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Auskunftsverpflichtung über die Einkommensverhältnisse des Ehegatten

Familienunterhalt und Auskunftspflicht: Der Familienrechtsexperte Roland Garbe bespricht die Entscheidung des OLG Thüringen zum Umfang der Auskunftspflicht des Unterhaltsverpflichteten über die Einkommensverhältnisses seines Ehegatten. Mit Praxistipp!

Der von seinem volljährigen Kind im Wege der Stufenklage auf Unterhalt in Anspruch genommene Elternteil hat auf Verlangen — jedoch nur im groben Zügen — auch über die Einkommensverhältnisse seines Ehegatten Auskunft zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um dessen Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Ein Beleganspruch besteht nicht.

OLG Thüringen - Urteil vom 03.07.2008 (1 UF 397/07)

Darum geht es:

Der privilegiert volljährige Kläger nimmt seinen Vater im Wege einer Stufenklage auf Abänderung eines Unterhaltstitels in Anspruch. Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Jahre 2001 war der Beklagte von 2004—2006 keiner Arbeit nachgegangen, sondern hatte am Haus seiner Ehefrau gearbeitet und von deren Einkünften gelebt. Im Rahmen einer Tätigkeit als Hausmeister hat der Beklagte nun seit 2006 Einnahmen, die allerdings unterhalb des notwendigen Selbstbehalts liegen.

Das Amtsgericht wies den Auskunftsanspruch mit Teilurteil ab und ließ die Berufung zu. Das OLG Thüringen gab der Berufung im Umfang des Urteilstenors statt.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf grobe Information über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau (§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 07.05.2003 — XII ZR 229/00, FamRZ 2003, 1836 — zum Elternunterhalt) hat der Unterhaltspflichtige nicht nur über seine eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu erteilen, sondern auf Verlangen auch zusätzliche Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau zu machen, soweit diese erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Denn durch diesen würde auch die eigene finanzielle Lage des Unterhaltspflichtigen beeinflusst (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2003 — XII ZR 115/01, FamRZ 2004, 24). So sei entscheidend darauf abzustellen, ob der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360a BGB einen Familienunterhaltsanspruch hat, der — im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten — seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise decke. Vorliegend habe der Beklagte nach seinen bisherigen Auskünften eigene Einnahmen, die weit unter dem notwendigen Selbstbehalt lägen, so dass ein etwaiger Familienunterhaltsanspruch überhaupt erst seine Leistungsfähigkeit begründen würde.

Dabei sei allerdings zu beachten, dass auch der dem Beklagten unter Wahrung des Selbstbehalts seiner Ehefrau geschuldete Familienunterhalt nur bis zur Höhe des Taschengeldes (5—7 % des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens, vgl. BGH, Urt. v. 21.01.1998 — XII ZR 140/96, FamRZ 1998, 608) für die Unterhaltsansprüche des Klägers herangezogen werden könne (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2006 — XII ZR 197/02, FamRZ 2006, 1827). Nur dieser Teil des Familienunterhalts sei auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet (BGH, FamRZ 1998, 608) und führe nur in diesem Umfang zu (weiteren) eigenen Einkünften des Beklagten, welche neben dem Einkommen aus eigener Tätigkeit für den Unterhalt des Klägers eingesetzt werden können, sofern sein notwendiger Selbstbehalt durch den übrigen Anspruch auf Familienunterhalt gesichert sei (BGH, Urt. v. 11.02.1987 — IVb ZR 81/85, FamRZ 1987, 472).

Zur Feststellung des dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Familienunterhalt sei der Kläger auf die Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen der neuen Familie des Beklagten angewiesen. Dies gelte vorliegend umso mehr, als der privilegiert volljährige Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe seines Unterhaltsanspruchs sowie der Haftungsanteile seiner Eltern trage und ohne Kenntnis der betreffenden Einkommensverhältnisse dieser nicht gerecht werden könne.

Der Kläger habe allerdings nur einen Anspruch auf eine grobe Information hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten, da weitere Auskünfte vom Beklagten (rechtlich) nicht zu beschaffen sind. Für den Familienunterhalt sieht das Gesetz keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor. Dem Berechtigten wird lediglich ein sich aus § 1353 BGB ergebender Anspruch auf „grobe Information“ zugebilligt (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2000 — XII ZR 26/98, FamRZ 2001, 23), was sich auch im Umfang der Auskunftsverpflichtung nach § 1605 BGB niederschlagen müsse. Der Auskunftsanspruch des Klägers gegen den Beklagten über die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau könne nicht weiter gehen, als dessen eigener Auskunftsanspruch, was insbesondere den Beleganspruch nach § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB betrifft, der von der Verpflichtung zur groben Information nicht erfasst werde.

Vergleichbar sei auch die Regelung beim vorzeitigen Zugewinnausgleich in § 1386 Abs. 3 BGB. Danach ergebe sich während des Bestehens der Ehe keine Auskunftsverpflichtung, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Unterrichtung über den Bestand des eigenen Vermögens in groben Zügen, also im Sinne eines Überblicks mit groben Rastern. Daran anknüpfend schulde die Ehefrau des Beklagten diesem lediglich eine Auskunft über die Eckpunkte ihrer Einkommensverhältnisse, ohne detailliert die einzelnen Einnahmen und Ausgaben darstellen zu müssen. Der Senat erachtet es insoweit als ausreichend, hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Vermietung und Verpachtung auf den steuerlichen Gewinn/Verlust sowie hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit auf das Jahresnettoeinkommen abzustellen.

Die Kenntnis dieser Eckdaten versetze vorliegend den Kläger in die Lage, in groben Zügen die wirtschaftliche Situation der Familie des Beklagten zu beurteilen. Auch stelle sich der Umfang der Auskunft für den auskunftspflichtigen Ehegatten selbst als praktikabel dar, da dieser ohne großen Aufwand die gewünschten Informationen erteilen könne. Bei unterschiedlichen Einkommensarten sei die geschuldete Auskunft bei nichtselbständiger Tätigkeit für ein Jahr und bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit sowie bei sonstigen Einkünften (z.B. aus Vermietung) für drei Jahre zu erteilen, da nur so ein ungefähres Bild von der Höhe der Einkünfte zu erlangen sei.

Praxishinweis:

Die Entscheidung des Thüringischen OLG ist für alle Unterhaltsrechtsschuldverhältnisse von Bedeutung, in denen sich aus der Auskunft des Unterhaltsschuldners über seine eigenen Einkünfte ergibt, dass dessen notwendiger Selbstbehalt unterschritten wird, der Schuldner gleichzeitig jedoch verheiratet ist und sein Ehegatte über eigene Einkünfte verfügt. In der außergerichtlichen Korrespondenz zur Auskunftserteilung wird man als Gläubigervertreter auf diese Auskunftspflicht des Unterhaltsschuldners also erst abstellen, wenn die primär geschuldeten Auskünfte erteilt sind und diese die Unterschreitung des notwendigen Selbstbehalts erkennen lassen. In einem solchen Fall wäre der Unterhaltsschuldner aufzufordern, die Einkünfte seines Ehegatten in groben Zügen darzulegen, und zwar bezogen auf die letzten zwölf Monate bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und drei Jahren bei Einkünften aus selbsständiger Tätigkeit sowie bei Zinserträgen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Verfügt der Ehegatte über ein hohes Einkommen, wäre ein (Neben-)verdienst des Unterhaltsschuldners ohne Berücksichtigung des Selbstbehalts für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes einzusetzen (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 15.06.2000 — 20 WF 366/00, FamRZ 2000, 1432).

Ist  der Eigenbedarf des Schuldners bereits durch den Familienunterhalt gewahrt, ist das Taschengeld als eigenes Einkommen einzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2006 — XII ZR 197/02, FamRZ 2006, 1827). Dies gilt nicht nur für den Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.1986 — IVb ZR 18/85, FamRZ 1986, 668), sondern auch für den eines volljährigen Kindes aus einer früheren Ehe (BGH, Urt. v. 11.02.1987 — IVb ZR 81/85, FamRZ 1987, 472).

Für den Geschiedenenunterhalt gilt dies nicht, da der neue Ehegatte nicht mittelbar zum Unterhalt der geschiedenen Ehefrau herangezogen werden soll (BGH, FamRZ 1986, 668; a.A. KALTHOENER/BÜTTNER/NIEPMANN, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl. 2008, Rdnr. 815, 872).