlaut des Altersteilzeitvertrages abweichende Vereinbarungen getroffen.

a) Ob der auf die ERA-Strukturkomponente entfallende Betrag der Tariferhöhung einen Teil der von der Beklagten geschuldeten Altersteilzeitvergütung darstellt, ist mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung durch Auslegung der Vertragsbestimmungen gem. §§ 133 , 157 BGB zu klären. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln (BAG 6. Februar 1974 - 3 AZR 232/73 - AP BGB § 133 Nr. 38 = EzA BGB § 133 Nr. 8). Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhanges. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BAG 27. August 1970 - 2 AZR 519/69 - BAGE 22, 424). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt (BAG 25. Oktober 2000 - 4 AZR 506/99 - BAGE 96, 177 ). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis ist auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck (BAG 22. November 1994 - 3 AZR 335/94 - AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 69) sowie die Interessenlage der Beteiligten (BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - EzA BGB 2002 § 779 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

b) Gemäß Nr. 4 Abs. 1 des Altersteilzeitvertrages soll der Kläger für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ein Altersteilzeitentgelt erhalten, das sich entsprechend den tariflichen Bestimmungen und der KBV bemisst und sich nach seiner reduzierten Arbeitszeit berechnet. Die KBV sieht in Nr. 7.1 vor, dass Tariferhöhungen in der Freistellungsphase zu 100 % wie in der Arbeitsphase weitergegeben werden. Diese Tarifbestimmungen werden durch Nr. 4 Abs. 3 des Altersteilzeitvertrages ergänzt. Danach soll das Altersteilzeitentgelt (Tarifbestandteile) während der Arbeitsphase und der Freistellungsphase voll an der allgemeinen tariflichen Entwicklung teilnehmen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht diese Regelungen dahingehend ausgelegt, dass die Parteien die klägerische Vergütung an die Tarifbewegung geknüpft haben. Stellt man allein auf den Wortlaut der Regelungen ab, kommen nur zwei Auslegungsmöglichkeiten in Betracht. So könnten mit der im Altersteilzeitvertrag erfolgten Bezugnahme auf "tarifliche Bestimmungen" und "Tarifbestandteile" sowie auf die KBV mit ihrer Verpflichtung zur Weitergabe von Tariferhöhungen nur die Bestandteile der Vergütung gemeint sein, auf die der Kläger auf Grund eines einschlägigen Tarifvertrages einen unmittelbaren Anspruch hat. Andererseits kann diese Bezugnahme aber auch dahingehend verstanden werden, dass mit Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die bislang außertariflich vereinbarten Bezüge des Klägers an den künftigen tariflich vereinbarten Gehaltserhöhungen teilhaben sollen. Der Senat stimmt dem Landesarbeitsgericht zu, dass nur das zweite Auslegungsergebnis sachgerecht ist.

Beiden Parteien war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages bekannt, dass der Kläger als außertariflicher Angestellter nicht unter die Bestimmungen der Entgelttarife der Metall- und Elektroindustrie fiel. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien inhaltslose Regelungen in den Altersteilzeitvertrag aufnehmen wollten. Das müsste angenommen werden, wenn der Altersteilzeitvertrag dahingehend auszulegen wäre, der Kläger solle deshalb nicht an Tariflohnerhöhungen teilnehmen, weil er als außertariflicher Angestellter keine tariflichen Vergütungsansprüche hat. Dann wäre die im Altersteilzeitvertrag enthaltene Verweisung auf "tarifliche Bestimmungen" und auf die KBV mit ihrer Verpflichtung zur "Weitergabe von Tariferhöhungen in der Freistellungsphase zu 100 %" mangels Unanwendbarkeit sinnlos.

Der Einwand der Revision, es handele sich um ein Vertragsmuster, das auf außertarifliche Angestellte nicht passe, spricht dafür, dass die Parteien den Kläger gerade nicht wie einen außertariflichen Angestellten, sondern in Bezug auf die Tarifentwicklung wie einen Tarifangestellten behandeln wollten. Anderenfalls hätten die Parteien ein anderes Vertragsmuster oder aber zumindest eine abweichende Vertragsformulierung gewählt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass in Nr. 1 des Altersteilzeitvertrages ausdrücklich klargestellt wird, dass ein Altersteilzeitvertrag den ursprünglichen Anstellungsvertrag des Klägers aus dem Jahr 1985 mit Wirkung vom 1. April 2000 abändert und ergänzt. Damit haben die Parteien klargestellt, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis zu Änderungen und Ergänzungen der bisher geltenden Vertragsbestimmungen führen kann. Anhaltspunkte dafür, dass die bisher geltende Regelung über die außertarifliche Entlohnung des Klägers von solchen Änderungen nicht betroffen werden sollte, sind aus dem Gesamtzusammenhang des Altersteilzeitvertrages nicht ersichtlich.

Sinn und Zweck der in Rede stehenden Regelungen kann unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien und der tatsächlichen Handhabung durch die Beklagte nur darin gesehen werden, die Entwicklung des klägerischen Altersteilzeitentgeltes an die Entwicklung zu koppeln, welche das Tarifentgelt für die Tarifangestellten nimmt. Für die Beklagte ersichtlich hatte der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages im Jahre 1999 ein berechtigtes Interesse daran, dass das von ihm zu beanspruchende Altersteilzeitentgelt dynamisch gestaltet wird. Nur so konnte sich der Kläger angesichts der bis zum Jahre 2005 währenden Vertragsdauer der Obliegenheit entheben, seine Vergütung im Wege einer mit der Beklagten auszuhandelnden Vertragsänderung jeweils individuell an die Preisentwicklung anzupassen. Dies wäre, worauf das Landesarbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, für ihn spätestens in der Freistellungsphase schwer möglich gewesen. Diese Auslegung berücksichtigt auch das in der Präambel zur KBV dokumentierte Interesse der Beklagtenseite, durch die Förderung von Altersteilzeit die betriebliche Personalstruktur zu verbessern. Die Kopplung des Altersteilzeitentgelts an die Entwicklung der Tarifgehälter erhöht die Attraktivität der Altersteilzeit unter den außertariflichen Angestellten und motiviert diesen Personenkreis, vermehrt von dem arbeitgeberseitigen Angebot, frühzeitig aus dem Betrieb auszuscheiden, Gebrauch zu machen.

Auch die Vertragspraxis bestätigt diese Auslegung. Die Beklagte gab die lineare Tariflohnerhöhung von 3,1 % in voller Höhe an den Kläger weiter. Dies deutet darauf hin, dass sie die Vertragsklausel über die Entwicklung des Altersteilzeitentgeltes ebenfalls als Tarifgrundlohn verstanden hat. Ihr Einwand, die Weitergabe der linearen Tariflohnerhöhung sei freiwillig und mit dem alleinigen Ziel erfolgt, die außertariflichen Angestellten zu motivieren, kann dieses Auslegungsergebnis nicht verhindern. Zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte diese Tariflohnerhöhung an den Kläger weitergab (ab 1. Juni 2002) stand dieser kurz vor dem Eintritt in die Freistellungsphase (ab 1. Oktober 2002). Ohne einen entsprechenden Hinweis der Beklagten musste der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihm die lineare Tariferhöhung nicht auf Grund der im Altersteilzeitvertrag getroffenen Vergütungsregelung, sondern lediglich freiwillig zur Erhöhung seiner Arbeitsmotivation gewähren wollte.

c) Damit hat der Kläger sowohl Anspruch auf die 3,1 % lineare Tariferhöhung als auch auf Zahlung der sogenannten ERA-Strukturkomponente.

Die Aufspaltung der vereinbarten Gesamttariferhöhung von 4 % in zwei Komponenten ändert hieran nichts. Die ERA-Strukturkomponente, die nach § 6 Nr. 1 Satz 1 GA 2002 die zukünftige Einführung des Entgeltrahmenabkommens erleichtern soll, ist integraler Bestandteil der Tariflohnerhöhung. Die ERA-Strukturkomponente soll nach dem Willen der Tarifpartner an die Arbeitnehmer im Wege einer Einmalzahlung zur Auszahlung kommen. Der finanzielle Vorteil für die Arbeitgeberseite besteht darin, dass der auf die ERA-Strukturkomponente entfallende Teil der Tariferhöhung nicht in die Tariftabelle übernommen und damit nicht verstetigt wird. Das nächste Gehaltsabkommen soll dann auf der Grundlage der in den Tabellen ausgewiesenen Eckwerte verhandelt werden, was im Falle einer prozentualen Tarifanhebung zu einer Ersparnis für die Arbeitgeberseite führt. Die Aufspaltung der Tariflohnerhöhung in eine lineare und eine Strukturkomponente hat damit tarifpolitische Bedeutung, ohne dass aus ihr abgelesen werden könnte, bestimmte Arbeitnehmergruppen sollten von der Einmalzahlung ausgenommen werden.

Dass der Kläger zur Zeit der Einführung des von den Tarifpartnern geplanten Entgeltrahmenabkommens nicht mehr in den Diensten der Beklagten stehen wird, ist für den geltend gemachten Anspruch ohne Bedeutung. Das GA 2002 sieht nämlich keinen Ausschluss vom Anspruch auf die ERA-Strukturkomponente für vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer vor.

d) Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB .

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LAG Düsseldorf, vom 17.12.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 17 Sa 1042/03
Vorinstanz: ArbG Düsseldorf, vom 02.05.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 13 Ca 8445/02
Fundstellen
DB 2005, 2144